Leitsatz (amtlich)

Bei Beendigung einer atypisch stillen Gesellschaft wird der Anspruch des stillen Gesellschafters auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens - ebenso wie ein eventueller Verlustausgleichsanspruch des Geschäftsinhabers - regelmäßig erst nach der Auseinandersetzung gem. § 235 Abs. 1 HGB in Form der Durchführung einer Gesamtabrechnung fällig, die der Geschäftsinhaber allerdings nicht ungebührlich hinauszögern darf.

 

Normenkette

BGB § 199 Abs. 1; HGB § 235 Abs. 1

 

Verfahrensgang

OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 21.05.2015; Aktenzeichen 12 U 71/14)

LG Darmstadt (Urteil vom 16.04.2014; Aktenzeichen 19 O 184/12)

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin werden das Urteil des 12. Zivilsenats des OLG Frankfurt mit Sitz in Darmstadt vom 21.5.2015 aufgehoben und das Urteil der 19. Zivilkammer des LG Darmstadt vom 16.4.2014 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 10.416,67 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11.3.2013 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Rz. 1

Der Beklagte beteiligte sich mit Beitrittserklärung vom 14.12.2002 an der A. AG, deren Rechtsnachfolgerin die Klägerin, eine GmbH & Co. KG, ist. Hierzu wählte er das Beteiligungsprogramm "Classic" mit einer Einmaleinlage i.H.v. 50.000 EUR zzgl. eines Agios; beide Beträge hat er in vollem Umfang eingezahlt.

Rz. 2

Der atypisch stille Gesellschaftsvertrag (im Folgenden: GV) enthält u.a. folgende Regelungen:

"§ 4 Gesellschaftskapital, Konten des atypisch stillen Gesellschafters ... 2. Für jeden Gesellschafter wird bei dem Geschäftsinhaber für jede Einlage ein gesondertes Kapitalkonto geführt, das sich aus folgenden Unterkonten zusammensetzt: - dem Einlagekonto - dem Gewinn- und Verlustkonto sowie - dem Privatkonto. Das Einlagekonto, das Gewinn- und Verlustkonto sowie das Privatkonto sind jeweils zum 31. Dezember jeden Jahres miteinander zu verrechnen und ergeben zusammen das Kapitalkonto des Gesellschafters. ... 3. Auf dem Einlagekonto werden die Einlagen des einzelnen Gesellschafters verbucht. Dieses Konto ist maßgeblich für die Gewinn- und Verlustbeteiligung des einzelnen Gesellschafters. 4. Auf dem Gewinn- und Verlustkonto werden die dem einzelnen Gesellschafter zugewiesenen Gewinn- und Verlustanteile gebucht. 5. Auf dem Privatkonto werden die Agioforderungen und Agiozahlungen sowie die Auszahlungen (Entnahmen/Ausschüttungen) gem. § 11 dieses Vertrags gebucht. § 6 Gesellschaftsbeschlüsse ... 3. Ist Gegenstand der Beschlussfassung ... g) die Auflösung der Gesellschaft ... so bedarf der Gesellschafterbeschluss einer Mehrheit von 75 % der abgegebenen Stimmen. ... § 9 Beteiligung am Vermögen (Auseinandersetzungswert) 1. Die Gesellschafter erhalten im Falle ihres Ausscheidens oder bei Liquidation des Unternehmens des Geschäftsinhabers entsprechend dem Verhältnis ihrer erbrachten Einlagen zum Gesamtbetrag der Einlagen aller Gesellschafter und dem zu diesem Zeitpunkt voll eingezahlten Grundkapital des Geschäftsinhabers einen Anteil an dem seit ihrem Beitritt zu dem Unternehmen des Geschäftsinhabers gebildeten Vermögen einschließlich der stillen Reserven der bilanzierten Wirtschaftsgüter (unter Berücksichtigung eines etwaigen Geschäftswerts). Die Einzelheiten ergeben sich aus den Regelungen in § 16 dieses Vertrags. 2. Weisen die gem. § 4 dieses Vertrags geführten Konten des einzelnen Gesellschafters bei Ausscheiden auch unter Berücksichtigung der ihm zuzuordnenden stillen Reserven einen Negativsaldo aus, so ist der ausscheidende Gesellschafter verpflichtet, die gem. § 11 erhaltenen Auszahlungen (Entnahmen/Ausschüttungen) in Höhe des Negativsaldos an die Gesellschaft zurückzuzahlen. § 11 Auszahlungen (Entnahmen/Ausschüttungen) 1. Diejenigen Gesellschafter, die ihre Einlagen in Form einer Einmaleinlage erbringen, erhalten jährlich gewinnunabhängige Auszahlungen (Entnahmen/Ausschüttungen) zu Lasten ihres Privatkontos. Hierbei handelt es sich nicht um eine Garantieverzinsung. ... § 16 Abfindungsguthaben bei Beendigung der atypisch stillen Gesellschaft 1. Bei Beendigung der atypisch stillen Gesellschaft steht den Gesellschaftern ein Abfindungsguthaben zu. Dieses errechnet sich nach Maßgabe des § 9 dieses Vertrags und den nachstehenden Buchstaben a) bis d) wie folgt: ... d) Übersteigen zum Auseinandersetzungsstichtag (vgl. Buchstabe e) dieses Paragraphen) die Verlustanteile und Entnahmen, welche die Gesellschafter während ihrer gesamten Gesellschaftszugehörigkeit erhalten haben, ihren eingezahlten Einlagebetrag (ohne Agio) zzgl. der ihrem Gewinn- und Verlustkonto gutgeschriebenen Gewinnbeteiligungen, wird der sich insoweit ergebende negative Betrag im Falle des vertragsgemäßen Austritts der Gesellschafter zunächst mit ihrem Auseinandersetzungsanspruch gemäß Buchstabe b) bis zur Höhe des (anteiligen) Auseinandersetzungswerts verrechnet. Sollte danach bei Einmalanlegern ein negativer Betrag verbleiben, kann die Gesellschaft den ausstehenden Betrag maximal bis zur Höhe der empfangenen Auszahlungen (Entnahmen/Ausschüttungen) zurückfordern..... ... f) Das Abfindungsguthaben ist bei vertragsgemäßem Ausscheiden ein Jahr nach dem Wirksamkeitszeitpunkt der jeweiligen Kündigung zur Zahlung fällig. Bei der Auszahlung von Abfindungsguthaben ist jedoch Rücksicht auf die Liquiditätslage der Gesellschaft zu nehmen. ..."

