rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachweis der Existenz von Schwester-Personengesellschaften zur mehrfachen Inanspruchnahme der umsatzsteuerlichen Kleinunternehmerregelung durch nach außen ersichtliche Aktivitäten der Schwester-Personengesellschaften. auf Förderung der Motorik ausgerichtete Handwerkskurse in Kindertagesstätten nicht umsatzsteuerbefreit

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ist eine GbR auf die Überschreitung der Umsatzgrenze für die umsatzsteuerliche Kleinunternehmerregelung im Vorjahr hingewiesen und zur Abgabe einer Umsatzsteuererklärung für das erste Streitjahr aufgefordert worden und wird erst nach Ablauf der Streitjahre erstmals gegenüber dem Finanzamt geltend gemacht, im ersten Streitjahr und im Folgejahr (zweites Streitjahr) hätten auch zwei gesellschafteridentische Schwester-GbRs bestanden und jede der drei Gesellschaften des bürgerlichen Rechts sei in den beiden Streitjahren unter der Umsatzgrenze des § 19 Abs. 1 UStG gelegen, so sind die Schwester-GbRs steuerlich nicht zu berücksichtigen und alle Umsätze der klagenden GbR zuzurechnen, wenn die GbR trotz gerichtlicher Aufforderung keinerlei Nachweise wie z.B.Verträge, Schrift- und Emailverkehr mit Kunden, Behörden usw. sowie insbesondere Ausgangsrechnungen dafür vorlegen kann, dass die Schwester-GbRs in den Streitjahren nach außen aufgetreten sind.

2. Bietet eine GbR, deren Gesellschafter eine Erzieherin und ein Tischlermeister sind, auf die Förderung der Motorik ausgerichtete Handwerkskurse in Kindertagesstätten an und sind die Voraussetzungen des § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG nicht erfüllt, kann sich die GbR für die Steuerbefreiung ihrer Leistungen auch nicht erfolgreich auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. i, Buchst. j der MwStSystRL berufen, wenn unter anderem eine Kostenübernahme durch öffentliche Träger nicht nachgewiesen wird und die Kursinhalte überwiegend freizeitnah sind.

 

Normenkette

UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1, § 19 Abs. 1, § 4 Nr. 21 Buchst.a; MwStSystRL Art. 132 Abs. 1 Buchst.iBuchst. j

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 08.10.2019; Aktenzeichen XI B 49/19)

 

Tenor

Der Umsatzsteuerbescheid 2013 vom 20.03.2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27.12.2016 wird dahingehend geändert, dass die Umsatzsteuer 2013 um 624,34 EUR niedriger festgesetzt wird.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden zu 90 % der Klägerin und zu 10 % dem Beklagten auferlegt.

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war notwendig.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

Die Klägerin ist eine mittlerweile aufgelöste Gesellschaft bürgerlichen Rechts – GbR –. Streitig ist bei der Umsatzsteuer 2012 und 2013, ob zwei Schwester-GbRs der Klägerin existierten und ob diesen jeweils Umsätze zuzurechnen sind, welche bei ihnen der Kleinunternehmerregelung unterliegen, oder ob diese Umsätze von der Klägerin erzielt wurden und die Kleinunternehmerregelung wegen Überschreitung der Umsatzgrenzen nicht zur Anwendung kommt. Außerdem macht die Klägerin geltend, die Umsätze seien als Bildungsumsätze steuerfrei.

Gesellschafter der 2009 gegründeten Klägerin sind B. und C., die jedenfalls ursprünglich jeweils zu ½ am Gesellschaftsvermögen und am Gewinn und Verlust beteiligt waren (§§ 2 und 7 des Gesellschaftsvertrags vom 31.08.2009, Bl. 33ff. der Gerichtsakte – GA –, welcher dem Finanzamt – FA – seit dem 02.10.2010 vorliegt, vgl. Vermerk auf dem Ausdruck des Gesellschaftsvertrags in der nicht paginierten Vertragsakte – V –; Fragebogen zur steuerlichen Erfassung der Klägerin 01.10.2009, in der nicht paginierten Sonderakte – S –). Vertragszweck der Klägerin ist laut Gesellschaftsvertrag (§ 1.1) das „.”, und sie hat ihren Sitz seit dem 01.12.2010 in D., E.-straße (vgl. Ummeldung vom ursprünglichen Sitz in F. nach D. vom 28.04.2011, in der nicht paginierten Gewerbesteuerakte – GewSt –). Dies ist auch der Wohnsitz von B. (Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 03.03.2017, Bl. 18 GA). Nach § 1.3 des Gesellschaftsvertrags führt die Klägerin die Bezeichnung „A. GbR, .”.

B. ist Erzieherin, C. ist Tischler. Die Leistungen der Klägerin bestanden nach Darstellung der Klägerin darin, Handwerkskurse für Kinder in Kitas anzubieten. C. kam mit geeigneten Werkzeugen und Materialien in die jeweiligen Kitas. Die Kinder erhielten jeweils eigene Werkzeugkästen, die sie nach dem Ende des Kurses auch behalten durften, und übten unter Anleitung des C. zunächst einfache handwerkliche Tätigkeiten wie Schleifen und Nageln aus. Im weiteren Verlauf der Kurse arbeiteten die Kinder auch mit Laubsägen und stellten schließlich Gegenstände wie Setzkästen, Vogelhäuser, Spielzeugautos und Schatzkisten her (s. Artikel in der Märkischen Onlinezeitung vom 26.02.2015, Bl. 44/44R GA, und Ausdruck der Homepage der in F. belegenen Kita vom 20.03.2017, ...

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