Beteiligte

Kläger und Revisionsbeklagter

Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, Berlin 31, Ruhrstraße 2, Beklagte und Revisionsklägerin

Niedersächsisches Versorgungswerk der Rechtsanwälte, Celle, Bahnhofstraße 4

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob die beklagte Bundesversicherungsanstalt für Angestellte bei Eintritt bestimmter Umstände berechtigt ist, die Befreiung des Klägers von der Versicherungspflicht wegen Änderung der Verhältnisse aufzuheben.

Der Kläger ist selbständiger Rechtsanwalt. Seit dem 1. Dezember 1976 war er in der Angestelltenversicherung antragspflichtversichert. Außerdem wurde er zum 1. Januar 1984 kraft Gesetzes Mitglied des beigeladenen "Niedersächsischen Versorgungswerks der Rechtsanwälte" (Versorgungswerks). Zu diesem entrichtet er Beiträge in der Höhe, wie er sie bei Fortbestand der Versicherungspflicht in der Angestelltenversicherung entrichten müßte. Diese Beitragshöhe will er jedoch nur beibehalten, soweit das für die Befreiung von der Versicherungspflicht in der Angestelltenversicherung nach § 7 Abs. 2 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) erforderlich ist. Ansonsten will er die Beiträge auf die Hälfte senken.

Die Befreiung von der Versicherungspflicht in der Angestelltenversicherung beantragte der Kläger im August 1985. Die Beklagte entsprach dem Antrag mit Bescheid vom 12. September 1985 vom 1. August 1985 an. Die Befreiung gelte für die Dauer der Pflichtmitgliedschaft und einer daran anschließenden freiwilligen Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung, soweit Versorgungsabgaben in gleicher Höhe geleistet würden, wie ohne die Befreiung Beiträge zur Rentenversicherung der Angestellten zu entrichten gewesen wären. Sie (die Beklagte) habe bei Wegfall der Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 AVG die Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 48 des Sozialgesetzbuches - Verwaltungsverfahren - (SGB X) zu widerrufen. Wegen dieses Hinweises erhob der Kläger Widerspruch, der jedoch erfolglos blieb (Widerspruchsbescheid vom 23. Juni 1986).

Der Kläger hat Klage beim Sozialgericht (SG) Hannover erhoben. Seinen Hauptantrag hat er auf Feststellung gerichtet, die Befreiung hänge nicht davon ab, daß er an das Versorgungswerk Beiträge in gleicher Höhe zahle, wie ohne die Befreiung Beiträge zur Angestelltenversicherung zu entrichten gewesen wären. Hilfsweise (bei Unzulässigkeit der Feststellungsklage) hat er die Aufhebung des Befreiungsbescheides vom 12. September 1985 (hinsichtlich des Hinweises) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Juni 1986 beantragt. Das SG hat mit Urteil vom 15. Januar 1988 die Feststellungsklage für zulässig gehalten und ihr in der Sache stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist durch Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Niedersachsen vom 26. April 1989 zurückgewiesen worden: § 7 Abs. 2 AVG rechtfertige es nicht, die Befreiung Selbständiger von der Höhe der Beiträge zur Versorgungseinrichtung abhängig zu machen. Die Vorschrift stelle nur generelle Anforderungen an deren Satzung, die von der vorliegenden Satzung des Beigeladenen erfüllt würden.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten. Sie rügt eine Verletzung des § 7 Abs. 2 AVG.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des LSG vom 26. April 1989 und das Urteil des SG vom 15. Januar 1988 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Der Beigeladene hat sich im Revisionsverfahren nicht geäußert und auch keine Anträge gestellt.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision der Beklagten ist begründet. Der von ihr in den Befreiungsbescheid vom 12. September 1985 aufgenommene Hinweis, daß der Bescheid insbesondere zu "widerrufen" sei, wenn Beiträge zur Versorgungseinrichtung ("Versorgungsabgaben") nicht in Höhe der Beiträge zur Angestelltenversicherung geleistet würden, entspricht der Rechtslage. Die gegenteilige Feststellung des SG und deren Bestätigung durch das LSG treffen in der Sache nicht zu.

