Entscheidungsstichwort (Thema)

Vollstreckung aufgrund des EGBeitrG – Leistungsempfänger im Sinne des § 37 Abs. 2 Satz 1 AO – Rückforderungsschuldner bei doppelter Erstattung

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Leistungsempfänger im Sinne des § 37 Abs. 2 Satz 1 AO bei Vollstreckungersuchen aufgrund des EGBeitrG (nunmehr: EUBeitrG) ist die ersuchende Behörde, die daher im Falle der Aufhebung des Vollstreckungstitels auch Schuldner des Erstattungsanspruchs des Vollstreckungsschuldners ist.
  2. Bei doppelter Erstattung des Vollstreckungsbetrages durch die ersuchende und die ersuchte Behörde kann die ersuchte Behörde die ohne rechtlichen Grund zurückgezahlte Steuer nach § 37 Abs. 2 Satz 1 AO von dem Vollstreckungsschuldner zurückfordern.
  3. § 13 Abs. 3 Satz 3 EUBeitrG begründet keinen Anspruch der ersuchten gegenüber der ersuchenden Behörde, sondern vielmehr einen Anspruch des Vollstreckungsschuldners gegenüber der ersuchenden Behörde.
 

Normenkette

AO § 37 Abs. 2 S. 1; EGBeitrG § 2 Abs. 2 Nr. 7; EUBeitrG § 4 Abs. 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1 S. 1, Abs. 5, § 13 Abs. 3 S. 3; RL 2008/55/EG Art. 12 Abs. 2 Unterabs. 2 S. 2; VO (EG) Nr. 1179/2008 Art. 18 Abs. 3 Unterabs. 2, Art. 19 Unterabs. 1; RL 2010/24/EU Art. 13 Abs. 5

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 28.03.2017; Aktenzeichen VII R 5/15)

 

Tatbestand

Die tschechische Finanzverwaltung ersuchte die deutsche Finanzverwaltung unter dem 11. September 2007 um Beitreibung einer rückständigen Einkommensteuerforderung des Finanzamts A gegen den Kläger in Höhe von insgesamt 21.160,87 €. Dieses Ersuchen wurde an den Beklagten weitergeleitet.

Der Beklagte sah zunächst im Hinblick auf erhobene Einwendungen des Klägers gegen den zugrunde liegenden Vollstreckungstitel in der Tschechischen Republik (es seien keine entsprechenden Steuerbescheide ergangen und es sei kein Steuerrückstand in der Tschechischen Republik bekannt) von Vollstreckungsmaßnahmen ab. Die tschechische Finanzverwaltung teilte der deutschen Finanzverwaltung im Januar 2010 mit, dass die Einwendungen des Klägers abschlägig beschieden und ihm die Entscheidung am 21. Dezember 2009 zugestellt worden sei. Sie bitte um Fortsetzung der Beitreibungsmaßnahmen. Der Kläger widersprach dieser Fortsetzung. Er habe die Steuerbescheide erst am 25. Februar 2010 erhalten und werde hiergegen Einspruch einlegen, gegebenenfalls auch Klage erheben. Der Beklagte erließ im Hinblick auf das Beitreibungsersuchen der tschechischen Finanzverwaltung unter dem 23. März 2010 eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung gegenüber der B-Bank. Hierin teilte er auch mit, dass es sich um einen Anspruch der tschechischen Steuerverwaltung, vertreten durch das Finanzamt in A handele. Am 9. Februar 2011 zog der Beklagte daraufhin einen Betrag von 3.787,98 € vom bei der B-Bank geführten Konto des Klägers ein. Diesen Betrag leitete der Beklagte am 21. Februar 2011 an die tschechische Finanzverwaltung weiter.

Der Kläger wandte sich gegen die Vollstreckungsmaßnahmen des Beklagten mit einer Klage beim Finanzgericht Düsseldorf zum Az. 12 K 817/11 KV. Das Gericht gab der Klage mit Urteil vom 20. Oktober 2011 statt und verpflichtete den Beklagten, die Vollstreckungsmaßnahmen aufzuheben. Die Vollstreckung sei schon deshalb unzulässig, weil dem Beitreibungsersuchen kein Vollstreckungstitel, sondern lediglich ein Rückstandsausweis beigefügt gewesen sei. Außerdem habe der Kläger auch glaubhaft gemacht, dass im Zeitpunkt des Vollstreckungsersuchens tatsächlich kein vollstreckbarer Titel existent gewesen sei.

Der Beklagte hob daraufhin unter dem 27. Januar 2012 die Pfändungs- und Einziehungsverfügung gegenüber der B-Bank auf und erstattete dem Kläger unter dem 9. Februar 2012 den eingezogenen Betrag von 3.787,98 € nebst Zinsen i.H.v. 243,75 €, insgesamt also einen Betrag von 4.031,73 €. Außerdem forderte der Beklagte die tschechische Finanzverwaltung zur Zahlung dieses Betrages auf.

Die tschechische Finanzverwaltung teilte dem Beklagten mit, dass der tschechische Vollstreckungstitel am 13. Januar 2012 aufgehoben worden sei. Sie habe deshalb am 9. Februar 2012 einen Betrag von 91.869,88 CZK nebst Zinsen i.H.v. 26.285 CZK an die Steuerberaterin des Klägers, C, unter Bezugnahme auf die ihr vorliegende Vollmacht ausgezahlt.

Der Beklagte erließ daraufhin unter dem 14. Juni 2012 einen Rückforderungsbescheid gegenüber dem Kläger über insgesamt 4.031,73 €. Er begründete den Bescheid damit, dass die aufgrund der Pfändung erhaltenen Beträge nunmehr doppelt, und zwar durch ihn selbst sowie durch die tschechische Finanzverwaltung, erstattet worden seien.

Der Kläger legte hiergegen Einspruch ein, den der Beklagte mit Entscheidung vom 23. September 2013 als unbegründet zurückwies. Der Betrag sei doppelt ausgezahlt worden. Insbesondere sei die Auszahlung der tschechischen Finanzverwaltung an die Steuerberaterin des Klägers aufgrund einer der Verwaltung vorliegenden Generalvollmacht erfolgt.

Mit seiner Klage trägt der Kläger vor, dass eine Rückforderung wegen des rechtskräftigen Urteils in dem Verfahren zum Az. 12 K 817/...

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