Entscheidungsstichwort (Thema)

vorläufiger Zulassung zur Steuerberaterprüfung 1995

 

Tenor

Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragsteller vorläufig zur Steuerberaterprüfung 1995 zuzulassen. Der Antragsteller darf aus einer bestandenen Prüfung keine Rechte herleiten, falls er im Verfahren zur Hauptsache III 325/95 unterliegt.

Die Kosten des Verfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen.

Der Streitwert beträgt … DM.

 

Gründe

Der bei der Antragsgegnerin gebildete Zulassungsausschuß versagte dem Antragsgegner, der unstreitig die Vorbildungsvoraussetzungen für die Prüfung nach § 36 Abs. 1 Nr. 1 Steuerberatergesetz –StBerG– erfüllt, die Zulassung zur Prüfung, weil dieser unbefugt Hilfe in Steuersachen geleistet habe und deshalb gegen ihn eine Geldbuße festgesetzt worden sei (Bescheid vom 1. September 1995; vgl. weiter den Bußgeldbescheid des Finanzamtes … vom 10. Februar 1995 … über den Betrag von … DM).

Hiergegen richtet sich die Klage zur Hauptsache, die beim Senat zum Aktenzeichen III 325/95 anhängig ist.

Im vorliegenden Verfahren begehrt der Antragsteller die vorläufige Zulassung zur Steuerberaterprüfung 1995 im Wege der einstweiligen Anordnung. Die Antragsgegnerin ist dem Rechtsschutzbegehren entgegengetreten.

Der auf § 36 Abs. 1 Nr. 1 StBerG, § 114 Finanzgerichtsordnung –FGO– gestützte Antrag hat Erfolg. Es ist höchstrichterlich anerkannt, daß ausnahmsweise auch im Wege einer einstweiligen Anordnung das Ergebnis des Hauptprozesses vorweggenommen werden darf, um einen effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten (vgl. Bundesfinanzhof –BFH–, Beschluß vom 20. September 1988 VII B 129/88, Bundessteuerblatt –BStBl– II 1988, 956, 958). Das setzt zum einen voraus, daß der Antragsteller in der Hauptsache mit hoher Wahrscheinlichkeit obsiegen wird, zum anderen, daß die Regelungsanordnung unumgänglich erscheint, um schwere wirtschaftliche oder persönliche Nachteile für den Antragsteller abzuwenden. Beide Voraussetzungen sind hier erfüllt.

Bei der im Verfahren zur Hauptsache angefochtenen Versagung, die auf § 37 Abs. 3 Nr. 1 StBerG gestützt ist, handelt es sich um eine gerichtlich nur eingeschränkt nachprüfbare Ermessensentscheidung (§ 102 FGO). Soweit der Antragsteller dem Zulassungsausschuß in diesem Zusammenhang vorwirft, dieser habe von seinem Ermessen nicht in einer dem Zwecke der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht, wird seine Rüge aller Voraussicht nach durchgreifen. Die ablehnende Entscheidung läßt das Für und Wider der Ermessensausübung nicht erkennen. Der Zulassungsausschuß hat weder die Bußgeldakten beigezogen noch den Antragsteller zum ergänzenden Sachvortrag über die Umstände der von ihm als unzulässig eingeräumten einmaligen Beratung der Eheleute … bei der Erstellung der Einkommensteuererklärungen 1991 und 1992 aufgefordert. Der Ausschuß hat infolgedessen weder geprüft, ob das Fehlverhalten von einem zu einer Ausschließung aus dem Beruf führenden Gewicht war, wenn der Antragsteller zur Zeit der Tat schon Berufsangehöriger gewesen wäre (vgl. Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 4. Februar 1976 IV 171/75, Entscheidungen der Finanzgerichte –EFG– 1976, 525), noch untersucht, ob das Verhalten des Antragstellers die Besorgnis begründet, er werde auch in Zukunft den Berufspflichten nicht genügen (vgl. Gehre, 2. Auflage, Rdn. 12 zu § 37 StBerG; Peter/Charlier, Rdn. 9 zu § 37 StBerG). Der Zulassungsausschuß wird bei der sich im Hauptsacheverfahren abzeichnenden Kassation mit erneuter Prüfung auch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten müssen. Der Senat merkt bereits jetzt vorsorglich an, daß der unverbindliche Hinweis der Antragsgegnerin an den Antragsteller, dieser werde zur Steuerberaterprüfung 1996 zugelassen werden, wenn sonst nicht weiter gegen ihn vorliege, nicht ausreichend erscheint.

Der Anordnungsgrund ist ebenfalls gegeben. Der im Jahre 1956 geborene Antragsteller ist verheiratet und Vater zweier Kinder. Er stammt aus dem Beitrittsgebiet und mußte sich umschulen lassen. Diese besondere Umstände lassen es nicht zu, daß der aus seiner bisherigen Lebensplanung herausgerissene Antragsteller auf die Möglichkeit einer Prüfung im Jahre 1996 verwiesen wird.

Die weiteren Entscheidungen beruhen auf § 135 Abs. 1 FGO, §§ 13, 25 Gerichtskostengesetz.

Die Beschluß ist nicht anfechtbar, weil der Senat die Beschwerde nicht zuläßt (§ 128 Abs. 3 FGO).

 

Fundstellen

Dokument-Index HI936356

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