Da die Vorinstanzen den vom Kläger in erster Linie gestellten Feststellungsantrag zutreffend für zulässig gehalten haben, bedarf es keiner Entscheidung über den Aufhebungsantrag, der lediglich hilfsweise für den Fall der Unzulässigkeit der Feststellungsklage gestellt worden ist. Für eine Aufhebungsklage fehlt auch ein geeigneter Anfechtungsgegenstand. Der genannte Hinweis im Befreiungsbescheid vom 12. September 1985 ist selbst kein Verwaltungsakt. Er ist auch keine Nebenbestimmung (Befristung, Bedingung oder Auflage) i.S. des § 32 SGB X, deren Anfechtung in Betracht kommen könnte. Das geht schon daraus hervor, daß die Beklagte im Befreiungsbescheid auf § 48 SGB X Bezug genommen hat. Daß sie für den Fall des Eintritts bestimmter neuer Umstände einen "Widerruf" des Befreiungsbescheides (vgl. dazu §§ 46 und 47 SGB X) und nicht eine "Aufhebung" (iS des gesetzlichen Sprachsgebrauchs in § 48 SGB X) angekündigt hat, ist unerheblich. Aus dem Hinweis geht eindeutig hervor, daß die Beklagte den Eintritt bestimmter Umstände als wesentliche Änderung der Verhältnisse i.S. des § 48 SGB X ansehen und zum Anlaß für eine Aufhebung des Befreiungsbescheides nehmen wollte. Damit enthielt der Hinweis die Ankündigung eines ggf zu erlassenden Aufhebungsbescheides, d.h. eines zukünftigen Verwaltungsaktes. Bei einer derartigen Ankündigung ist die sog "vorbeugende Feststellungsklage" (§ 55 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫) gegeben (vgl. Meyer-Ladewig, Komm zum SGG, 4. Aufl, § 55 SGG RdNr 8). Zwar fehlt für eine derartige Klage das Feststellungsinteresse (§ 55 Abs. 1 SGG) und damit das Rechtsschutzbedürfnis, wenn es dem Betroffenen zumutbar ist, zunächst die Entscheidung der Behörde (hier: über die Aufhebung der Befreiung) abzuwarten (vgl. Kopp - Verwaltungsgerichtsordnung - ≪VwGO≫, 7. Aufl Vorbem 33 zu § 40 VwGO). Ein solcher Fall liegt aber hier nicht vor. Dem Kläger ist nicht zuzumuten, zunächst geringere als die von der Beklagten für erforderlich gehaltenen Beiträge an das Versorgungswerk zu entrichten, um einen dann zu erwartenden Aufhebungsbescheid anfechten zu können. Denn für die Dauer eines Rechtsstreits über die Rechtmäßigkeit des Aufhebungsbescheides würde er im Fall des Unterliegens sowohl Pflichtbeiträge an die Beklagte als auch die (bestenfalls auf den "Regelpflichtbeitrag") verminderten Beiträge an das Versorgungswerk zu tragen haben, also gerade seine derzeitige finanzielle Belastung erhöhen, statt sie - wie angestrebt - weiter zu senken.

Die Feststellungsklage war aber unbegründet. Gemäß § 7 Abs. 2 AVG in seiner ursprünglichen Fassung des Art 1 des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (AnVNG) vom 23. Februar 1957 (BGBl. I S. 88) - heute: § 7 Abs. 2 erster Satzteil AVG - werden auf ihren Antrag von der Versicherungspflicht Personen befreit, die aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglieder einer öffentlich-rechtlichen Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe sind. Diese Voraussetzungen lagen bei der Befreiung des Klägers durch die Beklagte im September 1985 vor. Denn er war seit Ende 1976 in der Angestelltenversicherung versicherungspflichtig. Außerdem war er durch das "Gesetz über das Niedersächsische Versorgungswerk der Rechtsanwälte" vom 14. März 1982 (Nds GVBl. S. 65) i.V.m. der dazu ergangenen Satzung des Versorgungswerks (NdsRpfl 1983, 267) seit dem 1. Januar 1984 Pflichtmitglied des Versorgungswerks. Daß die Versicherungspflicht in der Angestelltenversicherung auf dem Antrag des Klägers beruhte (§ 2 Abs. 1 Nr. 11 AVG), stand seiner Befreiung nicht entgegen, zumal seine Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Versorgungseinrichtung später als die Antragspflichtversicherung begonnen hatte. In diesem Sinn hat der erkennende Senat bereits in seinen Urteilen vom 28. April 1982 (SozR 2400 § 7 Nr. 3) und vom 9. Dezember 1982 (SozR 2400 § 7 Nr. 4) entschieden. An dieser Rechtsprechung hält er fest.