Rz. 3

In den Jahren 2003 bis 2005 erhielt der Beklagte vertragsgemäß gewinnunabhängige Ausschüttungen i.H.v. 10.416,67 EUR.

Rz. 4

Im Jahr 2009 stellte die Klägerin ihren Geschäftsbetrieb ein. Am 11.12.2009 beschlossen die stillen Gesellschafter im Umlaufverfahren mit der nach § 6 Nr. 3g) GV erforderlichen Mehrheit, die stille Gesellschaft zum 15.12.2009 zu "liquidieren". Der Auflösungsbeschluss wurde nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien gefasst zur Abwendung der Insolvenz und Bedienung der Schulden des gescheiterten und wertlosen Handelsgewerbes der Klägerin. Per 31.12.2009 wies das Kapitalkonto des Beklagten - nach Verrechnung von Gewinngutschrift, Verlustbeteiligungen, Einlage und Ausschüttungen - einen Negativsaldo i.H.v. 19.530,04 EUR aus, von dem die Klägerin den darin enthaltenen Ausschüttungsbetrag von 10.416,67 EUR gem. § 16 Nr. 1d) GV mit der am 11.3.2013 zugestellten Klage geltend macht.

Rz. 5

Das LG hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Klägerin.

 

Entscheidungsgründe

Rz. 6

Die Revision der Klägerin hat Erfolg und führt unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Abänderung des Urteils des LG zur Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 10.416,67 EUR nebst Zinsen.

