Rn 4

Voraussetzung der Anordnung ist, dass keine Eigenverwaltung angeordnet ist. Wurde eine bereits zuvor angeordnete Eigenverwaltung nach § 272 aufgehoben, kann nach Wegfall der zur Aufhebung führenden Gründe und bei Vorliegen der nachfolgenden Voraussetzungen gleichwohl die Eigenverwaltung wiederholt angeordnet werden.

 

Rn 5

Nach der Vorgängernorm war noch erforderlich, dass das Gericht einen Antrag des Schuldners auf Anordnung der Eigenverwaltung abgelehnt hatte. Diese Voraussetzung ist nunmehr entfallen und es kommt nicht mehr darauf an, ob der Schuldner selbst jemals einen Antrag auf Eigenverwaltung gestellt hatte. Da eine erfolgreiche Eigenverwaltung im tatsächlichen Bereich von der aktiven Mitwirkung des Schuldners abhängig ist, kann das Gericht die Eigenverwaltung nach § 271 aber nur dann anordnen, wenn der Schuldner zustimmt. Erklärungsadressat für die Zustimmung ist das Insolvenzgericht. Besondere Formvorschriften oder Fristen für die Zustimmungserklärung des Schuldners bestehen aber nicht. Er kann seine Zustimmung daher schriftlich oder mündlich innerhalb oder außerhalb der Gläubigerversammlung abgeben. Hatte der Schuldner bereits vor Verfahrenseröffnung einen Antrag auf Anordnung der Eigenverwaltung gestellt und das Gericht diesen Antrag zurückgewiesen, ersetzt dieser Antrag die gemäß § 271 erforderliche Zustimmungserklärung, soweit keine Umstände ersichtlich sind, dass der Schuldner mit der Anordnung der Eigenverwaltung nicht mehr einverstanden ist.[6] Bis zur Entscheidung des Gerichts kann der Schuldner die Zustimmung widerrufen, wobei Adressat des Widerrufes ebenfalls das Insolvenzgericht ist. Nach Anordnung der Eigenverwaltung kann der Schuldner deren Aufhebung durch schlichten Antrag gemäß § 272 Abs. 1 Nr. 3 herbeiführen.

 

Rn 6

Wird der Schuldner von einem Kollegialorgan vertreten, ist erforderlich, dass alle Vertretungsberechtigten der Anordnung der Eigenverwaltung zustimmen.[7] Nicht ausreichend ist demgegenüber, wenn eine zur Vertretung berechtigte Anzahl der Organmitglieder der Anordnung der Eigenverwaltung zustimmt,[8] weil die Durchführung der Eigenverwaltung die gesamte Kompetenz des Kollegialorganes benötigt und nicht nur Einzelkompetenzen.

 

Rn 7

Die nachträgliche Anordnung der Eigenverwaltung setzt voraus, dass die Gläubigerversammlung einen entsprechenden Antrag auf Anordnung der Eigenverwaltung an das Insolvenzgericht beschließt. Ob der Schuldner bereits selbst die Anordnung der Eigenverwaltung beantragt hatte, ist nach neuer Rechtslage nicht erheblich. Es ist außerdem nicht mehr erforderlich, dass der Beschluss von der ersten Gläubigerversammlung gefasst wird. Auch jede spätere Gläubigerversammlung kann den Beschluss fassen.[9] Wer als Sachwalter bestellt werden soll, muss von der Gläubigerversammlung nicht beschlossen werden. Gleichwohl sollte sich das Gericht in der Gläubigerversammlung nicht dem Wunsch verschließen, auch über die Person des gewünschten Sachwalters zu beschließen, weil der Gläubigerversammlung nach §§ 274 Abs. 1, 57 ohnehin das Recht auf Bestimmung des Sachwalters zusteht.

 

Rn 8

Der Beschluss der Gläubigerversammlung, mit dem die Anordnung der Eigenverwaltung beantragt wird, setzt eine qualifizierte Mehrheit voraus. Erstens muss gemäß dem Verweis auf § 76 Abs. 2 die Summe der Forderungsbeträge der zustimmenden Gläubiger die Hälfte der Summe der Forderungsbeträge der abstimmenden Gläubiger übersteigen. Zweitens muss die Mehrheit der abstimmenden Gläubiger für die Anordnung der Eigenverwaltung stimmen.

[6] A.A. Haarmeyer/Wutzke/Förster-Buchalik, 2. Aufl. 2012, § 271 InsO Rn. 10, wonach das Gericht zur Einholung einer ausdrücklichen Erklärung des Schuldners verpflichtet sein soll.
[7] Uhlenbruck-Uhlenbruck, 13. Aufl. 2010, § 270 InsO Rn. 18.
[8] So aber MünchKomm-Wittig/Tetzlaff, 2. Aufl. 2008, § 270 InsO Rn. 15.
[9] BT-Drs. 17/5712, S. 41; a. A. Haarmeyer/Wutzke/Förster-Buchalik, 2. Aufl. 2012, § 271 InsO Rn. 7.

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