Die Befreiung ist indes durch das Gesetz zur Einführung eines Mutterschaftsurlaubs vom 25. Juni 1979 (BGBl. I S. 797) erschwert worden. Nach einem durch Art 3 Nr. 2 Buchst b dieses Gesetzes dem § 7 Abs. 2 AVG angefügten Satzteil ist sie nur zulässig, "wenn für die angestellten Mitglieder nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zu entrichten sind und auf Grund dieser Beiträge Leistungen für den Fall der Invalidität und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepaßt werden … ". Da die Befreiung ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung ist, hängt auch ihr Fortbestand davon ab, daß der Befreite diese Voraussetzungen weiterhin erfüllt. Die zitierte Regelung ist allerdings auf die Befreiung von antragspflichtversicherten Selbständigen nicht zugeschnitten, weil die Befreiung dem Gesetzeswortlaut nach lediglich davon abhängig gemacht wird, daß die Satzung der Versorgungseinrichtung für "angestellte" Mitglieder bestimmten Anforderungen genügt. Es besteht jedoch kein Anlaß zu der Annahme der Vorinstanzen, der Gesetzgeber habe mit dieser Formulierung die für eine Befreiung notwendigen Anforderungen an die Satzung auf angestellte Pflichtmitglieder der Versorgungseinrichtung beschränken wollen. Vielmehr liegt hinsichtlich der antragspflichtversicherten Selbständigen eine Regelungslücke vor.

Als die Befreiung im Jahre 1957 in § 7 Abs. 2 AVG geregelt wurde, waren nur kleine Gruppen von Selbständigen angestelltenversicherungspflichtig, z.B. unter bestimmten Voraussetzungen selbständige Erzieher, Lehrer und Musiker, Artisten und Hebammen (§ 2 Abs. 1 Nrn 3 - 6 AVG); für sie bestand eine volle berufsständische Versorgung nicht. Als durch Art 1 § 2 Nr. 2 Buchst b des Rentenreformgesetzes (RRG) 1972 vom 16. Oktober 1972 (BGBl. I 1965) die Nr. 11 des § 2 Abs. 1 AVG und damit für Selbständige die Versicherungspflicht auf Antrag geschaffen wurde, gab es zunächst aus tatsächlichen Gründen keinen Bedarf, die Befreiung dieses Personenkreises von der Versicherungspflicht näher zu regeln. Denn es war im allgemeinen nicht zu erwarten, daß Selbständige, die sich durch einen eigenen Antrag der Versicherungspflicht unterworfen hatten, schon wenig später ein Interesse daran haben könnten, sich wieder von der Versicherungspflicht befreien zu lassen. Dieses war umso weniger abzusehen, als die berufsständische Versorgung damals noch weniger entwikkelt war als heute. Dementsprechend war auch die Frage, ob sich Antragspflichtversicherte überhaupt nach § 7 Abs. 2 AVG befreien lassen konnten, noch im Jahre 1979 nicht höchstrichterlich geklärt, als diese Vorschrift durch Anfügen des "wenn"-Satzes ergänzt wurde. Hierbei hat der Gesetzgeber demnach lediglich an solche Mitglieder von Versorgungseinrichtungen gedacht, die wegen einer abhängigen Beschäftigung der Angestelltenversicherungspflicht unterlagen und sich hiervon befreien lassen wollten. Erst als der erkennende Senat drei Jahre später durch die beiden genannten Urteile aus dem Jahre 1982 (SozR 2400 § 7 Nrn 3, 4) die Möglichkeit der Befreiung grundsätzlich auch für die antragspflichtversicherten Selbständigen anerkannt hatte, stellte sich die Frage, ob die im "wenn-Satz" des § 7 Abs. 2 AVG enthaltenen Anforderungen auch für sie erfüllt sein müssen.