Rz. 7

I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

Rz. 8

Die vertraglichen Vereinbarungen sähen eine Rückerstattung gewinnunabhängiger Ausschüttungen für den Fall der Liquidation der Gesellschaft nicht hinreichend deutlich vor. Ein solcher Anspruch der Klägerin sei dem Gesellschaftsvertrag weder unmittelbar noch durch ergänzende Auslegung zu entnehmen. § 11 Nr. 1 GV enthalte keinen Hinweis darauf, dass gewinnunabhängige Ausschüttungen einer Rückforderung unterliegen könnten. Da der Beklagte seine Einlage durch Zahlung in voller Höhe erbracht habe, stelle § 3 Nr. 1 GV ebenfalls keine tragfähige Anspruchsgrundlage dar. Eine Zahlungspflicht des Beklagten lasse sich auch nicht aus § 16 Nr. 1d) i.V.m. § 9 GV begründen. Die Regelung sehe einen Anspruch auf Ausgleich eines negativen Gewinn- und Verlustkontos bis zur Höhe der Auszahlungen nur für den Fall eines vertragsgemäßen Austritts des Gesellschafters vor. Eine ergänzende Auslegung komme nicht in Betracht. Der Anspruch könne auch nicht aus § 9 Nr. 2 GV hergeleitet werden. Die Regelung betreffe ebenfalls nur das Ausscheiden eines einzelnen Gesellschafters, nicht aber die Liquidation der stillen Gesellschaft insgesamt.

Rz. 9

Da kein primärer Leistungsanspruch der Klägerin gegen den Beklagten bestehe, komme es für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht auf den hilfsweise zur Aufrechnung gestellten Schadensersatzanspruch des Beklagten wegen fehlerhafter Prospektangaben der Klägerin an. Ebenso wenig komme es auf die Berechtigung der vom Beklagten erhobenen Verjährungseinrede an, die das LG jedoch zu Unrecht gegenüber dem Klageanspruch habe durchgreifen lassen. Bestünde der Anspruch, wäre er nicht verjährt.

Rz. 10

II. Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.

Rz. 11

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts folgt aus § 9 und § 16 Nr. 1d) GV ein vertraglicher Anspruch der Klägerin gegen die stillen Gesellschafter auf Rückzahlung der gem. § 11 Nr. 1 GV erhaltenen Ausschüttungen, wie der Senat mit Urteilen vom 20.9.2016 (II ZR 120/15, ZIP 2016, 2262 Rz. 14 ff., II ZR 124/15, juris Rz. 12 ff. und II ZR 139/15, juris Rz. 10 ff.) entschieden hat. Davon abzuweichen besteht kein Anlass.

Rz. 12

III. Die angefochtene Entscheidung erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Die Forderung der Klägerin gegen den Beklagten ist nicht verjährt (1.); die Hilfsaufrechnung des Beklagten mit einem ihm seiner Ansicht nach gegen die Klägerin zustehenden Schadensersatzanspruch greift nicht durch (2.).

Rz. 13

1. Der Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten auf Rückzahlung der gewinnunabhängigen Ausschüttungen ist nicht verjährt. Die dreijährige Verjährungsfrist nach § 195 BGB begann nach dem Auflösungsbeschluss vom 15.12.2009 nicht am 1.1.2010 zu laufen, da der Anspruch der Klägerin zu diesem Zeitpunkt nicht fällig war (vgl. § 199 Abs. 1 BGB). Die am 11.3.2013 zugestellte Klage ist mithin in unverjährter Zeit erhoben worden und hat die Verjährung gehemmt.

Rz. 14

Der Anspruch auf Zahlung eines Auseinandersetzungsguthabens des stillen Gesellschafters entsteht - ebenso wie der Verlustausgleichsanspruch - mit der Beendigung der stillen Gesellschaft (vgl. BGH, Urt. v. 14.7.1997 - II ZR 122/96, ZIP 1997, 1589, 1590) und kann nach seiner Fälligkeit geltend gemacht bzw. mit einer Klage durchgesetzt werden (§ 271 BGB). Da die stille Gesellschaft zum 15.12.2009 beendet worden ist, ist der einem Verlustausgleichsanspruch der Klägerin gleichstehende Anspruch auf Rückerstattung der Ausschüttungen zu diesem Zeitpunkt zwar entstanden. Fällig wäre er gem. § 271 Abs. 1 BGB vor dem 1.1.2010 aber nur gewesen, wenn die Klägerin die Rückzahlung der Ausschüttungen sofort im Jahr 2009 hätte fordern können, weil eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen war. Dies ist hier nicht der Fall.

