Entscheidungsstichwort (Thema)

Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz. betriebliche Voraussetzung. Analogieverbot

 

Orientierungssatz

Eine erweiternde Auslegung über die in § 1 Abs 1 AAÜG selbst angelegte Modifikation hinaus ist nicht erlaubt, sodass ein Analogieverbot besteht. Um dieses Analogieverbot nicht zu unterlaufen, hat sich eine Auslegung der abstrakt generellen Regelungen des Versorgungsrechts strikt am Wortlaut zu orientieren (vgl BSG vom 7.9.2006 = B 4 RA 41/05 R = SozR 4-8570 § 1 Nr 11).

 

Normenkette

AAÜG § 1 Abs. 1, §§ 5, 8; AAÜG Anl 1 Nr. 1; ZAVtIV; ZAVtIVDBest 2; RAnglG; SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1, § 160a Abs. 2 S. 3

 

Verfahrensgang

LSG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 11.01.2007; Aktenzeichen L 21 RA 255/04)

SG Frankfurt (Oder) (Urteil vom 21.07.2004; Aktenzeichen S 9 RA 663/03)

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 11. Januar 2007 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I. Zwischen den Beteiligten ist in der Hauptsache streitig, ob die Beklagte verpflichtet ist, Beschäftigungszeiten des Klägers in der DDR als Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) und die dabei erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.

Dem Kläger wurde in der DDR im Januar 1978 das Recht verliehen, die Berufsbezeichnung "Ingenieur für Landtechnik" zu führen. Zuletzt war er 1979 bis 30.6.1990 im VEB Kreisbetrieb für Landtechnik (KfL) E. tätig. In ein Versorgungssystem der DDR war er nicht einbezogen worden.

Den Antrag des Klägers, seine Beschäftigungszeiten vom 15.9.1961 bis 30.6.1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zur AVItech und die dabei erzielten Arbeitsentgelte festzustellen, lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 12.5.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.9.2003). Im Klage- und Berufungsverfahren hatte der Kläger keinen Erfolg. Mit seiner Beschwerde wendet er sich gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts vom 11.1.2007.

II. Die Beschwerde ist unzulässig. Der Kläger hat den allein geltend gemachten Zulassungsgrund einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫) nicht in der gebotenen Weise dargelegt (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG).

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie geeignet ist, die Rechtseinheit zu erhalten oder die Fortbildung des Rechts zu fördern. Dass und warum dies der Fall ist, muss sich allein aus der Beschwerdebegründung ergeben. Der Beschwerdeführer muss die im angestrebten (späteren) Revisionsverfahren zu beantwortende Rechtsfrage klar und unmissverständlich bezeichnen und darlegen, dass diese von allgemeiner Bedeutung, klärungsfähig und klärungsbedürftig ist (vgl ua BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 1).

Der Kläger misst der Frage grundsätzlich Bedeutung bei,

ob er "neben der verlangten Berufsbezeichnung und der entsprechenden tatsächlich ausgeübten Tätigkeit in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder einem gleichgestellten Betrieb tätig war".

Abgesehen von der schon sprachlich irritierenden Formulierung hätte der Kläger keine Rechtsfrage formuliert. Es wird auch nicht deutlich, aus welcher Norm des Bundesrechts, die allein Gegenstand der angestrebten (späteren) revisionsgerichtlichen Prüfung sein könnte (§ 162 SGG), die Frage hergeleitet wird. Soweit der Kläger meint, es sei von grundsätzlicher Bedeutung festzustellen, in welchem Betrieb er beschäftigt war, stellt er keine Rechts-, sondern eine Tatsachenfrage.

Allerdings deuten seine Ausführungen (S 2 Abs 3 bis 5 der Beschwerdebegründung) darauf hin, es könne ihm um die abstrakt-generelle Klärung des Ausdrucks "Produktionsbetrieb" im Sinne der Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (2. DB) vom 24.5.1951 (Gesetzblatt der DDR S 487) gehen. In diesem Fall hätte er zwar eine Rechtsfrage formuliert, nicht aber deren Klärungsbedürftigkeit dargelegt. Denn er hat nicht deutlich gemacht, warum sowohl der Begriff des (volkseigenen) "Produktionsbetriebes der Industrie" als auch der des (volkseigenen) "Produktionsbetriebes des Bauwesens" unter Zugrundelegung der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht geklärt sind (vgl dazu: BSG, Urteil vom 9.4.2002, B 4 RA 41/01 R, SozR 3-8570 § 1 Nr 6 ≪S 43 ff≫; Urteil vom 8.6.2004, B 4 RA 57/03 R, SozR 4-8570 § 1 Nr 3 ≪RdNr 16, 20≫).

