rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuerhaftung von Ehegatten bei gemeinschaftlicher Errichtung eines selbst genutzten Gebäudes

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Errichten Ehegatten gemeinschaftlich ein selbst genutztes Einfamilienhaus, so ist bei einer gemeinschaftlichen Auftragserteilung jeder Ehegatte mit dem auf ihn entfallenden Miteigentumsanteil Leistungsempfänger und nicht eine aus den Ehegatten bestehende Gesellschaft Bürgerlichen Rechts.

2. Die Eigennutzung einer Immobilie stellt keine unternehmerische Verwendung dar, sodass die aus den Ehegatten bestehende Bruchteilsgemeinschaft kein Unternehmer i.S.d. § 2 UStG ist. Eine Haftung nach § 55 UStG für Bauleistungen, die an dem Eigenheim durch einen ausländischen Unternehmer erbracht wurden, scheidet danach aus.

3. Dies gilt auch dann, wenn die Ehegatten ein weiteres Gebäude gemeinschaftlich umsatzsteuerpflichtig vermieten.

 

Normenkette

UStG §§ 2, 18 Abs. 8 Nr. 1; UStDV § 51 Abs. 1 Nr. 1, § 55; AO § 191; BGB §§ 718, 427

 

Tenor

I) Die Haftungsbescheide zur Umsatzsteuer 1995 und 1996 vom 07. Dezember 2000 und die Einspruchsentscheidungen vom 01. April 2004 werden aufgehoben.

II) Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

III) Die Revision wird zugelassen.

IV) Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 EUR, haben die Kläger in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruches Sicherheit zu leisten. Bei einem vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruch bis zur Höhe von 1.500 EUR kann der Beklagte der vorläufigen Vollstreckung widersprechen, wenn die Kläger nicht zuvor in Höhe des vollstreckbaren Kostenanspruchs Sicherheit geleistet haben, §§ 151 FGO i.V.m. 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.

 

Tatbestand

Streitig ist die Rechtmäßigkeit von zwei Haftungsbescheiden, die der Beklagte gegenüber den Klägern erlassen hat, weil diese als Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) für deren Haftungsschulden einzustehen hätten.

Die miteinander verheirateten Kläger sind je zur Hälfte Eigentümer eines von ihnen vermieteten Ärztehauses in X sowie des zu eigenen Wohnzwecken genutzten Einfamilienhauses in K., …. Die Immobilie in X vermieteten die Kläger umsatzsteuerpflichtig an verschiedene Mieter. Der Kläger betrieb als Einzelunternehmer eine Zahnarztpraxis sowie ein Dentallabor in Z. Seine Frau ist gelernte Krankenschwester. Einer selbständigen Tätigkeit ging sie nicht nach.

Anlässlich einer Steuerfahndungsprüfung für die Jahre 1997 bis 2000 wurde festgestellt, dass die Eheleute am 27. Februar 1995 einen Bauvertrag über Gipserarbeiten an ihrem Einfamilienhaus in K mit der Firma „F” aus Italien als Auftragnehmer abgeschlossen hatten. Der vereinbarte Pauschalpreis für die von der Firma F zu erbringenden Leistungen betrug 1.310.000.000 italienische Lire inklusive 19 % italienischer Umsatzsteuer. Der Bauvertrag weist als Auftraggeber „B und A, …” aus.

Bevor die Firma F am 07. August 1996 die Abschlussrechnung für ihre Arbeiten stellte, leisteten die Kläger mehrere Teilzahlungen je nach Baufortschritt. Die Überweisungen an den Auftragnehmer erfolgten über ein Girokonto des Klägers bei der … Bank. Soweit der Auftragnehmer Teilzahlungen durch Teilrechnungen anmahnte, waren diese in italienischer Sprache verfasst, wiesen den Fakturierungsort … auf und besaßen den Briefkopf „F.”.

Der Prüfer des Beklagten sah in den Gipserarbeiten für das Privathaus der Kläger eine Werklieferung, die im Inland umsatzsteuerpflichtig gewesen sei. Da der Auftragnehmer im Ausland ansässig und laut Auskunft des zuständigen Finanzamtes Q im Inland nicht steuerlich erfasst gewesen sei, hätten die Kläger als Gesellschafter einer mit dem Eigenheimbau in K befassten GbR nach § 18 Abs. 8 Nr. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) 1995 bzw. 1996 (nachfolgend 1996) in Verbindung mit § 51 Abs. 1 Nr. 1 Umsatzsteuerdurchführungsverordnung (UStDV) 1995 bzw. 1996 (nachfolgend 1996) die auf die Werklieferung entfallende Umsatzsteuer einbehalten und an den Beklagten abführen müssen. Die Unternehmereigenschaft der mit dem Eigenheimbau in K befassten GbR ergebe sich daraus, dass die Kläger als Gesellschafter einer anderen beteiligungsidentischen GbR eine Immobilie in X umsatzsteuerpflichtig vermieteten. Nach § 55 UStDV 1996 hafte die mit dem Eigenheimbau befasste GbR für die nicht einbehaltene Umsatzsteuer aus den Gipserarbeiten der Firma F.

Am 07. Dezember 2000 erließ der Beklagte sowohl gegen den Kläger als auch die Klägerin Haftungsbescheide als Gesellschafter der GbR B und A nach § 191 Abgabenordnung (AO) i.V.m. §§ 51 Abs. 1 Nr. 1, 55 UStDV 1996. Diese beinhalteten jeweils eine Haftungsschuld von insgesamt 224.469,– DM, wovon 95.137,– DM auf das Jahr 1995 entfielen und 129.332,– DM auf das Jahr 1996. Der Betrag von 224.469 DM entspricht der Umsatzsteuer, die für die Arbeiten der italienischen Firma F insgesamt einzubehalten war. Gegenüber der GbR B und A wurde durch den Beklagten hingegen kein Haftungsbescheid erl...

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