Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Erstattung der Umsatzsteuer im Abzugsverfahren an den Leistungsempfänger, wenn Rechtsgrund für die Leistung wegfällt. zivilrechtliches Urteil über die Nichtigkeit eines Vertragsverhältnisses ist kein rückwirkendes Ereignis

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ist ein Unternehmer nach § 51 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UStDV 1998 verpflichtet, für die steuerpflichtige Vermittlungsleistung eines im Ausland ansässigen Unternehmers als Empfänger der Leistung die Umsatzsteuer einzubehalten und anzumelden, hat er keinen Erstattungsanspruch, wenn das der Vermittlung zugrunde liegende Grundstücksgeschäft nichtig ist.

2. Inhaber des Anspruchs auf Erstattung einer ohne Rechtsgrund einbehaltenen Umsatzsteuer ist im Falle der Besteuerung nach dem Abzugsverfahren nach §§ 51 ff. UStDV 1998 nicht der Leistungsempfänger, sondern der die umsatzsteuerpflichtige Leistung ausführende Unternehmer.

3. Die Abtretung eines Erstattungsanspruchs ist nur wirksam, wenn sie unter Beachtung der in § 46 Abs. 2, 3 AO genannten Formerfordernisse angezeigt wird.

4. Betroffener der Umsatzsteuerfestsetzung ist im Abzugsverfahren nach § 51 ff. UStDV unbeschadet des Umstands, dass die Steuerfestsetzung auf einer Anmeldung des Leistungsempfängers beruht, nur der leistende Unternehmer.

5. Der Vorbehalt der Nachprüfung entfällt mit dem Ablauf der Festsetzungsfrist.

6. Die rechtliche Beurteilung der Nichtigkeit eines Vertragsverhältnisses in einem Zivilrechtsstreit ist nicht selbst ein rückwirkendes Ereignis i. S. d. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO.

7. Solange eine Rechnung mit offenem Umstzsteuerausweis besteht, schuldet der Unternehmer die ausgewiesene Umsatzteuer; dies gilt auch dann, wenn die in der Rechnung bezeichnete Leistung nicht ausgeführt worden ist. Die Umsatzsteuerschuld besteht, solange die ausgestellte Rechnung nicht berichtigt worden ist.

 

Normenkette

UStG 1998 § 18 Abs. 8 S. 1 Nr. 1, § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1, § 3a Abs. 2 Nr. 4 S. 1, § 14 Abs. 3 S. 2, § 14c; UStDV 1998 § 51 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 4, § 54 Abs. 1 S. 1, § 53 Abs. 2 S. 1; AO § 37 Abs. 2, § 46 Abs. 1, 3, § 124 Abs. 2, §§ 168, 164, 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, § 173 Abs. 1 Nr. 2, § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 2, §§ 218, 233, 350, 168 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 13.12.2011; Aktenzeichen V B 39/11)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darum, ob der Klägerin ein Rückforderungsanspruch wegen im Jahre 1998 vermeintlich zu Unrecht gezahlter Umsatzsteuer gegen das beklagte Finanzamt (den Beklagten) zusteht. Jene Leistung war seinerzeit im Abzugsverfahren gemäß §§ 51 ff. der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV; hier in der 1998 geltenden Fassung – a. F. –) erfolgt.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), die Architekten- und Ingenieurleistungen auf den Gebieten Stadtbau und Hochbau erbringt und neben der Durchführung von Organisationsplanungen und ingenieurtechnischen Beratungen auch als Bauträger tätig wird. Sie hatte Ende der neunziger Jahre des ausgegangenen Jahrhunderts eine weitläufige Immobilie mit mehreren separaten Gebäuden in X errichtet. Während sich in den Gebäuden „I” und „II” dieses Immobilienprojekts auch gewerbliche Räume befanden, handelte es sich bei dem – hier allein in Rede stehenden – „Gebäude I” um eine reine Wohnimmobilie.

Im Jahre 1998 bemühte sich die Klägerin darum, das „Gebäude I” dieses Projekts zu veräußern. Nach den Angaben des alleinigen Geschäftsführers der Klägerin, Herrn A., erlangte hiervon einer seiner privaten Bekannten, ein Herr B., Kenntnis. Herr B habe ihm – so der Geschäftsführer der Klägerin weiter – sodann erklärt, dass er im … Land einen Interessenten für eine solche Immobilie habe; wenn es zu einem Vertragsabschluss komme, sei hierfür jedoch eine Verkaufsvermittlungsprovision fällig, die die Klägerin zu übernehmen habe. Später meldete sich bei der Klägerin ein Herr C., der seinerzeit der Geschäftsführer und Alleingesellschafter des Unternehmens „…” (Y GmbH) in Z war. Herr C erklärte der Klägerin, er wolle das „Gebäude I” in X entweder für sich selbst oder für die Y GmbH erwerben.

Sodann führte die Klägerin mit Herrn C und der durch diesen vertretenen Y GmbH Verkaufsverhandlungen, in deren Folge ein Kaufpreis für das „Gebäude I” von x.xxx.xxx DM ohne Ausweis von Umsatzsteuer vereinbart wurde. Für die spätere Entrichtung dieses Kaufpreises forderte die Klägerin von der Käuferseite eine Sicherheit. Daraufhin legte Herr C der Klägerin ein an die Y GmbH gerichtetes Schreiben des Rechtsanwalts R vom 17. Juli 1998 vor, in dem Rechtsanwalt R der Y GmbH bestätigte, dass im Hinblick auf den Erwerb des Objekts bei ihm bzw. bei seiner Sozietät ein Betrag von x.xxx.xxx DM hinterlegt worden sei. Auf eine telefonische Nachfrage der Klägerin verfasste Rechtsanwalt R ein weiteres anwaltliches Schreiben an die Y GmbH, in dem er – vorgeblich auf Anweisung der „Treugeberseite” – mitteilte, dass die Treugeberseite damit einverstanden sei, dass Herr C de...

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