Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch auf Eigenheimzulage für eine Wohnung in einem anderen EU-Mitgliedstaat bei unbeschränkter Steuerpflicht des Ehemanns aufgrund eines weiteren Wohnsitzes in Deutschland und unbeschränkter Steuerpflicht der in dem anderen EU-Land lebenden Ehefrau aufgrund eines Antrags nach § 1a Abs. 1 Nr. 2 EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Einem Ehepaar steht unter Berücksichtigung des EuGH-Urteils v. 17.1.2008 (C-152/05, BStBl 2008 II S. 326) Anspruch auf Eigenheimzulage für die Herstellung eines Familienheims in einem anderen EU-Mitgliedstaat (hier: Polen) zu, wenn der in Deutschland berufstätige Ehemann im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung weiter eine angemietete Wohnung in Deutschland hat und damit nach § 1 Abs. 1 EStG unbeschränkt steuerpflichtig, wenn die nicht berufstätige, in dem anderen EU-Land (hier: Polen) lebende Ehefrau zwar keinen Wohnsitz mehr in Deutschland hat, aber nach § 1a Abs. 1 Nr. 2 EStG auf eigenen Antrag als unbeschränkt steuerpflichtig gilt, und wenn die Ehegatten deswegen in Deutschland weiter zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden.

2. Das EuGH-Urteil (C-152/05, BStBl 2008 II S. 326) ist nicht nur zugunsten solcher Steuerpflichtigen, die unbeschränkt einkommensteuerpflichtig gemäß § 1 Abs. 2 und Abs. 3 EStG sind, sondern auch zugunsten solcher anzuwenden, die ggf. nach § 1a Abs. 1 Nr. 2 EStG unbeschränkt steuerpflichtig sind und mindestens 90 % ihrer Einkünfte in Deutschland erzielen (gegen Niedersächsisches FG, Beschluss v. 3.6.2009 – 9 V 80/09).

 

Normenkette

EigZulG §§ 1, 2 Abs. 1 S. 1; EStG § 1 Abs. 1 S. 1, Abs. 3, § 1a Abs. 1 Nr. 2; AO § 8; EGV Art. 18, 39, 43

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 20.07.2018; Aktenzeichen IX R 26/17)

BFH (Urteil vom 20.07.2018; Aktenzeichen IX R 26/17)

 

Tenor

Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 6. Juni 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9. Juli 2014 verpflichtet, den Klägern Eigenheimzulage in Höhe von 2 556,00 EUR pro Jahr für die Jahre 2009 bis 2015 zu gewähren. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden den Klägern zu 1/8 und dem Beklagten zu 7/8 auferlegt.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, sofern die Kläger nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrags leisten.

Beschluss:

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die Kläger einen Anspruch auf Gewährung von Eigenheimzulage für die Jahre ab 2009 im Hinblick auf die Herstellung eines anschließend selbstbewohnten Hauses in C…, (Republik Polen) haben.

Der 1963 geborene Kläger ist von Beruf Beamter (Polizeioberkommissar) im Bundesdienst. Er ist seit dem 30. April 1991 mit der 1962 geborenen Klägerin verheiratet. Ab dem Jahr 1996 wohnten die Kläger in einer 117,50 qm großen Mietwohnung in D…, E…-straße. Der Kläger ist deutscher Staatsangehöriger, die Klägerin ist polnische Staatsangehörige.

Das Grundstück in C… ging durch Schenkung seitens der Mutter der Klägerin am 9. März 1999 in das alleinige Eigentum der Klägerin über. Der Kläger wurde zum 20. August 2004 als Miteigentümer in das Grundbuch eingetragen.

Bezüglich des o. g. Grundstücks wurde am 4. April 2001 ein Bauantrag bei der zuständigen Bauaufsichtsbehörde gestellt. Die Baugenehmigung wurde am 6. Juni 2001 erteilt. Am 20. Mai 2003 wurde mit den Bauarbeiten begonnen. Mit Schreiben vom 15. Dezember 2008 zeigten die Kläger der Bauaufsichtsbehörde die Fertigstellung des Hauses an. Die Bauaufsichtsbehörde teilte unter dem Datum „20. Januar 2009” mit, sie erhebe hiergegen keine Einwendungen. Die Herstellungskosten des Hauses mit einer Nutzfläche von mehr als 300 qm (sechs Zimmer zuzüglich Küche und Bäder) betrugen rund 156 000,00 EUR. Die Kläger erbrachten viele Eigenleistungen.

Mit Wirkung ab 1. November 2009 wurde der Kläger vom Bundespolizeipräsidium vom bisherigen Dienstort F… zum neuen Dienstort G… versetzt.

Am 30. Oktober 2009 schloss der Kläger als alleiniger Vertragspartner einen Mietvertrag für die Zeit ab 15. Dezember 2009 bezüglich der Anmietung einer Zwei-Zimmer-Wohnung mit Küche, Flur, Bad und Balkon in H…, I…-straße (Größe: 64,95 qm; Warmmiete: 506,62 EUR) ab.

Der Kläger war bis 20. Oktober 2010 und die Klägerin bis 19. Oktober 2010 mit Wohnsitz in Deutschland gemeldet, und zwar bis zum 7. Januar 2010 unter ihrer Wohnanschrift in D… und ab 8. Januar 2010 unter der Adresse in H…. Danach erfolgte eine Abmeldung wegen Wegzugs ins Ausland (C…).

Seit dem 20. Oktober 2010 werden die Kläger auf deren Antrag hin vom Beklagten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. In der Zeit davor wurden sie vom Finanzamt J… zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Ausweislich der Einkommensteuerbescheide 2009 bis 2015 erzielte die Klägerin in den Streitjahren keinerlei steuerpflichtige Einkünfte,...

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