Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewerbesteuer Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Eine nachhaltige und damit gewerbliche Betätigung liegt nicht vor, wenn der Steuerpflichtige durch eine einmalige Tätigkeit lediglich einen Dauerzustand schafft, in dem für einen längeren Zeitraum Vergütungen anfallen; es ist vielmehr erforderlich, daß die einmalige (positive) Tätigkeit auch in Zukunft laufende Verpflichtungen und damit Tätigkeiten des Steuerpflichtigen - zumindest in der Form von Duldungen oder Unterlassungen - auslöst.

 

Normenkette

GewStG § 2 Abs. 1; EStG §§ 15, 18-19

 

Tatbestand

Der Bf., der bei der Firma X. tätig war, erhielt auf eine einmalige Vorsprache bei der Firma Y., die die Firma X. belieferte, die Zusage, er werde auf alle binnen der nächsten zwei Jahre gemachten Bestellungen der Firma X. eine Provision erhalten. Es erfolgten mehrere Bestellungen. Die Ware wurde jeweils auf Abruf geliefert. Der Bf. erhielt laufend Provisionszahlungen.

Finanzamt und Finanzgericht sahen in der einmaligen Vorsprache des Bf., bei der die Provisionszusage gegeben wurde, eine nachhaltige und damit gewerbliche Tätigkeit und zogen ihn zur Gewerbesteuer heran.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. des Steuerpflichtigen hatte Erfolg.

Das Finanzgericht hat den Begriff der Nachhaltigkeit verkannt.

Nachhaltig ist in der Regel nur eine wiederholte Tätigkeit. Eine solche wiederholte Tätigkeit liegt allerdings auch vor, wenn die Verpflichtung zum Tätigwerden zwar durch einen einmaligen Akt begründet wird, die Durchführung des erteilten Auftrages aber mehrere Tätigkeiten erfordert, wie etwa die Durchführung eines einzelnen Bauauftrages (Urteil des Bundesfinanzhofs IV 313/59 U vom 23. Februar 1961, BStBl 1961 III S. 194, Slg. Bd. 72 S. 533). Zur Annahme einer nachhaltigen Tätigkeit genügt auch die rein objektive Vornahme mehrerer Handlungen, ohne daß den einzelnen Handlungen die Absicht des Steuerpflichtigen zugrunde zu liegen braucht, nachhaltig Gewinn zu erzielen (Urteile des Reichsfinanzhofs V A 948/26 vom 18. Februar 1927, Slg. Bd. 20 S. 263; V A 749/27 vom 1. Dezember 1927, Slg. Bd. 22 S. 201; V A 617/28 vom 28. September 1928, Slg. Bd. 24 S. 114; Urteil des Bundesfinanzhofs V 262/53 U vom 3. Juni 1954, BStBl 1954 III S. 238, Slg. Bd. 59 S. 75). Diesem subjektiven Moment kommt ausschlaggebende Bedeutung zu, wenn es sich um ein nur einmaliges Tätigwerden handelt, weil eine nachhaltige Tätigkeit nur angenommen werden kann, wenn schon bei der einmaligen Handlung die Absicht besteht, sie bei sich bietender Gelegenheit zu wiederholen (Urteil des Reichsfinanzhofs VI 389/41 vom 19. November 1941, RStBl 1942 S. 38). Im übrigen liegt bei einer einmaligen Handlung keine Nachhaltigkeit vor. So ist z. B. vom Reichsfinanzhof die einmalige Herausgabe eines Buches nicht als gewerbliche Tätigkeit angesehen worden (Urteil des Reichsfinanzhofs V 553/38 vom 12. Mai 1939, RStBl 1939 S. 926). Ebenso ist eine gewerbliche Tätigkeit verneint worden bei einer einmaligen Vermittlertätigkeit (vgl. das in der vorbezeichneten Entscheidung des Reichsfinanzhofs erwähnte, nicht veröffentlichte Urteil).

Eine einmalige Handlung stellt auch dann keine nachhaltige Betätigung dar, wenn sie einen Dauerzustand schafft, aus dem unter Umständen sogar auf Jahre hinaus Vergütungen fließen; denn es kommt hinsichtlich der Nachhaltigkeit auf die Betätigung an, nicht auf die Einkünfte (Urteile des Reichsfinanzhofs V 553/38 und V 121/41 vom 17. Oktober 1941, RStBl 1942 S. 13). Eine nachhaltige Tätigkeit kann nach der Rechtsprechung allerdings vorliegen, wenn durch eine einmalige (positive) Handlung ein Dauerzustand geschaffen wird, aus dem nicht nur ständige Einkünfte fließen, sondern auf Grund dessen auch eine ständige negative Tätigkeit in Form der Unterlassung stattfindet. Das Finanzgericht, das sich auf diese Rechtsprechung beruft, hat verkannt, daß in den entschiedenen Fällen (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs V 553/38 vom 12. Mai 1939, RStBl 1939 S. 926; Urteil des Bundesfinanzhofs V 94/59 vom 13. April 1961, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Umsatzsteuergesetz, § 1 Ziff. 1 Rechtspruch 186) ein Vertrag geschlossen worden war (Vermietung, Verpachtung, Lizenzvertrag), auf Grund dessen ständig fremde Eingriffe in den eigenen Rechtskreis geduldet werden mußten, so daß ständig eine - negative - Tätigkeit des Duldenden gegeben war.

Wenn also das Finanzgericht in tatsächlicher Hinsicht davon ausgeht, daß der Bf. nur einmal zwecks Erlangung der Provision tätig geworden ist, und zwar am 1. September 1949, als er bei der Firma Y. vorstellig wurde, und wenn es annimmt, diese einmalige Handlung stelle eine nachhaltige Tätigkeit dar, so ist es einem Rechtsirrtum unterlegen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 411029

BStBl III 1964, 139

BFHE 1964, 358

BFHE 78, 358

StRK, GewStG:2/1 R 188

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