Leitsatz

Erwirbt eine Person gleichzeitig sämtliche Anteile an einer Personengesellschaft, ist der Vorgang als Anschaffung der Wirtschaftsgüter des Gesellschaftsvermögens zu beurteilen.

 

Normenkette

§ 3 Satz 2 Nr. 2 Buchst. a, § 4 Abs. 1 FördG, § 255 Abs. 1 HGB, § 705 BGB

 

Sachverhalt

Die klagende KG beanspruchte Sonderabschreibungen nach § 4 FördG für ein bebautes Grundstück. Dieses Grundstück hatte zu einem großen Bestand an Grundstücken gehört, die aufgrund des Einigungsvertrags Eigentum eines Bundeslands geworden waren. Das Land hatte die Grundstücke über eine landeseigene GmbH meistbietend vermarktet. Das hier streitige Grundstück fiel zusammen mit zahlreichen anderen Grundstücken an einen Bieter, der die Grundstücke sogleich weiter vermarktete. Zu diesem Zweck hatte er für jedes Grundstück eine eigene GbR gegründet. Dadurch war es möglich, die Vermarktung des Grundstücks nicht nur durch Verkauf des Grundstücks, sondern auch durch Verkauf der GbR-Anteile durchzuführen. Letzteres Verfahren hatte den Vorteil, dass bestimmte Genehmigungen nicht eingeholt werden mussten.

So wurde auch im Fall des Grundstückserwerbs durch die Klägerin vorgegangen: Die Klägerin trat in die Rechte und Pflichten aus dem Kaufvertrag mit der landeseigenen GmbH ein und erwarb alle Anteile an der GbR. Nutzungen und Lasten des Grundstücks gingen am 31.12.1993 auf die Klägerin über.

Die Klägerin behandelte den Grundstückskaufpreis und den Kaufpreis für den Erwerb der GbR-Anteile als Anschaffungskosten des Grundstücks und nahm für den auf das Gebäude entfallenden Teil der Kosten im Jahr 1993 Sonderabschreibungen nach § 4 FördG i.H.v. 50 % vor.

FA und FG erkannten die Sonderabschreibungen nicht an, soweit sie sich aus der Anschaffung der GbR-Anteile ergaben. Denn Anteile an Personengesellschaften seien nicht nach dem FördG begünstigt.

 

Entscheidung

Der BFH gab der Revision der Klägerin in der Sache statt. Auch der für die GbR-Anteile gezahlte Preis gehöre zu den Anschaffungskosten des Grundstücks, denn die Anteile seien mit der Übertragung auf die Klägerin untergegangen. Wegen noch nachzuholender Feststellungen zur Höhe und Verteilung des Gewinns verwies der BFH das Verfahren an das FG zurück.

 

Hinweis

1. Eine Personengesellschaft kann eine Beteiligung an einer anderen Personengesellschaft halten (sog. doppelstöckige Personengesellschaft). In ihrer Handelsbilanz wird die Obergesellschaft die Beteiligung an der Untergesellschaft als Vermögensgegenstand ausweisen. In ihrer Steuerbilanz muss die Obergesellschaft hingegen anders verfahren, denn die Beteiligung an einer Personengesellschaft ist kein Wirtschaftsgut. Vielmehr betrachtet das Steuerrecht die Personengesellschaft nach noch h.M. hinsichtlich der Vermögenszuordnung als voll transparent, so dass der Beteiligte anstelle der Beteiligung nur seine Anteile an den Wirtschaftsgütern der Untergesellschaft zu bilanzieren hat. Anschaffungskosten der Beteiligung werden dadurch in der Steuerbilanz zu Anschaffungskosten für die Wirtschaftsgüter der Untergesellschaft.

2. Im Besprechungsfall ergab sich die Besonderheit, dass die Obergesellschaft alle Anteile an der Untergesellschaft in der Rechtsform einer GbR erworben hatte. Im Unterschied zur Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft kann der Gesellschafter einer Personengesellschaft nur einen Anteil an der Gesellschaft halten. Erwirbt er von den bisherigen Gesellschaftern sämtliche Anteile, geht die Personengesellschaft wegen Vereinigung aller Anteile in einer Person unter. In einem solchen Fall kann auch handelsrechtlich keine Beteiligung mehr bilanziert werden. Vielmehr sind die Anschaffungskosten der Gesellschaftsanteile zugleich Anschaffungskosten der Vermögensgegenstände und Schulden der untergegangenen Gesellschaft. Handels- und Steuerbilanz unterscheiden sich dann nicht mehr.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 8.9.2005, IV R 52/03

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