Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitszimmer als Durchgangszimmer

 

Leitsatz (NV)

1. Bei einer Lehrerin kann ein Arbeitszimmer auch dann anerkannt werden, wenn es als Durchgangszimmer zum ehelichen Schlafzimmer dient (Anschluß an BFH-Urteil vom 19. August 1988 - VI R 69/85, BFHE 154, 128, BStBl II 1988, 1).

2. Die Intensität der beruflichen Nutzung des Arbeitszimmers richtet sich bei einer Lehrerin u. a. danach, in welchem Fachbereich sie in der Schule tätig ist.

 

Normenkette

EStG 1982 § 9 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

Niedersächsisches FG

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurden als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer 1983 veranlagt. Die Ehefrau ist als Lehrerin tätig. Die Kläger bewohnen mit ihren in den Jahren 1975 und 1980 geborenen zwei Töchtern das der Klägerin gehörende Haus X-straße in A. Streitig ist bei der Einkommensteuerveranlagung 1983, ob die Aufwendungen für das von der Klägerin genutzte Arbeitszimmer als Werbungskosten bei ihren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit anzuerkennen sind. Das wurde vom Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA -) deshalb abgelehnt, weil das Arbeitszimmer als Durchgang zum ehelichen Schlafzimmer dient. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Es führte aus, Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer seien nur dann als Werbungskosten abziehbar, wenn der Raum so gut wie ausschließlich für berufliche Zwecke genutzt werde. Eine private Mitbenutzung von nicht nur untergeordneter Bedeutung stehe der Abziehbarkeit auch nur eines Teils der Aufwendungen entgegen. Eine schädliche Mitbenutzung liege nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 18. Oktober 1983 VI R 180/82 (BFHE 139, 518, BStBl II 1984, 110) vor, wenn es sich beim Arbeitsraum um ein sog. Durchgangszimmer handle. Das sei hier der Fall. Das eheliche Schlafzimmer könne nur durch das Arbeitszimmer erreicht werden. Das Ausmaß der privaten Mitbenutzung könne mangels konkreter Abgrenzungskriterien nicht als nur von untergeordneter Bedeutung gewertet werden.

Die Kläger haben gegen das Urteil Revision eingelegt. Sie sind der Ansicht, die Vorentscheidung verletze § 4 Abs. 4 i. V. m. § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

Die Kläger beantragen sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben und der Klage stattzugeben.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.

Wie der Senat in dem zur Veröffentlichung bestimmten Urteil vom 19. August 1988 VI R 69/85 ausgeführt hat, ist eine schädliche private Mitbenutzung eines Arbeitszimmers in typisierender Form nicht allein deshalb anzunehmen, weil dieser Raum auch dazu benutzt wird, das Schlafzimmer der Eheleute zu erreichen. Auf die Entscheidung wird im einzelnen Bezug genommen.

Die Vorentscheidung ist aufzuheben, da das FG von anderen rechtlichen Gesichtspunkten ausgegangen ist. Die Sache ist an das FG zurückzuverweisen, damit es die zur Entscheidung des Streitfalls maßgeblichen Tatsachen feststellt. Das Arbeitszimmer wurde im Streitfall von der als Lehrerin tätigen Klägerin als Arbeitszimmer genutzt. Wie der Senat im Urteil VI R 69/85 ausgeführt hat, sind im Lehrberuf tätige Personen in der Regel in besonderem Maße darauf angewiesen, zu Hause zu arbeiten. Das FG wird daher Feststellungen dazu treffen müssen, ob auch im Streitfall je nach dem Fachbereich der Klägerin als Lehrerin von einer intensiven beruflichen Nutzung des Arbeitszimmers auszugehen ist und deshalb die Durchquerung des Arbeitszimmers zum Erreichen des ehelichen Schlafzimmers nur eine untergeordnete Bedeutung hat. Sollte das FG zu diesem Ergebnis kommen, so wird es ferner prüfen müssen, ob die von der Klägerin geltend gemachten Aufwendungen auf das Arbeitszimmer von 1 560 DM auch der Höhe nach anzuerkennen sind.

 

Fundstellen

Haufe-Index 415956

BFH/NV 1989, 219

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