Rz. 15

a) Entgegen der Ansicht der Klägerin folgt die mangelnde Fälligkeit wegen Bestimmung einer Leistungszeit i.S.d. § 271 BGB allerdings nicht aus dem Gesellschaftsvertrag (vgl. zu einem solchen Fall BGH, Urt. v. 19.7.2010 - II ZR 57/09, ZIP 2010, 1637 Rz. 8). Die in § 16 Nr. 1 f.) GV enthaltene Fälligkeitsregelung bezieht sich nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift auf den Abfindungsanspruch des kündigungsbedingt ausscheidenden stillen Gesellschafters aus der fortbestehenden stillen Gesellschaft und dient, wie sich aus dem Hinweis auf die Liquiditätslage der Gesellschaft ergibt, dem Schutz der Vermögensinteressen des Geschäftsinhabers und damit auch dem Schutz der fortbestehenden mehrgliedrigen stillen Gesellschaft. Diese für den Fall des Fortbestehens der mehrgliedrigen stillen Gesellschaft getroffene Fälligkeitsregelung ist mangels Vergleichbarkeit der Interessenlage im Fall der Vollbeendigung der stillen Gesellschaft nicht entsprechend anwendbar, insb. nicht auf den hier geltend gemachten Anspruch des Geschäftsinhabers auf Rückerstattung der Ausschüttungen.

Rz. 16

b) Die mangelnde Fälligkeit des Zahlungsanspruchs der Klägerin vor dem 1.1.2010 folgt jedoch aus § 235 Abs. 1 HGB, der verlangt, dass sich der Inhaber des Handelsgeschäfts nach der Auflösung der stillen Gesellschaft mit dem stillen Gesellschafter auseinanderzusetzen hat. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats und der vorherrschenden Ansicht im Schrifttum, dass bei Beendigung einer atypisch stillen Gesellschaft der Anspruch des stillen Gesellschafters auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens - ebenso wie ein eventueller Verlustausgleichsanspruch des Geschäftsinhabers - regelmäßig erst nach der Auseinandersetzung gem. § 235 Abs. 1 HGB in Form der Durchführung einer Gesamtabrechnung fällig wird, die der Geschäftsinhaber allerdings nicht ungebührlich hinauszögern darf (BGH, Urt. v. 3.2.2015 - II ZR 335/13, ZIP 2015, 1116 Rz. 15; Urt. v. 8.11.2004 - II ZR 300/02, ZIP 2005, 82, 84; Urt. v. 29.6.1992 - II ZR 284/91, ZIP 1992, 1552, 1553; Urt. v. 12.5.1977 - III ZR 91/75, WM 1977, 973, 974; Urt. v. 8.7.1976 - II ZR 34/75, DB 1977, 87, 89; Urt. v. 12.6.1972 - II ZR 109/71, WM 1972, 1056; Kauffeld in Blaurock, HdB der stillen Gesellschaft, 8. Aufl., § 16 Rz. 16.39; Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, 37. Aufl., § 235 Rz. 2; Gehrlein in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 3. Aufl., § 235 Rz. 19). Die danach erforderliche Gesamtabrechnung wurde nach Aufstellung des Jahresabschlusses für das Geschäftsjahr 2009 im Jahre 2011 erstellt; Anhaltspunkte für ein ungebührliches Verzögern der Gesamtabrechnung - jedenfalls über das Jahr 2010 hinaus - sind weder ersichtlich noch vorgetragen.

Rz. 17

2. Die Hilfsaufrechnung des Beklagten mit einem ihm seiner Ansicht nach zustehenden Schadensersatzanspruch aus Prospekthaftung im weiteren Sinne gegen die Klägerin wegen angeblich bestehender Prospektmängel greift nicht durch. Dahingestellt bleiben kann, ob die Behauptung des Beklagten, er sei nicht ordnungsgemäß über die Nachteile und Risiken des Anlagemodells aufgeklärt worden, zutrifft. Der Durchsetzung eines solchen Schadensersatzanspruchs des Beklagten im Wege der Aufrechnung stehen die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft und die damit bezweckte Gleichbehandlung aller Gesellschafter im Wege einer geordneten Auseinandersetzung entgegen.

