Leitsatz

Die Bundesrepublik Deutschland hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Art. 18 EG, 39 EG und 43 EG verstoßen, dass sie in § 2 Abs. 1 Satz 1 des Eigenheimzulagengesetzes in seiner 1997 bekannt gemachten und durch das Haushaltsbegleitgesetz 2004 geänderten Fassung die Gewährung der Eigenheimzulage an unbeschränkt ESt-Pflichtige für in einem anderen Mitgliedstaat belegene Wohnungen ausgeschlossen hat.

 

Normenkette

§ 2 Abs. 1 Satz 1 EigZulG, Art. 18, Art. 39, Art. 43 EG

 

Sachverhalt

Mit ihrer Klage beantragt die EG-Kommission die Feststellung, dass die Bundesrepublik Deutschland dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Art. 18, 39 und 43 EG verstoßen hat, dass sie in § 2 Abs. 1 Satz 1 EigZulG die Gewährung der Eigenheimzulage an unbeschränkt ESt-Pflichtige für in einem anderen Mitgliedstaat belegene Immobilien unabhängig davon ausgeschlossen hat, ob dort eine vergleichbare Förderung beansprucht werden kann.

 

Entscheidung

Der EuGH hat dem Antrag der Kommission entsprochen: § 2 Abs. 1 Satz 1 EigZulG und das ­darin verankerte Inlandserfordernis sind europarechtswidrig.

 

Hinweis

1. § 2 Abs. 1 Satz 1 EigZulG knüpfte bekanntlich die Gewährung der Eigenheimzulage für unbeschränkt Steuerpflichtige an die Voraussetzung an, dass die die von den Betreffenden zu eigenen Wohnzwecken hergestellten oder angeschafften Wohnungen im Inland belegen sind. Das aber, so das schlichte und kurzgefasste Verdikt des EuGH, verstößt sowohl gegen die EG-vertraglich verbürgte Freizügigkeit der Arbeitnehmer (Art. 39 EG) sowie die gleichermaßen verbürgte Freiheit der Niederlassung (Art. 43 EG).

Dass es dem Gesetzgeber nicht zuletzt darum ging, den Wohnungsbau in Deutschland zur Gewährleistung ausreichenden Wohnraums im Inland zu fördern, störte den EuGH nicht. Möge darin vielleicht auch ein tauglicher Rechtfertigungsgrund liegen, so sei die Inlandsvoraussetzung doch über das hinaus, was zur Erreichung des verfolgten Zwecks erforderlich sei. Die Vo­raussetzung ist also unverhältnismäßig. Denn das Ziel der Wohnungsnachfrage lasse sich ebensogut erreichen, wenn der Betreffende Wohnraum im Ausland nachsuche.

Das Ganze erinnert an die gesetzlich verlangte Inlandsanknüpfung bei der sog. Ansparabschreibung in § 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b EStG i.d.F. des UntStRefG 2008. Dazu sei hier auf die Praxis-Hinweise zu dem BFH-Urteil vom 11.07.2007, I R 104/05, in BFH-PR 2007, 420 verwiesen.

2. Ob sich dieses EuGH-Verdikt so eins zu eins umsetzen lassen wird, dünkt indes eher zweifelhaft: Denn der deutsche Gesetzgeber will Auslandsimmobilien eben nicht fördern. Dieses klare Regelungsgebot kann gemessen an den Vorgaben der grundgesetzlichen Zuständigkeitsverteilung nicht einfach überspielt werden. Weder der EuGH noch das nationale Gericht kann sich über jenen Regelungsbefehl einfach hinwegsetzen.

Wird der Gesetzgeber hier nicht tätig, dann könnte es eben dabei bleiben, dass die betreffenden Steuerpflichtigen mit ihrem Ansinnen auf Eigenheimzulage leerliefen. Möglicherweise liegt die Entscheidung des Gesetzgebers für eine gleichbehandelnde Begünstigung aber auch derart klar auf der Hand, dass ausnahmsweise anders entschieden werden könnte. Hilfsweise wäre auch zu erwägen, den Betroffenen anstelle des für sie nicht geltenden Gesetzesanspruchs einen entsprechenden (zivilrechtlichen) Ersatzanspruch gegen den Staat einzuräumen.

Auch dazu ist zu verweisen, nämlich auf die ­Praxis-Hinweise zu dem kürzlich ergangenen Schulgeld-Urteil des EuGH vom 11.09.2007, Rs. C-76/05 „Schwarz und Gootjes-Schwarz” in BFH-PR 2007, 456, auf den BFH-Beschluss vom 18.09.2007, I R 15/05 (in diesem Heft auf Seite 172 ff.) zu § 233a AO (und auch auf die Frage nach der ­Drittausdehnung der Gemeinnützigkeit im BFH-Beschluss vom 18.09.2007, I R 30/06 (in diesem Heft auf Seite 155 ff.).

 

Link zur Entscheidung

EuGH, Urteil vom 17.01.2008, Rs. C-152/05 -- Kommission vs. Bundesrepublik Deutschland --

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