Leitsatz

1. Überlässt ein Steuerpflichtiger einen bislang seinem Einzelunternehmen zugeordneten Gegenstand einer sein Unternehmen fortführenden Personengesellschaft, an der er beteiligt ist, unentgeltlich zur Nutzung, so muss er die Entnahme dieses Gegenstands aus seinem Unternehmen nach § 3 Abs. 1b UStG versteuern.

2. Die Entnahme ist mit dem Einkaufspreis zu bemessen; die Wertentwicklung des entnommenen Gegenstands ist dabei zu berücksichtigen.

 

Normenkette

§ 1 Abs. 1a, § 2 Abs. 1 Satz 1, § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1, § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG, Art. 2 Abs. 1, Art. 4 Abs. 1, Art. 5 Abs. 6, Art. 5 Abs. 7 Buchst. c, Art. 5 Abs. 8, Art. 6 Abs. 5, Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. b 6. EG-RL

 

Sachverhalt

Der Kläger betrieb als Einzelunternehmer ein Ingenieurbüro. Er entwickelte eine Verseilmaschine. Diese ließ er von einem Fremdunternehmen fertigen und montieren. Er nahm den Vorsteuerabzug in Anspruch. Bei der Inbetriebnahme zeigte sich, dass die Maschine nicht funktionstüchtig war. Mit Ablauf des 30.4.2001 stellte der Kläger seine Ingenieurtätigkeit im Rahmen seines Einzelunternehmens ein. Ab dem 1.5.2001 setzte eine zuvor gegründete KG diese bisher vom Kläger ausgeübte Tätigkeit fort, an der der Kläger als Komplementär beteiligt war. Seine Unternehmensgegenstände übertrug der Kläger nicht auf die KG. Er überließ Verseilmaschine und Büroeinrichtung der Gesellschaft unentgeltlich zur Nutzung. Das FA ging davon aus, dass die unentgeltliche Überlassung der Gegenstände an die KG zu Entnahmen geführt habe, und erließ einen entsprechend geänderten Umsatzsteuerbescheid 2001. Die Entnahmen seien mit den (ertragsteuerlichen) Buchwerten in der Aufgabebilanz des Einzelunternehmens zu bemessen. Für die Verseilmaschine sei dieser Wert um einen erhaltenen Zuschuss sowie um Sonderabschreibung zu erhöhen. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 22.11.2011, 4 K 1497/06, Haufe-Index 2952668, EFG 2012, 1505) wies die Klage ab, da die unentgeltliche Überlassung des Sachanlagevermögens an die F-KG ertragsteuerrechtlich eine Überführung dieser Wirtschaftsgüter aus dem Betriebsvermögen des Klägers in sein Sonderbetriebsvermögen bei der F-KG sei und zugleich zu einer Entnahme nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG führe.

 

Entscheidung

Der BFH hob die Entscheidung der Vorinstanz auf und verwies die Sache an das FG zurück. Zwar habe das FG eine Geschäftsveräußerung zu Recht verneint und den Entnahmetatbestand zutreffend bejaht, da die Unternehmereigenschaft des Klägers mit der Gründung der KG geendet habe (wie Fall C). Das FG habe aber keine Feststellungen zum tatsächlichen Restwert der entnommenen Gegenstände getroffen.

 

Hinweis

Die Übertragung einer unternehmerischen Tätigkeit aus einem Einzelunternehmen in eine Gesellschaft kann umsatzsteuerrechtlich unangenehme Folgen haben.

1. Die Übertragung kann zu einer Geschäftsveräußerung führen.

a) Fall A: Eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung (§ 1 Abs. 1a UStG; Art. 5 Abs. 8 der 6. RL; Art. 19 der MwStSystRL) liegt insbesondere bei einem vollständigen Vermögensübergang vor.
b) Fall B: Geschäftsveräußerung kann auch der nur teilweise Übergang des Unternehmensvermögens auf die Gesellschaft sein. So liegt eine Geschäftsveräußerung auch vor, wenn einzelne für die Fortführung der Unternehmenstätigkeit notwendige Gegenstände von der Übereignung oder Einbringung ausgenommen sind, diese Gegenstände der Gesellschaft als Erwerber aber entgeltlich zur Nutzung überlassen werden und sich daraus kein Hindernis für die dauerhafte Fortführung der wirtschaftlichen Tätigkeit ergibt.
c) Fall C: Werden demgegenüber überhaupt keine Gegenstände des Einzelunternehmens in die Gesellschaft eingebracht, kommt eine Geschäftsveräußerung nicht in Betracht.
d) Fall D: Möglich ist auch, dass zwar im Hinblick auf einen teilweisen Vermögensübergang eine Geschäftsveräußerung vorliegt, die Nutzungsüberlassung zurückbehaltener Gegenstände an die Gesellschaft aber anders als im Fall B unentgeltlich erfolgt.

2. Liegt keine Geschäftsveräußerung vor (Fall C) oder ist bei einer Geschäftsveräußerung von einer unentgeltlichen Nutzungsüberlassung auszugehen (Fall D), entscheidet der Fortbestand der Unternehmerstellung des bisherigen Einzelunternehmers über die Vornahme einer Entnahmebesteuerung.

a) Der BFH ist in der Vergangenheit in ständiger Rechtsprechung von einem sog. Trennungsprinzip ausgegangen, nach dem über die Unternehmereigenschaft von Gesellschaft und Gesellschafter jeweils eigenständig zu entscheiden ist (BFH, Urteile vom 15.1.1987, V R 3/77, BStBl II 1987, 512 und vom 6.9.2007, V R 16/06, BFH/NV 2008, 1710, vgl. auchWäger, UR 2012, 911). Folge dieser Betrachtungsweise ist, dass die Übernahme der bisher vom ­Gesellschafter ausgeübten Unternehmenstätigkeit durch die Gesellschaft die Unternehmereigenschaft des Gesellschafters entfallen lässt.

Der bisherige Einzelunternehmer bleibt daher nur Unternehmer, wenn er neben der auf die Gesellschaft verlagerten Tätigkeit eine weitere...

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