Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer/Körperschaftsteuer: Anrechnung ausländischer Körperschaftsteuer
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Anrechnung ausländischer Körperschaftsteuer auf der Grundlage der Rechtsprechung des EuGH (Meilicke) ist auf der Ebene eines Wertpapier-Sondervermögens nach den § 38 Abs. 2, § 38a, § 39a KAGG im Wege einer Vergütung an die Depotbank vorzunehmen und nicht unmittelbar beim Anteilscheininhaber gemäß § 36 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 EStG aF iVm § 49 Abs. 1 KStG aF.
2. Für den Nachweis der tatsächlichen Körperschaftsteuerbelastung ausländischer Dividenden ist zwar nicht erforderlich, dass die ausländischen Körperschaftsteuerbescheide oder sonstige amtlichen Dokumente zum Beleg des Entstehens der ausländischen Körperschaftsteuer vorgelegt werden, nachprüfbare Angaben zum Entstehungsgrund der Steuer - etwa Bescheid- oder Anmeldedaten - müssen indes geliefert werden.
3. Bescheinigungen der ausländischen ausschüttenden Gesellschaften, die die tatsächliche Belastung der Dividende mit Körperschaftsteuer belegen sollen, müssen das normative Umfeld im Sitzland berücksichtigen und erkennen lassen, ob und inwieweit für ausgeschüttete Gewinne ein abweichender Steuersatz oder eine Steuerfreiheit besteht.
Normenkette
AO § 218 Abs. 2; EStG § 36 Abs. 2 S. 2 Nr. 3, § 36b Abs. 3, § 4; KStG §§ 45, 49 Abs. 1; KAGG § 38 Abs. 2, §§ 38a, 39a
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Anrechnung von ausländischer Körperschaftsteuer, die auf Dividenden von Gesellschaften mit Sitz im Ausland entfällt.
Die Klägerin ist eine Versicherungsgesellschaft in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft. Sie wurde im Jahr 2006 im Wege der Verschmelzung Rechtsnachfolgerin der A Aktiengesellschaft mit Sitz in Hamburg (im Folgenden: A AG).
Die A AG besaß in den Streitjahren 1999 bis 2001 alle Anteilscheine des Sondervermögens XX, ein Spezialfonds im Sinne von § 1 Abs. 2 des damals in Kraft gewesenen Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften (KAGG) der B ... mit beschränkter Haftung.
Die Klägerin beantragte am 8. August 2007 beim Finanzamt C unter Berufung auf das Urteil des EuGH vom 6. März 2007 in der Rechtssache Meilicke I (C-292/04, DStR 2007, 485) unter anderem für die Streitjahre die Anrechnung der ausländischen Körperschaftsteuer, die auf Dividenden aus EU- und EWR-Staaten entfällt. Dieser Antrag wurde auch für die Steuererstattungsansprüche gestellt, für die die Klägerin Rechtsnachfolgerin ist.
Im März 2015 konkretisierte die Klägerin diesen Antrag gegenüber dem Finanzamt C dahingehend, dass für
- 1999: ... €,
- 2000: ... €,
- 2001: ... €
an ausländischer Körperschaftsteuer angerechnet werden solle. Sie bezog sich dabei auf Dividenden, die der XX in den Streitjahren aus Anteilen an folgenden ausländischen Kapitalgesellschaften erhielt, von denen in den Sitzländern jeweils Quellensteuern einbehalten wurden:
...
Die Klägerin legte dabei Bescheinigungen der depotführenden Banken über die Dividenden sowie Steuerbescheinigungen der ausschüttenden ausländischen Gesellschaften vor, in denen die anteilige Steuerbelastung der Ausschüttung nach folgender Formel berechnet wurde:
Höhe der Steuerbelastung = anteilige Ausschüttung x effektive Steuerquote ÷ 100
Die Steuerbescheinigungen wiesen jeweils das Jahr aus, auf das sich die Ausschüttung bezieht, die Anteile des Dividendenempfängers, die Anzahl der Gesamtanteile, die Beteiligungshöhe des Dividendenempfängers in Prozent, die Gesamtausschüttung an alle Anteilseigner, den Jahresüberschuss laut Bilanz, die der deutschen Körperschaftsteuer entsprechende Steuer, die anteilige Ausschüttung, die effektive Steuerquote (in Prozent der Körperschaftsteuerbelastung des Jahresüberschusses) und die Höhe der Steuerbelastung der Ausschüttung. Bezüglich des näheren Inhalts der Bescheinigungen wird auf Bl. 7 ff. der Rechtsbehelfsakte "Untätigkeitseinspruch KStG 1999 und 2000" und auf Bl. 9 ff. der Rechtsbehelfsakte "Abrechnungsbescheid KSt 2001" Bezug genommen.
Nach Durchführung einer Außenprüfung bei der Rechtsvorgängerin der Klägerin - unter anderem für die Körperschaftsteuer 1999 bis 2001 - von 2003 bis 2009 erließ der Beklagte am 5. Mai 2009 geänderte Körperschaftsteuerbescheide 1999 bis 2001 gegenüber der Klägerin als Rechtsnachfolgerin der A AG. Dabei wurden im Rahmen der Gewinnermittlung 2001 dem Prüfungsbericht vom 27. Februar 2009 entsprechend (Prüfvermerk Nr. 6) die von der A AG vom XX bezogenen ausländischen Einkünfte gemäß § 8b Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) als steuerfrei behandelt.
Die Klägerin legte am 19. Mai 2009 Einspruch gegen die geänderten Körperschaftsteuerbescheide 1999 bis 2001 ein. Mit Bescheiden vom 28. Juni 2011 und vom 30. Oktober 2018 wurden die Körperschaftsteuerbescheide 2000 und 2001 aus hier nicht streiterheblichen Gründen erneut geändert. Mit ihrem Einspruch machte die Klägerin ausweislich ihrer Begründung vom 14. August 2019 zuletzt nur noch geltend, dass in den Jahren 1999 bis 2001 noch keine Anrechnung gemäß § 36 des Einkommensteuergesetzes (EStG aF) der gelten...