Die Gleichheit von Normzweck und Interessenlage bei angestellten und selbständigen Versicherungspflichtigen der Angestelltenversicherung, die zugleich Mitglieder berufsständischer Versorgungseinrichtungen sind, gebietet es, beide Gruppen gleichzubehandeln. Antragspflichtversicherte Selbständige unterscheiden sich, wenn sie die Pflichtversicherung in der Rentenversicherung einmal begründet haben, rechtlich nicht mehr wesentlich von Angestellten, deren Versicherungspflicht auf einer abhängigen Beschäftigung beruht. Ein Austritt aus der Versicherung ist bei Fortbestehen der selbständigen Tätigkeit grundsätzlich unzulässig. Auf die Antragspflichtversicherung trifft daher der Sinn und Zweck des § 7 Abs. 2 AVG ebenso zu wie auf versicherungspflichtige Angestellte. Die Regelung verschafft nach ihrem Eingangssatz denjenigen, die sowohl versicherungspflichtig in der Angestelltenversicherung als auch Pflichtmitglieder einer berufsständischen Versorgungseinrichtung sind, das Recht, durch die Befreiung eine doppelte Beitragsentrichtung (mit dem Ergebnis einer Doppelversorgung) zu vermeiden und sich für die Sicherung allein in der Versorgungseinrichtung zu entscheiden. Dieses ist aber nach dem Inhalt des "wenn"-Satzes nur gestattet, wenn die Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung beitrags- und leistungsrechtlich als etwa gleichwertige Alternative zur Angestelltenversicherung angesehen werden kann. Der Kläger hat demgegenüber die Vorsorge nicht nur bereits im Wege der Befreiung auf den einen der beiden Zweige (berufsständische Versorgung) beschränkt, sondern will in diesem einen Zweig die Vorsorge beitrags- und leistungsrechtlich auch noch halbieren. Dieses geht über den Zweck des Gesetzes hinaus. Das wird durch die künftige Befreiungsregelung in § 6 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgesetzbuchs - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) i.d.F. des Art 1 des Rentenreformgesetzes 1992 vom 18. Dezember 1989 (BGBl. I 2261) bestätigt. Danach erfaßt der "wenn"-Satz künftig auch dem Wortlaut nach eindeutig selbständig Tätige mit. Das hat nach der geschilderten Entwicklung jedoch lediglich klarstellende und keine rechtsändernde Bedeutung, wie auch in der Begründung des Gesetzentwurfs (BR-Drucks 120/89 S. 151 zu § 6) zum Ausdruck kommt ("§ 6 Abs. 1 Nr. 1 entspricht § 7 Abs. 2 AVG").

Die Regelung in § 7 Abs. 2 ("wenn"-Satz) AVG verlangt nicht unmittelbar, daß zu der Versorgungseinrichtung lückenlos Beiträge in derselben Höhe entrichtet werden müssen, wie sie bei bestehender Versicherungspflicht und der damit grundsätzlich einhergehenden Beitragspflicht in der Angestelltenversicherung zu entrichten wären. Sie überläßt die Ausgestaltung vielmehr in Einzelheiten der Satzung (vgl. BSG SozR 2400 § 7 Nr. 5). Dementsprechend kann es möglicherweise für eine Befreiung unschädlich sein, wenn die Satzung mit niedrigeren einkommensbezogenen Beiträgen ein ähnlich hohes Leistungsniveau wie die Angestelltenversicherung gewährleistet oder wenn sie solche Zeiten beitragsfrei läßt, die bei grundsätzlich bestehender Versicherungspflicht auch in der Rentenversicherung beitragsfrei wären, zumal wenn sie gleichwohl leistungssteigernd angerechnet werden (vgl. dazu BSG SozR 2400 § 7 Nrn 5, 6). Anders ist es jedoch, wenn die Satzung der Versorgungseinrichtung eine allgemeine Beitragsermäßigung vorsieht oder zuläßt, bei der nicht mehr gewährleistet ist, daß "aufgrund der Beiträge Leistungen für den Fall der Invalidität und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepaßt werden … ". Diese Voraussetzung ist nur erfüllt, wenn die Satzung der Versorgungseinrichtung Leistungen vorsieht, die mit denen der gesetzlichen Rentenversicherung etwa gleichwertig sind (BSG SozR 2400 § 7 Nr. 6). Dazu ist die Versorgungseinrichtung im Zweifel nur bei Erhebung gleich hoher Beiträge in der Lage. Diesen Anforderungen wird die Satzung des beigeladenen Versorgungswerks für Antragspflichtversicherte nicht gerecht, weil sie für diesen Personenkreis eine weitgehende Beitragsermäßigung zuläßt. Die Leistungen des Versorgungswerks werden nämlich nach der Höhe der geleisteten Beiträge berechnet (vgl. § 14 Nrn 1 und 5 der Satzung). Es erscheint als ausgeschlossen, daß mit dem vom Kläger erstrebten "Regelpflichtbeitrag" in Höhe nur der Hälfte der ggf zur gesetzlichen Angestelltenversicherung zu leistenden Beiträge (§ 24 Nrn 1 und 6 der Satzung) noch ein der gesetzlichen Angestelltenversicherung vergleichbares Leistungsniveau gewährleistet wird. Davon geht das beigeladene Versorgungswerk offenbar auch selbst aus. Denn in § 24 Nr. 3 der Satzung wird von angestellten Rechtsanwälten, die gemäß § 7 Abs. 2 AVG von der Rentenversicherungspflicht befreit sind, ein Pflichtbeitrag in derselben Höhe verlangt, wie er sich aus § 112 Abs. 1 - 3 AVG in der jeweils geltenden Fassung ergibt. Enthält demnach die Satzung eine entsprechende Bestimmung (wie in § 24 Nr. 3 der Satzung) für den Personenkreis der Antragspflichtversicherten nicht, so hätte die Beklagte sogar eine Ablehnung der Befreiung in Betracht ziehen müssen. Die Beklagte hat den Kläger indessen gleichwohl befreit, weil er vorerst tatsächlich Beiträge in adäquater Höhe entrichtet. Dabei kann dahinstehen, ob die Befreiung zu Recht erfolgt ist, weil der Befreiungsbescheid vom 12. September 1985 insoweit nicht angefochten worden ist.

