Entscheidungsstichwort (Thema)

Sachliche Billigkeitsgründe bei Überführung sichergestellter Tabakwaren in das Eigentum des Bundes

 

Leitsatz (amtlich)

Durchreisefälle (wie von Kuba über Spanien nach Deutschland) werden vom Normzweck des § 19 TabakStG nicht erfasst. Daher erscheint eine Überführung sichergestellter Zigarren in das Eigentum des Bundes als eine dem Kläger gegenüber unbillige Härte (Anwendbarkeit des § 216 Abs. 5 AO).

 

Normenkette

AO § 216 Abs. 1, 5; TabakStG § 19

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Überführung sichergestellter Tabakwaren in das Eigentum des Bundes.

Der Kläger, der mit Zigarren handelt, die er aus Drittländern bezieht, führte im Mai 2005 Zigarren aus dem freien Verkehr Spaniens zu gewerblichen Zwecken in das deutsche Steuergebiet ein. Diese Zigarren hatte der Kläger in Kuba eingekauft, musste diese jedoch, als er während des Rückflugs in Palma de Mallorca auf das Anschlussflugzeug nach B wechselte, auf Verlangen der spanischen Zollbehörden versteuern und verzollen.

Diese Zigarren, die bei der Einfuhr in das deutsche Steuergebiet kein deutsches Steuerzeichen trugen, stellte das beklagte Hauptzollamt in der Folgezeit gemäß Sicherstellungsprotokoll vom 28.6.2005 beim Kläger sicher. Mit Bescheid vom 13.7.2005 nahm das beklagte Hauptzollamt den Kläger unter Hinweis auf § 19 Tabaksteuergesetz auf Zahlung von Tabaksteuer in Höhe von 90,86 EUR in Anspruch.

Mit Bescheid vom 26.8.2005 ordnete das beklagte Hauptzollamt die Überführung der sichergestellten Zigarren in das Eigentum des Bundes mit der Begründung an, dass an den Zigarren im Zeitpunkt des Verbringens in das deutsche Steuergebiet das vorgeschriebene Steuerzeichen gefehlt habe und dass das nachträgliche Anbringen von deutschen Steuerzeichen auf bereits versteuerte spanische Tabakwaren nicht zulässig sei.

In seinem gegen den Bescheid vom 26.8.2005 gerichteten Einspruch wandte der Kläger ein, dass die Überführung der sichergestellten Zigarren in das Eigentum des Bundes für ihn eine unbillige Härte bedeute. Es sei von Anfang an seine Absicht gewesen, die in Kuba bezogenen Tabakwaren nach Deutschland zu importieren. Lediglich aus Kostengründen habe er keinen Direktflug von Kuba nach Deutschland genommen, sondern den Umweg über einen spanischen Flughafen gewählt. Dem Verlangen des spanischen Zolls, für die mitgeführten Zigarren spanische Einfuhrabgaben und Tabaksteuer zu entrichten, habe er sich trotz seines Hinweises auf die Einfuhr dieser Waren nach Deutschland zu gewerblichen Zwecken nicht entziehen können. Es sei mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht zu vereinbaren, dass ein Importeur von Tabakwaren seiner Waren verlustig gehe, nur weil er diese nicht direkt aus dem Drittland importiert, sondern über einen Mitgliedstaat der Gemeinschaft in das deutsche Steuergebiet verbracht und die auf diesen Waren lastenden Abgaben in zwei Ländern und damit doppelt - scil. sowohl in Spanien als auch in Deutschland - entrichtet habe.

Das beklagte Hauptzollamt wies den Einspruch des Klägers mit Einspruchsentscheidung vom 7.2.2006 zurück und führte zur Begründung an, dass die Regelung des § 216 Abs. 5 AO, wonach eine sichergestellte oder bereits in das Eigentum des Bundes überführte Sache zurückgegeben werde, wenn die Umstände, die die Sicherstellung veranlasst hätten, dem Eigentümer nicht zuzurechnen seien oder wenn die Überführung in das Eigentum des Bundes als eine unbillige Härte für den Betroffenen erscheine, im Tabaksteuerrecht nicht anwendbar sei. Nach § 19 Satz 5 Tabaksteuergesetz seien Tabakwaren, die unzulässigerweise aus dem freien Verkehr anderer Mitgliedstaaten zu gewerblichen Zwecken in das Steuergebiet verbracht worden seien, zwingend sicherzustellen. Im Unterschied zu anderen Verbrauchsteuergesetzen enthalte das Tabaksteuerrecht hinsichtlich der Sicherstellung keinen Ermessensspielraum. Auch erkläre das Tabaksteuerrecht die Vorschrift des § 216 AO nicht für entsprechend anwendbar. Angesichts dieser Besonderheiten würde eine Rückgabe der sichergestellten Waren an den Eigentümer zur Vermeidung unverhältnismäßiger oder unbilliger Härten die zwingende Regelung des § 19 Satz 5 Tabaksteuergesetz unterlaufen. - Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt der Einspruchsentscheidung Bezug genommen.

Der Kläger hat am 8.3.2006 Klage erhoben. Er tritt der Auffassung des beklagten Hauptzollamtes, dass die Billigkeitsregelung des § 216 Abs. 5 AO im Tabaksteuerrecht nicht anwendbar sei, entgegen und verweist darauf, dass der Gesamtverkaufswert der sichergestellten Zigarren 5.654,25 EUR betrage, während sich die Tabaksteuer für diese Tabakwaren auf lediglich 90,68 EUR belaufe. Damit sei das Missverhältnis zwischen dem Schutz des Tabaksteueraufkommens und dem wirtschaftlichen Schaden beim Besitzer der Zigarren offenkundig, zumal das Tabaksteueraufkommen im Streitfall zu keinem Zeitpunkt gefährdet gewesen sei.

Der Kläger beantragt, den Bescheid vom 26.8.2005 und die Einspruchsentscheidung vom 7.2.2006 aufzuheben.

Da...

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