Nachgehend

BFH (Urteil vom 28.04.1998; Aktenzeichen VII R 83/96)

 

Tatbestand

Am 19. Dezember 1991 beantragte die Klägerin bei der Oberfinanzdirektion (OFD) Berlin, ihr eine verbindliche Zolltarifauskunft über die Einreihung von Grundrahmen für Wechselbehälter (des Typs ER 71) zu erteilen.

Bei diesen Grundrahmen für Wechselbehälter handelt es sich um eine flache Stahlkonstruktion mit vier aus- und einklappbaren Stützbeinen, einem Laderaumboden aus Holz, angeschweißten Verriegelungen für die Befestigung auf Lkw oder Waggons sowie angeschweißten Bolzen zur späteren Befestigung von Bordwänden.

In ihrem Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Zolltarifauskunft führte die Klägerin aus, die Grundrahmen würden nach der Einfuhr einen Pritschen- oder Kofferaufbau erhalten, mit dem sie fest verbunden würden. Die alsdann fertiggestellten Wechselbehälter könnten sowohl im Straßen- und Schienen- als auch im Schiffahrtsverkehr eingesetzt werden. Diese Wechselbehälter seien nicht mit einem Fahrgestell verbunden.

Die Klägerin legte eine Warenbeschreibung für Wechselrahmen des Typs ER 71 sowie photographische Aufnahmen von den zu tarifierenden Waren vor. Die Klägerin beantragte, die Grundrahmen für Wechselbehälter unter die Unterposition 8609 00 90 der Kombinierten Nomenklatur einzureihen.

Mit Bescheid vom 30. Juni 1992 erteilte die Beklagte, an die die OFD Berlin den Antrag der Klägerin weitergeleitet hatte, eine verbindliche Zolltarifauskunft über die Einreihung der Grundrahmen für Wechselbehälter unter die Unterposition 7326 90 98 der Kombinierten Nomenklatur als andere Waren aus Eisen oder Stahl. Zur Begründung führte die Beklagte im wesentlichen aus: Die Beschaffenheitsmerkmale der Grundrahmen ließen nicht die charakteristischen Merkmale eines Warenbehälters (Containers) erkennen. Dies sei erst dann der Fall, wenn die Grundrahmen zumindest teilweise Umschließungen wie Seiten-, Stirnwände oder Ecksäulen aufweisen würden. Deshalb komme eine Einreihung der Waren unter die Position 8608 nicht in Betracht.

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 30. Juli 1992 Einspruch ein, mit dem sie im wesentlichen vorbrachte: Nach Anmerkung 1. Buchstabe g) zu Abschnitt XV der Kombinierten Nomenklatur seien die Grundrahmen für Warenbehälter dort nicht erfaßt. Da erkennbar sei, daß die Grundrahmen für Warenbehälter bestimmt seien, müsse nach Anmerkung 3. zu Abschnitt XVII der Kombinierten Nomenklatur vorgegegangen werden. Falls eine Einreihung unter die Position 8609 der Kombinierten Nomenklatur nicht möglich sei, wäre für die Grundrahmen nach der Allgemeinen Vorschrift für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur (AV) Nr. 3 Buchstabe c) die Position 8716 zutreffend. Die streitigen Grundrahmen für Wechselbehälter seien entsprechend der Euro-Norm EN 284 angefertigt worden und wiesen bereits die hiernach erforderlichen wesentlichen Merkmale eines Warenbehälters auf. Nach der Euro-Norm EN 284 seien folgende grundsätzliche Ausrüstungsteile vorgeschrieben:

  1. Vier untere Befestigungsbeschläge
  2. Vier Greif kanten
  3. Ein Zentriertunnel in der Bodengruppe
  4. Ein vorderer Anschlag
  5. Vier ein- und aus klappbare Stützbeine.

Die Aufbauten oder Teile hiervon würden demgegenüber nicht zu den grundsätzlichen Ausrüstungsteilen eines Wechselbehälters gehören, ohne daß hierdurch die Bezeichnung als Wechselbehälter verlorengehe. Diese Aufbauten würden erst später entsprechend den jeweiligen Anforderungen hinzugefügt. Die Wechselrahmen würden bereits alle charakteristischen und wesentlichen Merkmale in ihrem Einfuhrzustand aufweisen. Teilweise seien sie zusätzlich noch mit Scharnierlagern und Rungentaschen für Pritschenaufbauten sowie Holzböden versehen. Erst nach der Einfuhr würden sie von ihr mit Stirn-, Rückwänden und Seitenwänden je nach Kundenwunsch zu Wechselpritschen des Typs EN oder Wechselkoffern des Typs EMKH vervollständigt. Sie könnten jedoch auch bereits in ihrem Einfuhrzustand beispielsweise als Wechselplattformen Verwendung finden. Da die Wechselrahmen bereits sämtliche wesentlichen und charakteristischen Merkmale eines Warenbehälters aufwiesen, seien sie unter die Position 8609 der Kombinierten Nomenklatur einzureihen. Jedenfalls seien sie nach Nr. 2. Buchstabe a) AV als unfertige oder unvollständige Warenbehälter unter die Position 8609 der Kombinierten Nomenklatur einzureihen. Die Wechselrahmen würden unter Hinzuziehung der Euro-Norm EN 284 bereits die wesentlichen Beschaffenheitsmerkmale eines Warenbehälters aufweisen. Die charakteristischen Merkmale eines Warenbehälters lägen nicht erst vor, wenn dieser zumindest teilweise Umschließungen wie Seiten-, Stirnwände oder Ecksäulen aufweise. Wesentlich oder charakterbestimmend für einen Warenbehälter seien vielmehr die in der Euro-Norm EN 284 beschriebenen Konstruktionsmerkmale, auf Grund deren er für die verschiedenen Beförderungsarten geeignet sei. Verdeutlicht werde dies auch durch die beispielhafte Aufzählung der Anwendung der Nr. 2. Buchstabe a) AV in den Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur Kapit...

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