Die anschließenden Ausführungen in der Beschwerdebegründung (S 2 Abs 5 ff) lassen jedoch erkennen, dass es ihm nicht um die abstrakt-generelle Klärung des Ausdrucks "Produktionsbetrieb", sondern darum geht, ob sein Beschäftigungsbetrieb, nämlich der VEB KfL E., versorgungsrechtlich ein gleichgestellter Betreib war. Dies belegt zum einen, die benannte Rechtsnorm; der Kläger bezieht sich ausschließlich auf § 1 Abs 2 der 2. DB. Zum anderen stellt er in den Mittelpunkt seiner Ausführung, dass in § 1 Abs 2 der 2. DB die Maschinen-Ausleih-Stationen aufgeführt werden und sein Beschäftigungsbetrieb bei Inkrafttreten der 2. DB im Jahre 1951 eine Maschinen-Ausleih-Station (MAS) gewesen sei. Durch die "Umfirmierung" (gemeint wohl: die Fortführung als "KfL") sei er nicht aus dem Anwendungsbereich der 2. DB ausgeschieden; denn naturgemäß habe der "Gesetzgeber" (gemeint wohl: der Normgeber der 2. DB) im Jahre 1951 ausschließlich die damals bestehenden Betriebe innerhalb der "Privilegierung" aufzählen können. Firmiere sich ein "Normadressat" um, verbleibe aber "in der Zielrichtung der Norm" aus dem Jahre 1951, habe für den Normgeber kein Anlass bestanden, das Versorgungsrecht zu ändern.

Unter Zugrundelegung dieser Ausführungen kann zu Gunsten des Klägers unterstellt werden, dass er der Frage grundsätzliche Bedeutung beimessen will,

ob ein als MAS gegründeter Betrieb auch nach seiner "Umfirmierung" in einen KfL ein gleichgestellter Betreib iS des § 1 Abs 2 der 2. DB war.

Die Klärungsbedürftigkeit einer solchen Rechtsfrage hat der Kläger nicht dargetan; er hat es unterlassen aufzuzeigen, warum sich die Frage unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des BSG nicht beantworten lässt.

Der Kläger hätte sich mit der ständigen Rechtsprechung des BSG auseinandersetzen müssen, dass mit Blick auf die Neueinbeziehungsverbote in dem zu Bundesrecht gewordenen Rentenangleichungsgesetz der DDR und im Einigungsvertrag eine erweiternde Auslegung über die in § 1 Abs 1 Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz selbst angelegte Modifikation hinaus nicht erlaubt ist, sodass ein Analogieverbot besteht. Um dieses Analogieverbot nicht zu unterlaufen, hat sich eine Auslegung der abstrakt-generellen Regelungen des Versorgungsrechts strikt am Wortlaut zu orientieren (vgl stellvertretend: BSG, Urteil vom 7.9.2006, B 4 RA 41/05 R, SozR 4-8570 § 1 Nr 11 ≪RdNr 16, 23≫).

Der Kläger behauptet nicht, dass § 1 Abs 2 der 2. DB den KfL als gleichgestellten Betrieb aufführt, sondern nur die MAS. Mit Blick auf das Analogieverbot wäre von vornherein eine Gleichstellung des KfL mit einer MAS unzulässig. Unter den Anwendungsbereich des § 1 Abs 2 der 2. DB würde ein KfL nur fallen, wenn er der Sache nach eine MAS gewesen wäre. Dies will der Kläger offensichtlich behaupten, sodass er schon nicht deutlich macht, worin mit Blick auf den Wortlaut des § 1 Abs 2 der 2. DB ein weiterer Klärungsbedarf bestehen könnte.

Er gibt aber nicht zu erkennen, dass er es für erforderlich hält zu klären, nach welchen rechtlichen Kriterien die Zuordnung zu einem bestimmten Betriebstyp zu erfolgen hat. Deshalb wird wiederum nur beiläufig darauf hingewiesen, dass sich eine solche Zuordnung danach bestimmt, welche Aufgabe dem Betrieb das Gepräge gegeben bzw welchen Hauptzweck er verfolgt hat (vgl stellvertretend: BSG, Urteil vom 18.12.2003, B 4 RA 18/03 R, SozR 4-8570 § 1 Nr 1 ≪RdNr 18≫). Die Feststellung eines solchen Hauptzweckes obliegt den Tatsachengerichten (BSG, Urteil vom 18.12.2003, aaO). Insoweit kann wiederum eine Rechtsfrage nicht bedeutsam werden (vgl im Übrigen zum KfL: BSG, Beschluss vom 6.9.2007, B 4 RS 132/06 B und vom 25.9.2007, B 4 RS 3/07 B).

Die Beschwerdebegründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen. Die Beschwerde ist daher als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2391708

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