Rn 6

Von Gesetzes wegen nachrangig befriedigt werden Zinsen und Säumniszuschläge auf Forderungen der Insolvenzgläubiger (Abs. 1 Nr. 1); Kosten, die durch die Teilnahme der Insolvenzgläubiger am Insolvenzverfahren entstehen (Abs. 1 Nr. 2); Geldstrafen, Geldbußen, Ordnungsgelder und Zwangsgelder sowie solche Nebenfolgen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit, die zu einer Geldzahlung verpflichten (Abs. 1 Nr. 3); Forderungen auf eine unentgeltliche Leistung des Schuldners (Abs. 1 Nr. 4) sowie Forderungen aus Darlehen oder wirtschaftlich gleichgestellten Leistungen eines Gesellschafters (Abs. 1 Nr. 5) und weitere Forderungen[10].

 

Rn 7

Die Gründe für die Nachrangigkeit der einzelnen Forderungsgruppen sind nicht einheitlich, sondern für jede Forderungsgruppe isoliert zu bestimmen.[11]

[10] Siehe unten, Rn. 44.
[11] Fachanwaltskommentar-Ahrens, § 39 Rn. 2.

3.1 Zinsen und Säumniszuschläge (Abs. 1 Nr. 1)

 

Rn 8

Im ersten Rang werden die seit Eröffnung des Insolvenzverfahrens laufenden gesetzlichen und vertraglichen Zinsen sowie Säumniszuschläge auf Forderungen der Insolvenzgläubiger berichtigt. Diese Forderungen werden unter den nachrangigen Insolvenzforderungen an erster Stelle berücksichtigt, da sie besonders eng mit der Hauptforderung zusammenhängen.[12] Die Nachrangigkeit beruht auf der verfahrensökonomischen Überlegung, dass die Verfahrensabwicklung und Verteilung erschwert wäre, wenn auch die laufenden Zinsen und Kosten berücksichtigt würden.[13]

 

Rn 9

Zinsen sind gewinn- und umsatzunabhängige, laufzeitabhängige, in Geld zu entrichtende Vergütungen für die Möglichkeit eines Kapitalgebrauchs.[14] Für die Einordnung ist allein dieser wirtschaftliche Zweck maßgeblich; auf die Bezeichnung als Zins kommt es nicht an.[15] Auch Vorfälligkeitsentschädigungen sind nach diesen Maßstäben nachrangig zu berücksichtigende Zinsen.[16]

 

Rn 10

Zinsen sind zunächst abzugrenzen von Insolvenzforderungen einerseits und Masseverbindlichkeiten andererseits. Vor Eröffnung des Verfahrens angefallene Zinsen sind Insolvenzforderungen.[17] Zinsen auf Masseverbindlichkeiten sind ebenfalls Masseverbindlichkeiten; sie folgen in ihrer Durchsetzbarkeit der Hauptforderung. Wenn die Hauptforderung jedoch durch Absonderungsrechte gesichert ist, sichern diese Absonderungsrechte auch die Nebenforderungen unabhängig von ihrer insolvenzrechtlichen Rangstufe;[18] mithin auch grundsätzlich nachrangige Zinsen und Kosten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens.[19]

 

Rn 11

Unverzinsliche Forderungen werden im Insolvenzverfahren auf den Tag der Eröffnung abgezinst (§ 41 Abs. 2 Satz 1 InsO), so dass auch die Differenz in Höhe der Abzinsung nachrangig ist nach Abs. 1 Nr. 1.[20]

 

Rn 12

In einem Kontokorrentverhältnis werden die Zinsen erhoben für die Bereitstellung innerhalb eines bestimmten Kontokorrentrahmens. Wenn das Kontokorrentverhältnis durch die Verfahrenseröffnung erloschen ist (§ 115 Abs. 1 i.V.m. § 116 Satz 1), kann nur noch der Schlusssaldo als Insolvenzforderung verfolgt werden. Dieser Schlusssaldo wird dann nach den gesetzlichen Vorschriften verzinst und nicht mehr nach den in der erloschenen Kontokorrentabrede vereinbarten Zinsen.[21]

 

Rn 13

Im Hinblick auf Verzugszinsen nach §§ 286, 288 BGB stellt sich die Frage, ob während des Insolvenzverfahrens Verzugszinsen anfallen können. Nach allgemeiner Auffassung ist das jedenfalls dann der Fall, wenn der Verzug bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorlag.[22] Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, welche Funktion der Verzugszins hat und ob diese Funktion im Insolvenzverfahren noch erfüllt werden kann. Vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes[23] wurde der Verzugszins überwiegend als pauschalierter Schadensersatz für den Zinsverlust verstanden.[24] Mit der Schuldrechtsreform wurde der Verzugszins deutlich angehoben und hat seinen Charakter in Richtung einer Sanktion für verspätete Zahlung bzw. die Abschöpfung der Bereicherung beim Schuldner verändert.[25] Dieser Zweck kann während des Insolvenzverfahrens nicht erreicht werden, so dass für eine Zahlung von Verzugszinsen nach § 288 BGB kein Raum mehr besteht.[26] Aus diesem Grund werden auch abgabenrechtliche Säumniszuschläge zur Hälfte erlassen, da sie bei Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit einen Teil ihrer Funktion als Druckmittel verlieren.[27] Der deutlich niedrigere tatsächliche Zinsverlust kann als Schaden geltend gemacht werden.

 

Rn 14

Mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Vereinfachung des Insolvenzverfahrens[28] wurde klargestellt, dass auch Säumniszuschläge als nachrangige Insolvenzforderungen auf erster Stufe berücksichtigt werden. Mit dieser Klarstellung[29] wurde der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts Rechnung getragen, das die Erhebung von Säumniszuschlägen nach § 240 AO und § 24 SGB IV nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens für rechtmäßig hält. Die Säumniszuschläge stellen einen Ausgleich für entstehenden Verwaltungsaufwand und Zinsverluste dar und sind daher auch verfahrensrechtlich ähnlich zu behandeln wie Zinsen.[30] Nach dem wirtschaftlichen Ergebnis wären Säum...

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