Rz. 18

Der Senat hat bereits mit Urteil vom 19.11.2013 (II ZR 383/12, BGHZ 199, 104 Rz. 25 ff.) entschieden, dass auf die vorliegende mehrgliedrige atypisch stille Gesellschaft die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft zur Anwendung kommen und diese einem Schadensersatzanspruch eines Anlegers, wie er von dem Beklagten hier geltend gemacht wird, entgegenstehen. Eine (hier unterstellte) Aufklärungspflichtverletzung durch die Klägerin berechtigte den stillen Gesellschafter (zunächst nur) zur Geltendmachung seines Abfindungsanspruchs. Voraussetzung für die Durchsetzung eines darüber hinausgehenden Schadensersatzanspruchs ist, dass die Abfindungsansprüche aller anderen stillen (Mit)Gesellschafter ebenfalls befriedigt sind oder befriedigt werden könnten; ggf. bleibt dem stillen Gesellschafter die Möglichkeit der Geltendmachung des weitergehenden Schadens im Wege der Feststellungsklage (BGH, Urt. v. 19.11.2013 - II ZR 383/12, BGHZ 199, 104 Rz. 29 f., 33). Steht - wie im vorliegenden Fall - fest, dass nach Beendigung der mehrgliedrigen atypisch stillen Gesellschaft kein Abfindungsanspruch eines stillen Gesellschafters befriedigt werden kann, weil der Auseinandersetzungswert für das gesamte Unternehmen des Geschäftsinhabers einschließlich der stillen Reserven und unter Einbeziehung des Geschäftswertes negativ ist - dies ist nach § 16 Nr. 1d) GV (u.a.) Voraussetzung für den Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung der Ausschüttungen -, so dass, wovon beide Parteien ausgehen, die Klägerin ohne das Bestehen ihrer Ansprüche gegen die stillen Gesellschafter hätte Insolvenz anmelden müssen, scheidet die Geltendmachung eines Schadenersatzanspruchs im Wege der Leistungsklage (hier: der Aufrechnung) ebenso aus. Den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft und dem damit verbundenen Ziel der gleichmäßigen Belastung aller stillen Gesellschafter im Wege der geordneten Auseinandersetzung (vgl. BGH, Urt. v. 19.11.2013 - II ZR 383/12, BGHZ 199, 104 Rz. 29) widerspricht es, dass sich ein einzelner Gesellschafter seiner Beteiligung an den von allen stillen Gesellschaftern zu tragenden Schulden des Geschäftsinhabers (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 20.9.2016 - II ZR 120/15, ZIP 2016, 2262 Rz. 21) durch Aufrechnung entzieht. Den ihm seiner Ansicht nach zustehenden Schadensersatzanspruch gegen den Geschäftsinhaber kann der stille Gesellschafter in einer (Prozess)Situation wie der vorliegenden nur in Form einer Feststellungswiderklage geltend machen.

Rz. 19

IV. Der Senat kann in der Sache abschließend selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Das von der Klägerin gem. § 16 Nr. 1a) bis d) GV errechnete negative Kapitalkonto weist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts gewinnunabhängige Ausschüttungen i.H.v. 10.416,67 EUR aus. Die Revisionserwiderung hat insoweit keine Gegenrügen erhoben, sondern geht in Übereinstimmung mit der Klägerin von der Wertlosigkeit des Handelsgewerbes der Klägerin im Zeitpunkt des Auflösungsbeschlusses aus.

 

Fundstellen

BB 2017, 513

BB 2017, 592

DB 2017, 481

DStR 2017, 675

NJW 2017, 8

EWiR 2017, 327

NZG 2017, 339

WM 2017, 435

WuB 2017, 386

ZAP 2017, 293

ZIP 2017, 17

ZIP 2017, 517

DZWir 2017, 200

JZ 2017, 291

MDR 2017, 410

NJW-Spezial 2017, 175

FMP 2017, 61

GmbH-Stpr. 2017, 147

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge