OFD Münster, Verfügung v. 6.3.2012, Kurzinformation Einkommensteuer Nr. 48/2003

Seit dem 1.8.2001 können zwei Personen gleichen Geschlechts eine Lebenspartnerschaft nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz (LPartG) begründen. Das Rechtsinstitut der Lebenspartnerschaft ist zwar dem Rechtsinstitut der bürgerlichen Ehe i.S.v. Art. 6 GG, §§ 1303 ff. BGB nachempfunden, entspricht dieser aber nicht.

Mit dem „Gesetz zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften: Lebenspartnerschaften” vom 16.2.2001 (BGBl 2001 I S. 266) ist eine Vielzahl von Rechtsvorschriften im Hinblick auf die Einführung der Lebenspartnerschaft angepasst worden. Steuerrechtliche Regelungen sind nicht Gegenstand dieses Gesetzes.

Die §§ 26, 26b EStG lassen deshalb weiterhin lediglich die Zusammenveranlagung von Ehegatten zu, setzen also das Bestehen einer bürgerlichen Ehe zwischen Personen unterschiedlichen Geschlechts voraus. Lebenspartnern i.S.d. LPartG steht die Zusammenveranlagung wegen des eindeutigen Wortlauts – ebenso wie die getrennte Veranlagung von Ehegatten nach § 26a EStG und die besondere Veranlagung im Jahr der Eheschließung nach § 26c EStG – nicht offen. Entsprechende Anträge sind deshalb abzulehnen und für die Lebenspartner sind Einzelveranlagungen durchzuführen.

Zwar waren im Rahmen eines Lebenspartnerschaftsergänzungsgesetzes steuerrechtliche Regelungen für Lebenspartner vorgesehen. Aber auch in diesem Rahmen sollte für Lebenspartner nicht eine der Ehegattenveranlagung vergleichbare Veranlagungsform zugelassen sondern lediglich die Regelungen über das sog. Realsplitting gem. § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG auf diesen Personenkreis erweitert werden. Dem Lebenspartnerschaftsergänzungsgesetz hat der Bundesrat nicht zugestimmt, so dass es weiterhin keine besonderen steuergesetzlichen Regelungen für Lebenspartner gibt. Auf Grund der in § 5 LPartG normierten gesetzlichen Unterhaltsverpflichtung kommt lediglich die Berücksichtigung außergewöhnlicher Belastungen nach § 33a Abs. 1 EStG in Betracht.

Zwischenzeitlich sind bei einer Vielzahl von Finanzgerichten Klagen gegen die Ablehnung der Zusammenveranlagung bei eingetragener Lebenspartnerschaft anhängig. In zwei beim Finanzgericht Köln anhängigen Verfahren (Az. 6 K 1124/03 und 14 K 856/03) berufen sich die Kläger auf die Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes in Art. 3 GG und streben die Vorlage der Klagen beim Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 GG an. Ich habe deshalb keine Bedenken, Einsprüche mit Zustimmung der Einspruchsführer nach § 363 Abs. 2 AO ruhen zu lassen. Soweit Einspruchsführer dem Ruhen nicht zustimmen bitte ich mir Fälle wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage erst dann vorzulegen, wenn das Finanzgericht eine Entscheidung getroffen hat.

Mit Urteil vom 21.1.2004, 1 K 466/02 (DStZ 2004 S. 265, NJW 2004 S. 1268) hat das Finanzgericht des Saarlandes entschieden, dass die Versagung des Splittingtarifs für die gleichgeschlechtlichen Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft verfassungsgemäß ist. Die gegen das Urteil eingelegte Revision wurde mit Urteil vom 20.6.2006 (Az. des BFH: III R 8/04) als unbegründet zurückgewiesen.

In einem anderen Verfahren hat der BFH mit Urteil vom 26.1.2006, II R 51/05 dieselbe Entscheidung getroffen. Gegen das Urteil wurde Verfassungsbeschwerde erhoben (Az. 2 BvR 909/06). Darüber hinaus sind beim BFH noch weitere Revisionen zum gleichen Thema anhängig (Az. III R 11/05, III R 12/05, III R 13/05, III R 14/05).

Anhängige Einsprüche gegen die Durchführung von Einzelveranlagungen ruhen deshalb weiterhin gem. § 363 Abs. 2 Satz 2 AO.

Anträge auf Eintragung der Lohnsteuerklassen III bis V sind weiterhin abzulehnen. Wird unter Bezugnahme auf die zwischenzeitlich anhängige Revisionsverfahren vor dem BFH zur Vergabe der Steuerklassen III und V (Az. III R 1/12, vorhergehend FG Düsseldorf, Urteil vom 27.10.2011, 14 K 2269/11 L, sowie III R 2/12, vorgehend ebenfalls FG Düsseldorf, Urteil vom 27.10.2011, 14 K 1890/11 E), Einspruch eingelegt, ruht das Verfahren kraft Gesetzes (§ 363 Abs. 2 Satz 2 AO).

Mit Beschluss vom 9.11.2010, 10 V 309/10 hat das Niedersächsische Finanzgericht vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Ungleichbehandlung von Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft im ErbStG a.F. (Beschluss vom 21.7.2010, 1 BvR 611/07, 1 BvR 2464/07, DStR 2010 S. 1721) ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ablehnung der Zusammenveranlagung eingetragener Lebenspartner gehegt und daher die Aussetzung der Vollziehung des Einkommensteuerbescheides eines Lebenspartners zugelassen. Die gegen den Beschluss des Niedersächsischen Finanzgerichts gerichtete Beschwerde hat der BFH mit Beschluss vom 23.5.2011 aus formalen Gründen – ohne über die Streitfrage zu entscheiden – zurückgewiesen. Im Übrigen ist die Rechtsprechung der Finanzgerichte in dieser Frage uneinheitlich.

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