Steuerliche Betriebsprüfungen betreffen in Deutschland fast jedes Unternehmen, wobei größere Unternehmen häufiger geprüft werden als kleinere Unternehmen. Eine aktuelle PwC Studie[1] fasst die Beobachtungen von über 200 deutschen Unternehmen wie folgt zusammen:

  • Häufigster Prüfungszeitraum ist derzeit 2008 bis 2012
  • Eine deutliche Mehrheit der Unternehmen bestätigt, dass die Betriebsprüfungen heute einen höheren Aufwand verursachen als vor fünf Jahren. Und dies obwohl der digitale Datenzugriff durch die Betriebsprüfung stark zugenommen hat. D. h. die Betriebsprüfer investieren nun mehr Zeit in intensivere Analysen als in die Sammlung und Abstimmung von Daten.
  • Der grenzüberschreitende behördliche Informationsaustausch findet zunehmend statt. Bereits jedes vierte Unternehmen hat während der letzten Betriebsprüfung einen Austausch mit ausländischen Finanzverwaltungen erfahren.
  • Insbesondere bei Unternehmen mit mindestens 2.000 Mitarbeitern wurde ein Fachprüfer für Auslandsbeziehungen hinzugezogen.
  • Für weitere Einzelheiten wird auf die Studie verwiesen.

Nachfolgend fassen wir typische VP-Sachverhalte (nicht abschließend) zusammen, die häufig in Betriebsprüfungen aufgegriffen werden:

  • Funktions- und risikoarme Routinekonzerngesellschaften erzielen höhere Margen als konzernfremde unabhängige vergleichbare Unternehmen.
  • Funktions- und risikoarme Routinekonzerngesellschaften erzielen niedrigere Margen als konzernfremde unabhängige vergleichbare Unternehmen oder sie erleiden Dauerverluste.
  • Es sind grenzüberschreitende Funktionsverlagerungen[2] (z. B. Produktion, Kundenstamm, Know-how) durchgeführt worden, für die kein oder ein zu geringes Entgelt gezahlt worden ist.
  • VP-Anpassungen werden ohne bzw. mit unkonkreter vertraglicher Grundlage durchgeführt.
  • Eine Konzerngesellschaft verrechnet konzerninterne Dienstleistungen nicht oder zu günstig.
  • Eine Konzerngesellschaft verrechnet die konzerninterne Nutzungsüberlassung von immateriellen Wirtschaftsgütern (z. B. Produktions-Know-how, Patente, Marken, Kundenstamm) nicht oder zu günstig.
  • Es liegt keine oder keine verwertbare VP-Dokumentation vor.
  • Datenbankanalysen[3] (z. B. für Brutto-, Nettomargen, Gewinnaufschläge) sind zu alt oder anderweitig fehlerhaft bzw. nicht verwertbar.
  • Es sind VP-Anpassungen gegenüber einer Konzerngesellschaft im Drittland durchgeführt worden, wobei keine nachfolgende Zollwertanpassung erfolgt ist.

     

    Zusammenfassung

    Zusammenfassend gilt, dass steuerlich unangemessene VP zum einen erhebliche monetäre, aber auch Compliance-relevante Belastungen für das Unternehmen und/oder die Geschäftsführer/Abteilungsleiter verursachen können. Hierbei ist allerdings mit Augenmaß zu messen, da VP bekanntermaßen keine exakte Wissenschaft darstellen und Unternehmen auch bei großen Anstrengungen es kaum schaffen können, stets sämtliche konzerninternen Transaktionen steuerlich „richtig” zu verrechnen. Im Fokus von zumindest vernünftigen Betriebsprüfungen steht nicht die steuerliche Unangemessenheit im „Nachkommastellenbereich”, sondern die im Wesentlichen nicht-wertschöpfungsadäquate Verteilung des Konzernergebnisses auf die Konzerngesellschaften. Besonders kritisch im strafrechtlichen Sinne wird es jedoch, wenn Unternehmen nachhaltig ihr VP-System nicht anpassen (wollen), obwohl dieses in mehreren Betriebsprüfungen als steuerlich unangemessen beurteilt wurde.

    Unternehmen sollten sich dringend mit der Frage auseinandersetzen, in wie weit die aktuellen BEPS-Vorschläge Handlungsbedarf auslösen. Da das Ausmaß der Änderungen so groß ist, kann man davon ausgehen, dass jedes multinationale Unternehmen betroffen ist. Mit höchster Priorität sollten die Unternehmen einen „Country-by-Country-Reporting-Readiness-Check”[4] durchführen, da diese Finanzdaten bereits für Wirtschaftsjahre zu sammeln und auszuwerten sind, die am oder ab dem 1.1.2016 beginnen. Nach der hier vertretenen Auffassung sollte der Dokumentationsaufwand für die Unternehmen auf ein Minimum beschränkt sein und zumutbar bleiben und jede Finanzverwaltung sollte nur diejenigen Daten erhalten, die sie für die Überprüfung der Angemessenheit der lokalen VP benötigt. D. h., wenn im Land A eine Routinevertriebsgesellschaft aktiv ist, die auf Basis einer Nettomargenmethode vergütet wird, sind ausschließlich Daten dieser Gesellschaft im Land A sowie ggfs. Benchmarkanalysen notwendig, um die Angemessenheit der VP dieser Gesellschaft zu überprüfen.

    Es besteht dringender Handlungsbedarf, die Ressourcen der Abteilungen im Bundeszentralamt für Steuern (BZSt), die für die Durchführung von internationalen (Vorab-)Verständigungsverfahren zur Beseitigung von Doppelbesteuerungen verantwortlich sind, aufzustocken und die Finanzverwaltung sollte Maßnahmen ergreifen, um deutlich zeitnähere und vor allem auch zahlreichere grenzüberschreitende simultane Betriebsprüfungen („joint audits” mit einvernehmlichem Abschluss) zu ermöglichen.

[1] Vgl. „Betriebsprüfung 2015”, PwC AG, November 2015, www.pwc.de/BP_2015.
[2] Vgl. Teil B, Kapitel 14.2.
[3] Vgl. Teil ...

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