Entscheidungsstichwort (Thema)

Mutter-Tochter-Richtlinie, Begriff des Quellensteuerabzugs, Abgabe auf Steuergutschriften nach dem britisch-niederländischen DBA stellt keinen Quellensteuerabzug dar

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Besteuerung wie durch die Abgabe von 5 %, die in dem Ausgangsverfahren in Rede stehenden Doppelbesteuerungsabkommen vorgesehen ist, stellt einen Steuerabzug an der Quelle auf die von einer Tochtergesellschaft an ihre Muttergesellschaft aussgeschütteten Gewinne im Sinne von Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie 90/435/EWG des Rates vom 23. Juli 1990 über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten dar, soweit sie die Dividenden erfasst, die die im Vereingten Königreich ansässige Tochtergesellschaft ihrer in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Muttergesellschaft zahlt. Dagegen stellt diese Besteuerung keinen nach Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie verbotenen Steuerabzug an der Quelle dar, soweit sie die Steuergutschrift erfasst, auf die diese Dividendenausschüttung im Vereinigten Königreich Anspruch eröffnet.

2. Artikel 7 Absatz 2 der Richtlinie 90/435 ist dahin auszulegen, dass er eine Besteuerung wie durch die Abgabe von 5 %, die in dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Doppelbesteuerungsabkommen vorgesehen ist, auch dann zulässt, wenn diese Abgabe einen Steuerabzug an der Quelle im Sinne von Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie darstellt, soweit sie auf die von der Tochtergesellschaft an ihre Muttergesellschaft ausgeschütteten Dividenden angewandt wird.

3. Die Prüfung der dritten Frage hat keine Form- oder Verfahrensfehler ergeben, die geeignet sind, die Gültigkeit von Artikel 7 Absatz 2 der Richtlinie zu beeinträchtigen.

 

Normenkette

EWGRL 435/90 Art. 5 Abs. 1, Art. 7 Abs. 2

 

Beteiligte

Océ van der Grinten

Océ van der Grinten NV

Commissioners of Inland Revenue

 

Verfahrensgang

Special Commissioners of Income Tax (Vereinigtes Königreich) (Beschluss vom 06.02.2001)

 

Tatbestand

Richtlinie 90/435/EWG - Körperschaftsteuer - Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten - Begriff des Steuerabzugs an der Quelle

In der Rechtssache C-58/01

betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 234 EG von den Special Commissioners of Income Tax (Vereinigtes Königreich) in dem bei diesen anhängigen Rechtsstreit

Océ van der Grinten NV

gegen

Commissioners of Inland Revenue

vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung des Artikels 5 Absatz 1 der Richtlinie 90/435/EWG des Rates vom 23. Juli 1990 über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten (ABl. L 225, S. 6), sowie über die Auslegung und die Gültigkeit des Artikels 7 Absatz 2 dieser Richtlinie

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Wathelet, (Berichterstatter) sowie der Richter D. A. O. Edward, A. La Pergola, P. Jann und A. Rosas,

Generalanwalt: A. Tizzano,

Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,

unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen

- der Océ van der Grinten NV, vertreten durch G. Aaronson, QC, und M. Barnes, QC,

- der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch J. E. Collins als Bevollmächtigten im Beistand von L. Henderson, QC, und R. Singh, Barrister,

- der italienischen Regierung, vertreten durch U. Leanza als Bevollmächtigten im Beistand von G. De Bellis, avvocato dello Stato,

- des Rates der Europäischen Union, vertreten durch J. Monteiro als Bevollmächtigten,

- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch R. Lyal als Bevollmächtigten,

aufgrund des Sitzungsberichts,

nach Anhörung der mündlichen Ausführungen der Océ van der Grinten NV, vertreten durch G. Aaronson und M. Barnes, der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch P. Ormond als Bevollmächtigte im Beistand von L. Henderson, QC, und M. Hoskins, Barrister, der italienischen Regierung, vertreten durch G. De Bellis, und der Kommission, vertreten durch R. Lyal, in der Sitzung vom 3. Oktober 2002,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 23. Januar 2003

folgendes

Urteil

1.

Die Special Commissioners of Income Tax (im Folgenden: Commisioners) haben mit Beschluss vom 6. Februar 2001, beim Gerichtshof eingegangen am 12. Februar 2001, gemäß Artikel 234 EG drei Fragen nach der Auslegung von Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie 90/435/EWG des Rates vom 23. Juli 1990 über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten (ABl. L 225, S. 6, im Folgenden: Richtlinie) sowie über die Auslegung und die Gültigkeit des Artikels 7 Absatz 2 dieser Richtlinie zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2.

Diese drei Fragen stellen sich im Rahmen eines Rechtsstreits der Océ van der Grinten NV (im Folgenden: Océ NV), einer Gesellschaft niederländischen Rechts mit Sitz in den Niederlanden, die 100 % des Kapitals der Gesellschaft englischen Rechts Océ UK Ltd hält, gegen die Commissioners of Inland Revenue (britische Steuerverwaltung), ...

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