Jedenfalls aber stünde der Beklagten das Recht zu, den Befreiungsbescheid als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung aufzuheben, wenn der Kläger die erforderliche und bisher tatsächlich auch eingehaltene Beitragshöhe nicht mehr beibehält, sondern sie, wie beabsichtigt, auf den "Regelpflichtbeitrag" oder einen persönlichen Pflichtbeitrag absenkt, der niedriger als 10/10 der nach § 112 Abs. 1 - 3 AVG zu entrichtenden Beiträge ist (§ 24 Nrn 1, 2, 5 der Satzung). Dieses gilt unabhängig davon, ob die Befreiung selbst rechtmäßig oder rechtswidrig war. War sie rechtens, obwohl die Satzung eine ständige Entrichtung von Beiträgen in der erforderlichen Höhe nicht gewährleistete, dann war die tatsächliche Entrichtung solcher Beiträge rechtliche Voraussetzung für die Befreiung und eine Änderung dieses Umstandes eine wesentliche Änderung der Verhältnisse. In diesem Fall kann der Bescheid bei einem Absinken der Beitragshöhe ohne weiteres nach § 48 SGB X aufgehoben werden. Aber auch wenn die Befreiung zu Unrecht erfolgt war, weil trotz tatsächlicher Entrichtung von Beiträgen in der erforderlichen Höhe die Satzung den genannten Anforderungen nicht genügte, so wäre die Beklagte bei einer späteren Senkung der laufend entrichteten Beiträge zur Aufhebung berechtigt. Denn sie hat jedenfalls die Befreiung nur ausgesprochen, weil sie die Höhe der vom Kläger tatsächlich entrichteten Beiträge für maßgeblich hielt. Ändern sich bei rechtswidrigen Bescheiden mit Dauerwirkung die bei Erlaß des Bescheides für maßgeblich angesehenen Umstände, so kann und muß der Bescheid ebenfalls aufgehoben werden (BSG SozR 1300 § 48 Nr. 13).

Nach allem war der in dem Befreiungsbescheid vom 12. September 1985 (und in dem Widerspruchsbescheid vom 23. Juni 1986) enthaltene Hinweis zutreffend, daß der Bescheid unter der genannten Voraussetzung aufzuheben (zu "widerrufen") sei. Deshalb erwies sich die auf Feststellung der Unrichtigkeit des Hinweises gerichtete Klage als unbegründet. Somit war der Revision der Beklagten stattzugeben und die Klage abzuweisen.

Über die Kosten hat der Senat nach § 193 SGG entschieden.

 

Fundstellen

BB 1992, 1494

BB 1992, 643

NJW 1992, 1717

NZA 1992, 478

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