Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfassungsmäßigkeit der Erhebung eines Verspätungsgeldes nach § 22a Abs. 5 EStG wegen verspäteter Übermittlung von Rentenbezugsmitteilungen, Finanzrechtsweg

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei Streitigkeiten über die Erhebung eines Verspätungsgeldes nach § 22a Abs. 5 EStG wegen verspäteter Übermittlung von Rentenbezugsmitteilungen ist der Finanzrechtsweg gemäß § 33 Abs. 1 FGO gegeben.

2. § 22a Abs. 5 Satz 1 EStG ist nicht verfassungswidrig und verstößt auch in Gesamtschau mit § 50f EStG nicht gegen das Verbot der Doppelbestrafung und – auch bei einem groben Missverhältnis zwischen der Höhe des Verspätungsgeldes und der Höhe der durch die Verzögerung zu erwartenden Verwaltungskosten – nicht gegen den aus Art. 20 Abs. 3 GG abgeleiteten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die gesetzlich festgelegte Höhe des Verspätungsgelds ist angesichts des vorrangigen Gesetzeszwecks als Präventionsmaßnahme mit repressivem und präventivem Charakter zur Erfüllung der gesetzlichen Mitteilungspflicht nicht unangemessen.

3. Eine Verfassungswidrigkeit von § 22a Abs. 5 EStG ergibt sich auch nicht daraus, dass die Mitteilungspflichtigen als nicht am konkreten Steuerrechtsverhältnis Beteiligte und somit als Dritte zunächst nach Abs. 1 der Norm unentgeltlich verpflichtet werden, die Rentenbezugsmitteilungen zu übermitteln, und bei nicht fristgerechter Übermittlung nach Abs. 5 ein Verspätungsgeld zu zahlen haben.

4. Im Gegensatz zu § 50f EStG handelt es sich bei § 22a Abs. 5 EStG nicht um eine dem Ordnungswidrigkeitenrecht zuzuordnende Bußgeldvorschrift, sondern um eine steuerliche Nebenleistung, die dazu dient, den rechtzeitigen Eingang der Rentenbezugsmitteilungen und damit auch die rechtzeitige Festsetzung und Entrichtung der Steuern sicherzustellen.

 

Normenkette

EStG § 22a Abs. 1 S. 1, Abs. 5 Sätze 1, 3, §§ 50f, 81; FGO § 33 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 12, 14, 103 Abs. 3, Art. 20 Abs. 3; AO § 3 Abs. 4 Nr. 9, § 6 Abs. 2 Nr. 7

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 20.02.2019; Aktenzeichen X R 33/17)

BFH (Urteil vom 20.02.2019; Aktenzeichen X R 33/17)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

 

Tatbestand

Anlässlich einer durchgeführten Prüfung stellte die Beklagte im Bericht vom 25.08.2015, auf den Bezug genommen wird, fest, dass der Kläger bis zum 01.10.2015 vier Rentenbezugsmitteilungen im Sinne von § 22 a Abs. 1 Satz 1 EinkommensteuergesetzEStG – um zwei Monate verspätet und 13 Rentenbezugsmitteilungen um sieben Monate verspätet übermittelt habe. Auf dieser Grundlage setzte die Beklagte mit Bescheid vom 20.11.2015 ein Verspätungsgeld i.H.v. 990,00 EUR fest. Zu der im Verwaltungsverfahren abgegebenen Einlassung des Klägers führte die Beklagte aus, dass Rentenbezugsmitteilungen auch dann zu übermitteln seien, wenn der Leistungsempfänger seinen Wohnsitz im Ausland habe oder die Leistungen auf einem ausländischen Vertrag beruhten. Die Beurteilung, ob diese Leistungen bei den Rentenempfängern zu besteuern seien, obliege allein der Finanzverwaltung. Soweit sich der Kläger darauf berufe, dass ihm trotz Bemühungen nicht alle zur Übermittlung der Rentenbezugsmitteilungen erforderlichen Steueridentifikationsnummern vorgelegen hätten, gehe dies zu seinen Lasten, weil er als Mitteilungspflichtiger dafür verantwortlich sei, alle notwendigen Voraussetzungen zu schaffen, um die Rentenbezugsmitteilungen vollständig, rechtzeitig und inhaltlich richtig an die zentrale Stelle zu melden. Dazu gehöre auch die zeitnahe Ermittlung der Identifikationsnummern, und zwar zunächst beim Leistungsempfänger selbst und anschließend gegebenenfalls durch Nutzung des MAV beim Bundeszentralamt für Steuern. Soweit sich der Kläger weiter darauf berufe, dass zu Unrecht vier Meldungen als verspätet eingegangen gewertet worden seien bzw. eine Übermittlung fehlgeschlagen sei, entspreche dies nicht den Tatsachen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Bescheid verwiesen (Bl. 55 ff. der Gerichtsakte).

Mit dem gegen den Bescheid eingelegten Einspruch machte der Kläger unter anderem geltend, dass die Meldung zu der laufenden Nr. 1 bereits am 02.03.2015 erstellt und am 29.04.2015 berichtigt worden sei. Die Meldung zu Nr. 2 sei am 23.02.2015 erstellt, wegen der falschen Identifikationsnummer aber abgewiesen worden. Die erneute Meldung sei am 27.04.2015 erfolgt. Die Meldungen zu Nr. 12 und Nr. 15 seien am 25.02.2015 manuell übermittelt, wegen nicht eingegebener Endzeiträume bei der Angabe von Kranken- und Pflegeversicherungsdaten aber abgewiesen worden. Nach dem Übermittlungsprotokoll sei die Übermittlung allerdings erfolgreich gewesen. Dass eine Pflicht zur Angabe der Endzeiträume bestanden habe, habe die Beklagte erst im Prüfungsbericht vom 25.08.2015 mitgeteilt. Damit könne jedenfalls für die Mitteilungen zu Nr. 12 und 15 kein Verspätungsgeld erhoben werden.

Die Beklagte wies den Einspruch mit der Einspruchsentscheidung vom 23.03.2016 als unbegründet zurü...

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