rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO bei geänderter Rechtsauffassung. PreMaster-Programm eines Bachelorabsolventen begründet als Ausbildungsverhältnis einen Kindergeldanspruch

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein Steuerbescheid darf wegen nachträglich bekanntgewordener Tatsachen oder Beweismittel zugunsten des Steuerpflichtigen nur aufgehoben oder geändert werden, wenn das FA bei ursprünglicher Kenntnis der Tatsachen oder Beweismittel mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anders entschieden hätte. Eine Änderung nach § 173 Abs. 1 AO scheidet hingegen aus, wenn die Unkenntnis der später bekanntgewordenen Tatsache für die ursprüngliche Veranlagung nicht ursächlich (rechtserheblich) gewesen ist, weil das FA auch bei rechtzeitiger Kenntnis der Tatsache mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu keiner anderen Steuer gelangt wäre.

2. Das PreMaster-Programm eines Unternehmens zur Unterstützung von Bachelorabsolventen auf dem Weg zum Master ist ein Ausbildungsdienstverhältnis und begründet einen Kindergeldanspruch auch dann, wenn während dieser Zeit eine Erwerbstätigkeit (im Streitfall: Ausbildungsdienstverhältnis) ausgeübt wird.

 

Normenkette

AO § 173 Abs. 1; EStG § 62 Abs. 1 Nr. 1, § 63 Abs. 1 Nr. 1, § 32 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 S. 1 Nr. 2a)

 

Tenor

1. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger Kindergeld für seine Tochter B für die Monate Juni 2012 bis September 2012 zu gewähren. Soweit die Beklagte für diesen Zeitraum die Gewährung von Kinder abgelehnt hat, wird der Bescheid vom 22. September 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 4. Februar 2013 aufgehoben. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Der Kläger trägt 2/3 und die Beklagte 1/3 der Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 EUR,

hat der Kläger in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruches Sicherheit zu leisten. Bei einem vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruch bis zur Höhe von 1.500 EUR kann der Beklagte der vorläufigen Vollstreckung widersprechen, wenn der Kläger nicht zuvor in Höhe des vollstreckbaren Kostenanspruchs Sicherheit geleistet hat, §§ 151 FGO i.V.m. 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Gewährung von Kindergeld während der Unternehmensphase eines PreMaster-Programms bei der Firma Z.

Der Kläger (Kl) erhielt für seine im Oktober 1987 geborene Tochter B fortlaufend Kindergeld. Mit Bescheid vom 3. Mai 2012 hob die beklagte Familienkasse (Bekl) die Kindergeldfestsetzung ab August 2011 auf, nachdem die Tochter ihr Studium der Außenwirtschaft an der Hochschule X im Juli 2011 mit dem Bachelor-Abschluss beendet hatte. Der Aufhebungsbescheid wurde bestandskräftig. Im September 2012 beantragte der Kl ihm wieder Kindergeld zu zahlen. Seine Tochter sei seit dem 1. September 2012 an der Hochschule X im Master-Studiengang International Business Development eingeschrieben.

Mit Bescheid vom 22. September 2012 lehnte die Bekl den Kindergeldantrag ab, weil es sich bei dem Master-Studium nicht um eine Erstausbildung handeln würde. Hiergegen erhob der Kl Einspruch. Seine Tochter nehme seit dem 1. Oktober 2011 an dem PreMaster-Programm der Firma Z teil und befinde sich daher wieder in Ausbildung (vgl. Vertrag über die Teilnahme am Z PreMaster Programm vom 19. September 2011 – im folgenden PreMaster-Programm, Bl. 18 ff. d.A.). Mit dem PreMaster-Programm unterstütze die Firma Z Bachelorabsolventen auf dem Weg zum Master. In der einjährigen Unternehmensphase vom 1. Oktober 2012 bis zum 30. September 2012 seien seiner Tochter fachspezifische Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen als Vorbereitung für ihr Master-Studium vermittelt worden (§ 2 PreMaster-Programm). In dieser Zeit sei sie von einem persönlichen Mentor betreut worden (§ 3 PreMaster-Programm) und habe eine Vergütung von xxx EUR brutto erhalten (§ 4.2 PreMaster-Programm). Mit dem Beginn des Master-Studiengangs ab dem 1. Oktober 2012 habe die Masterphase des Z PreMaster Programms begonnen (§ 6 PreMaster-Programm). In dieser Phase sei seine Tochter freigestellt. Die Firma Z biete in dieser Phase die Möglichkeit, in den Semesterferien auf eigenen Wunsch zu arbeiten. Desweiteren gewähre die Firma Z einen Zinszuschuss bei Aufnahme eines Studienkredits für das Masterstudium.

Auf den Einspruch des Kl änderte die Bekl den angefochtenen Bescheid dahin ab, dass sie für den Monat Oktober 2012 – in dem die Tochter ihr 25. Lebensjahr vollendete –Kindergeld festsetzte. Im übrigen wies die Bekl den Einspruch mit Entscheidung vom 4. Februar 2013 als unbegründet zurück. Die Tochter des Kl habe im Juli 2011 ihr Bachelorstudium abgeschlossen, weshalb eine weitere Berufsausbildung des Kindes erst mit Beginn des Masterstudiums im September 2012 vorliege. Für den Monat September 2012 könne kein Kindergeld gewährt werden, weil die Tochter in diesem Monat noch bei der Firma Z...

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