OFD Nordrhein-Westfalen, Verfügung v. 24.7.2013, S 2262 - 1000 - St 167
Mit dem v.b. Beschluss hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entschieden, die Ungleichbehandlung von Verheirateten und Lebenspartnern im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes (LPartG) in den Vorschriften der §§ 26, 26b, 32a Abs. 5 EStG zum Ehegattensplitting stelle eine am allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zu messende mittelbare Ungleichbehandlung wegen der sexuellen Orientierung dar. Es hat diese Rechtsnormen daher mit Wirkung ab Inkrafttreten des LPartG am 1.8.2001 für mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar erklärt.
Das BVerfG hat den Gesetzgeber verpflichtet, den festgestellten Verfassungsverstoß unverzüglich rückwirkend zum Zeitpunkt der Einführung des Instituts der Lebenspartnerschaft zum 1.8.2001 zu beseitigen. Es hat mit dem Beschluss vom 7.5.2013 bis zur Neuregelung durch den Gesetzgeber unter Nr. 4 des Tenors folgende Übergangsregelung getroffen:
„§§ 26, 26b, 32a Abs. 5 EStG bleiben bis zum Inkrafttreten einer Neuregelung anwendbar mit der Maßgabe, dass auch Lebenspartner, deren Veranlagungen noch nicht bestandskräftig durchgeführt sind, mit Wirkung ab dem 1.8.2001 unter den für Ehegatten geltenden Voraussetzungen eine Zusammenveranlagung und die Anwendung des Splittingverfahrens beanspruchen können.”
Die Entscheidung des Gerichts hat gem. § 31 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG Gesetzeskraft. Die Entscheidungsformel ist zwischenzeitlich im BGBl 2013 I S. 1647 veröffentlicht worden. Deshalb ist die Finanzverwaltung für die Übergangszeit unmittelbar verpflichtet, für Partner einer Lebenspartnerschaft, deren Veranlagung noch nicht bestandskräftig durchgeführt wurde, bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen der §§ 26, 26b EStG Zusammenveranlagungen durchzuführen und den Splittingtarif (§ 32a Abs. 5 EStG) zu gewähren, soweit die Lebenspartner nicht die getrennte Veranlagung (ab 2013: Einzelveranlagung) nach § 26a EStG wählen. Für eine nach § 165 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO vorläufige Festsetzung oder den Erlass von Bescheiden nach den Grundsätzen der Einzelveranlagung i.S. des § 25 Abs. 1 EStG ist kein Raum.
Mit dem Gesetz zur Änderung des Einkommensteuergesetzes in Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 7.5.2013 (BGBl 2013 I S. 2397) wurde die vom BVerfG verlangte gesetzliche Neuregelung durch Einfügung eines Abs. 8 in § 2 EStG getroffen. Nach § 2 Abs. 8 EStG sind die Regelungen des EStG zu Ehegatten und Ehen auch auf Lebenspartner und Lebenspartnerschaften anzuwenden. Diese Regelung gilt gemäß § 52 Abs. 2a EStG in allen Fällen, in denen die Einkommensteuer noch nicht bestandskräftig festgesetzt ist. Damit kommt im Einzelfall eine rückwirkende Anwendung ab dem Veranlagungszeitraum 2001 in Betracht.
Derzeit arbeitet das Rechenzentrum an der automationsgestützten Umsetzung des Beschlusses des BVerfG. Hierzu sind jedoch zunächst noch zahlreiche verfahrensrechtliche, materiell-rechtliche sowie organisatorische Fragestellungen zu klären. Die Abstimmung der Rahmenbedingungen zwischen Bund und Ländern und die im Anschluss daran erforderlichen Programmänderungen werden noch einige Zeit in Anspruch nehmen und werden ggf. zu einer lediglich schrittweisen Bereitstellung von Programmleistungen führen.
In allen noch offenen Fällen sind aber bereits jetzt auf der Rechtsgrundlage des BVerfG-Beschlusses und des v.b. Änderungsgesetzes Zusammenveranlagungen durchzuführen. Die Bearbeitung anhängiger Einsprüche ist unverzüglich wieder aufzunehmen. Noch nicht veranlagte Steuererklärungen einer Lebenspartnerschaft sind unter Berücksichtigung des Eingangsdatums zu veranlagen.
Dabei muss zunächst mit den vorhandenen Programmen für die Zusammenveranlagung von Ehegatten gearbeitet und das Ergebnis manuell für Lebenspartnerschaften nachbearbeitet werden. Hierzu gelten zunächst folgende Regelungen:
1. Zuständigkeit für die Zusammenveranlagung
Sind für die Veranlagung der Lebenspartner unterschiedliche Finanzämter zuständig, hat gemäß § 25 AO dasjenige FA die Zusammenveranlagung durchzuführen, das zuerst mit der Sache befasst war.
Ist für die Veranlagung der Lebenspartner dasselbe FA zuständig, hat der Veranlagungsbezirk die Zusammenveranlagung durchzuführen, der für den in der Grunddatei zuerst erfassten Lebenspartner zuständig ist (vgl. nachstehend Tz. 2).
2. Inhalt der Grunddatei
Für die Lebenspartner ist eine neue Steuernummer zu vergeben.
Anredeschlüssel für Lebenspartner („Herr/Herr” bzw. „Frau/Frau”) stehen derzeit noch nicht zur Verfügung. Gleichwohl können bereits jetzt gemeinsame Steuernummern für Lebenspartner angelegt werden.
Für die Reihenfolge der Eintragung der Lebenspartner in der Grunddatei gilt folgender Grundsatz:
Die Zuordnung der Lebenspartner erfolgt in alphabetischer Reihenfolge nach den Nachnamen, bei Namensgleichheit nach den Vornamen der Lebenspartner. Bei gleichen Vor- und Nachnamen erfolgt die Eintragung nach dem Alter de...