Entscheidungsstichwort (Thema)

Zeitliche Aussetzungsbefugnis des Gerichts; Steuerliche Anerkennung einer Verlustverteilung

 

Leitsatz (redaktionell)

Aus Gründen der Prozeßwirtschaftlichkeit kann es angebracht sein, die Entscheidung über die Aussetzung der Vollziehung zeitlich über die im Ausgenblick der Entscheidung anhängige Instanz (hier: Einspruchsinstanz) hinaus wirksam werden zu lassen.

 

Normenkette

FGO § 69; EStG § 15

 

Tatbestand

I. Der Antragsteller - Ast - hatte mit der inzwischen in Konkurs befindlichen X AG (X-AG) einen Gesellschaftsvertrag über eine stille Beteiligung (Vertrags-Nr. ...) in Höhe von nominal 40.000 DM abgeschlossen. Die X-AG war 1989 gegründet worden mit dem Gesellschaftszweck "Planung, Bau und Betrieb umweltschonender Elektrizitätswerke und Anlagen der Umwelttechnik". In ihren Geschäftsberichten bezeichnet sie sich als Elektrizitätswerk-Unternehmen, das Energiewerke betreibt, projektiert, errichtet, erwirbt und zu ökologisch verträglichen Anlagen umrüstet. Sie gehört zu einer "international operierenden" Euro-Energie-Unternehmensgruppe.

Wie aus anderen Verfahren gerichtsbekannt ist, war X-AG Ende 1993 an 11 Elektrizitätswerken, die ausnahmslos in den neuen Bundesländern liegen, beteiligt. Sie unterhielt nach dem Bericht des Konkursverwalters neben der Hauptniederlassung in Hamburg große Büros in Berlin, Rostock, Seesen, Bornheim, Friedrichsheim, Neuruppien, Hochheim/Main, Stuttgart, München und Nürnberg. Sie hatte seit 1990 in großem Umfang stilles Gesellschaftskapital eingeworben. Wegen der Einzelheiten der möglichen Vertragsgestaltung wird auf I. der Gründe des in der Anlage beigefügten Beschlusses des Senats in der Sache I 12/99 (veröffentlicht in EFG 2000, 9) verwiesen.

Der Antragsgegner - Ag - führte in den Jahren 1994 bis 1998 eine Außenprüfung durch, die sich u.a. mit den steuerrechtlichen Verhältnissen der von der X-AG eingegangenen stillen Gesellschaften beschäftigt. Aufgrund dieser Außenprüfung kam der Antragsgegner zu der Ansicht, dass die stillen Gesellschafter - und damit auch der Ast - mangels Gewinnerzielungsabsicht nicht Mitunternehmer geworden seien und erteilte dem Ast hinsichtlich des von ihm mit X-AG eingegangenen Gesellschaftsverhältnisses am 15.12.1998 einen negativen Feststellungsbescheid, der mit der Aufhebung des ursprünglichen, unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Feststellungsbescheids und eines Feststellungsbescheids nach § 15a Abs. 4 EStG verbunden war. Über den dagegen eingelegten Einspruch ist noch nicht entschieden. Den Antrag des Ast auf Aussetzung der Vollziehung des negativen Feststellungsbescheides lehnte der Ag mit Bescheid vom 4.3.1999 ab.

Mit dem gemäß § 69 Abs. 3 FGO nunmehr bei Gericht gestellten Antrag, die Vollziehung des negativen Feststellungsbescheides für 1994 vom 15.12.1998 auszusetzen, macht der Ast geltend, es bestünden ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des negativen Feststellungsbescheides. Im Einzelnen macht er geltend:

Die dem negativen Feststellungsbescheid zugrunde liegenden tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen des Ag seien unzutreffend. Dies gelte insbesondere für folgende Erwägungen des Ag: X-AG habe in hohem Maße fremde Mittel eingeworben, es habe ihr aber das erforderliche Eigenkapital gefehlt. Zielsetzung der X-AG sei nicht gewesen Gewinne zu erzielen, sondern Verlustzuweisungen. X-AG sei deshalb eine Verlustzuweisungsgesellschaft. X-AG habe für ihre Tätigkeit keine unternehmensplanerische Ertragsprognose und keine Kalkulationen über die Rentabilität der Windkraftanlagen vorgelegt. Die vertraglichen Vereinbarungen mit den stillen Gesellschaftern kreierten ein Schneeballsystem. Mitunternehmerrisiko und Mitunternehmerinitiative der atypisch stillen Gesellschafter des Typs S seien nur sehr schwach ausgeprägt. Der Ag habe sich mit den vielen inzwischen ergangenen Gerichtsentscheidungen in den zivilrechtlichen Schadensersatzverfahren der Anleger gegen die X-AG, deren Organe, Initiatoren, Treuhänder und Vermittler nicht auseinandergesetzt. Verwaltung- und Finanzgerichte seinen an rechtskräftige Urteile anderer Gerichte gebunden. Die Ertragslage der Gesellschaft sei in Anbetracht der branchentypischen langen Anlaufzeit befriedigend gewesen. Der Vorwurf, X-AG habe ohne das erforderliche Eigenkapital gearbeitet, sei unzutreffend; das stille Gesellschaftskapital sei ebenfalls als Eigenkapital anzusehen.

Bei der Verneinung der Gewinnerzielungsabsicht lege der Ag zu Unrecht einen zeitlich nur eingeschränkten Beurteilungszeitraum zugrunde. Außerdem könne angesichts der Struktur des gesamten Unternehmens, der guten Kapitalausstattung der Gesellschaft mit stillem Kapital und der wirtschaftlichen Entwicklung nicht davon ausgegangen werden, dass bei X-AG sowie den 10.672 atypischen und 39.059 typischen stillen Gesellschaftern aus einer "persönlichen Neigung" heraus eine Verlusterzielungsabsicht unter Inkaufnahme des Konkurses des Geschäftsherrn bestanden hätte.

Die Gewinnerzielungsabsicht ergebe sich im Übrigen auch aus dem wirtsc...

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