Leitsatz

Erlässt ein Gläubiger dem Steuerpflichtigen eine Forderung, die als Dauerschuld zu behandeln ist, unter dem Vorbehalt der Besserung, so handelt es sich bei der Forderung nach Bedingungseintritt um eine neue Forderung, die nur dann eine Dauerschuld darstellt, wenn sie ihrerseits die Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 i.V.m. § 8 Nr. 1 GewStG erfüllt.

 

Normenkette

§ 8 Nr. 1 GewStG , § 12 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 GewStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH, schuldete einer ihrer beiden Gesellschafterinnen, einer ausländischen Ltd. (A-Ltd.), aufgrund eines Darlehensvertrags aus dem Jahr 1988 18 Mio. DM. Das Darlehen wurde im Zusammenhang mit dem Erwerb einer Schachtelbeteiligung aufgenommen und konnte jederzeit zurückgezahlt werden, spätestens jedoch am 31.12.1998.

Weiterhin schuldete die Klägerin ihrer anderen Gesellschafterin, ebenfalls einer ausländischen Ltd. (B-Ltd.), aufgrund von fünf Darlehensverträgen aus den Jahren 1990 bis 1992 insgesamt 42,25 Mio. DM. Die Klägerin hatte diese Darlehen in voller Höhe 30 Tage nach Abgabe einer schriftlichen Mitteilung der Gläubigerin zurückzuzahlen. Eine vorherige Rückzahlung war jederzeit im Ganzen oder zum Teil ohne Vertragsstrafe möglich.

Die Gläubigerinnen erließen der Klägerin mit Erlassverträgen in den Jahren 1990 bis 1992 die genannten Verbindlichkeiten, woraufhin diese ausgebucht wurden. Die gleich lautenden Erlassverträge enthielten die folgenden Regelungen:

„2. Die Gläubigerin verzichtet zum ... in voller Höhe auf die Darlehensforderung von ... Die Schuldnerin akzeptiert diesen Verzicht.

3. Die Gläubigerin ist berechtigt, den Betrag von ... , auf den verzichtet wurde, von der Schuldnerin unter der aufschiebenden Bedingung zu fordern, dass die Schuldnerin in der Zukunft einen Bilanzüberschuss erwirtschaftet bzw. einen Liquidationserlös erzielt.

4. Für die nach Abs. 3 entstehende Schuld gelten die gleichen Modalitäten (Verzinsung, Rückführung) wie für die nach Abs. 2 erloschene Schuld.”

Im Wirtschaftsjahr 1993 vereinnahmte die Klägerin die am 15.12.1993 beschlossene Vorabdividende einer Beteiligungsgesellschaft i.H.v. 86.871.525 DM und erzielte einen Jahresüberschuss, der die erlassenen Verbindlichkeiten überstieg. Aufgrund der verbesserten Ertragslage passivierte die Klägerin die seinerzeit erlassenen Verbindlichkeiten in Höhe von insgesamt 60,25 Mio. DM in ihrer Bilanz zum 31.12.1993.

Die Verbindlichkeiten wurden sämtlich im Lauf des Streitjahrs 1994 getilgt. Für dieses Jahr leistete die Klägerin ebenfalls die entstandenen Zinsen. Für die Zeit zwischen dem Erlass der Verbindlichkeiten und der erneuten Passivierung erfolgten keine Zinszahlungen.

Im Gegensatz zu der Klägerin behandelte das FA die Verbindlichkeiten, die den Einheitswert des BV auf den 1.1.1994 in voller Höhe gemindert hatten, als Dauerschulden gem. § 12 Abs. 2 Nr. 1 GewStG 1991. Die dagegen gerichtete Klage war erfolgreich (EFG 2002, 1186).

 

Entscheidung

Der BFH gab der Klägerin zwar in der Sache Recht, allerdings wohl in Gestalt eines Pyrrhus-Sieges. Denn er hob das FG-Urteil dennoch auf und verwies die Sache an das FG zur weiteren Sachaufklärung zurück: Zwar handele es sich bei den Verbindlichkeiten nach Besserungseintritt um neue Schulden, die als solche daraufhin zu überprüfen seien, ob sie Dauerschulden darstellten. Auf die ursprünglichen Verbindlichkeiten komme es insoweit nicht an.

Im Urteilsfall sei aufgrund der tatrichterlichen Feststellungen jedoch davon auszugehen, dass jedenfalls das Darlehen der A-Ltd., das zum Erwerb einer Schachtelbeteiligung genutzt worden sei, aufgrund dieses Verwendungszwecks eine Dauerschuld darstelle. Ob es sich bei dem Darlehen der B-Ltd. ähnlich verhalte, bleibe vom FG festzustellen.

 

Hinweis

1.Ausgangspunkt des Streits und zugleich der Verwaltungsauffassung ist eigentlich ein Urteil des BFH zur KSt, nämlich das Urteil vom 30.5.1990, I R 41/87 (BStBl II 1991, 588). Darin hatte der BFH Ausführungen dazu gemacht, ob die spätere Erfüllung einer zunächst vom Gesellschafter-Gläubiger einer Kapitalgesellschaft erlassenen Forderung nach Bedingungseintritt durch die Gesellschaft, den Darlehensschuldner, betrieblich oder aber gesellschaftlich veranlasst ist und deswegen ggf. eine vGA auslöst. Letzteres wurde verneint. Der Forderungsverzicht wurde in jenem Urteil aufgrund des von Anfang an vereinbarten Vorbehalts im Ergebnis so behandelt, als sei er nie erklärt worden. Die Gesellschaft erfüllte infolgedessen nur ihre ursprünglich eingegangene Verbindlichkeit. Eine gesellschaftliche Mitveranlassung schied aus.

2. Aus dieser Entscheidung hatte die Finanzverwaltung nun einen nicht gar so fern liegenden Rückschluss gezogen, nämlich jenen, dass die "Rückbeziehung" der ursprünglichen schuldrechtlichen Veranlassung der Schuld bei Besserungseintritt sich gleichermaßen gewerbesteuerrechtlich auswirke: Die ursprüngliche Schuld lebe sozusagen wieder auf, was zur Folge habe, dass sie auch ihren ursprünglichen Dauerschuldcharakter zurückerlange. Als solche sei sie zu behandeln und dem G...

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