Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewertung, Vermögen-, Erbschaft-, Schenkungsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Der Bundesfinanzhof tritt der Auffassung des Reichsfinanzhofs bei, daß die Frage, ob eine gewerbliche Anlage - wie z. B. ein Sägewerk - Nebenbetrieb der Forstwirtschaft oder ein selbständiger gewerblicher Betrieb ist, in dem Verfahren der Einheitsbewertung des forstwirtschaftlichen Betriebs zu entscheiden ist.

 

Normenkette

BewG § 45 Abs. 1, § 33/1, § 45/2, § 29/1, §§ 34, 29/2, § 33/3

 

Tatbestand

Der Beschwerdeführer (Bf.) hat im Bezirk des Finanzamts M. neben anderem umfangreichen Grundbesitz in der Gemeinde Z. je einen landwirtschaftlichen und einen forstwirtschaftlichen Betrieb. Für beide Betriebe sind die Einheitswertakten durch Kriegseinwirkung verlorengegangen. Das Finanzamt hat im Benehmen mit dem Bf. die zuletzt festgestellten Einheitswerte rekonstruiert und für den landwirtschaftlichen Betrieb (rd. 138 ha) einen Einheitswert 1935 von 178.070 RM und für den forstwirtschaftlichen Betrieb (rd. 1.874 ha) den Einheitswert zum 1. Januar 1939 mit 2.452.600 RM ermittelt.

In den Jahren 1946 bis 1949 errichtete der Bf. auf einer zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörigen Parzelle (Pl. Nr. 1.158b) ein Sägewerk (Haus-Nr. 11), ein Holzverarbeitungswerk mit Hoblerei, Zimmerei und Schreinerei (Haus-Nr. 10) und ein Pförtnerhaus (Haus-Nr. 10/11). Das Finanzamt behandelte ab 1. Januar 1948 die Pl. Nr. 1.158b mit zusammen 3,2532 ha als Betriebsgrundstück und stellte für dieses Grundstück - entsprechend dem Fortgang der Bebauung - folgende Einheitswerte fest:

a) zum 1. Januar 1948 Grund und Boden -------------------- 28.680 RM 50% der Baukosten bis 31. Dezember 1947 -------------- 26.840 RM Einheitswert - abgerundet - ------------------------- 55.500 RM b) zum 1. Januar 1949 Grund und Boden -------------------- 28.680 DM Gebäude ---------------------------- 34.110 DM Einheitswert - abgerundet - ------------------------- 62.700 DM c) zum 1. Januar 1950 Grund und Boden -------------------- 28.680 DM Gebäude --------------------------- 124.150 DM ----- 152.830 DM ab Pförtnerhaus - grundsteuerfrei -------------------- 2.700 DM Einheitswert - abgerundet - ------------------------ 150.100 DM.Im Einspruch gegen diese drei Feststellungen wurde beantragt, an Stelle der angefochtenen Einheitswertbescheide den Einheitswert des Hauptbetriebs (gemeint ist offensichtlich der forstwirtschaftliche Betrieb) durch einen Zuschlag fortzuschreiben oder, wenn die Voraussetzungen hierfür nicht gegeben seien, für das Sägewerk und das Holzverarbeitungswerk getrennte Einheitswerte festzustellen. Der Antrag wurde damit begründet, daß beide Werke (Sägewerk und Holzverarbeitungswerk) nur Nebenbetriebe des forstwirtschaftlichen Betriebs seien. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.

In der Berufung wurde der Antrag, das Holzverarbeitungswerk (Hoblerei, Zimmerei, Schreinerei) als Nebenbetrieb dem forstwirtschaftlichen Betrieb zuzurechnen, nicht mehr aufrechterhalten. Dagegen blieb der Bf. bei seiner Auffassung, daß das Grundstück Haus-Nr. 11 zu Unrecht als Betriebsgrundstück behandelt worden sei. Auch die Berufung hatte keinen Erfolg. Die Entscheidung der Vorinstanz beruht vor allem auf der Feststellung, daß beide Werke - Sägewerk und Holzverarbeitungswerk - nur eine wirtschaftliche Einheit seien und demgemäß das Sägewerk nicht als forstwirtschaftlicher Nebenbetrieb angesehen werden könne.

Demgegenüber hält der Bf. auch in der Rechtsbeschwerde seine Auffassung aufrecht und beantragt, festzustellen, daß das Holzverarbeitungswerk und das Sägewerk je mit ihren Betriebsgebäuden verschiedene wirtschaftliche Einheiten seien und das Sägewerk als Nebenbetrieb zum forstwirtschaftlichen Hauptbetrieb gehöre.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde führt (allerdings aus anderen als den vom Bf. vorgebrachten Gründen) zur Aufhebung der Vorentscheidung und der Einspruchsentscheidung.

Im Streitfall ist davon auszugehen, daß die Parzelle Pl. Nr. 1.158b, auf der die Gebäude des Sägewerks und des Holzverarbeitungswerks sowie das Pförtnerhaus errichtet worden sind, bislang zur wirtschaftlichen Einheit des landwirtschaftlichen Betriebs und nicht, wie von den Beteiligten verschiedentlich angegeben wird, zum forstwirtschaftlichen Betrieb gehört hat. Wenn mit dem Beginn der Bebauung dieser Parzelle die Voraussetzungen für ihre Einbeziehung in den landwirtschaftlichen Betrieb nicht mehr gegeben waren, mußte bei Erreichung der Wertfortschreibungsgrenze ein Wertfortschreibungsbescheid für den landwirtschaftlichen Betrieb ergehen, in dem die Parzelle nicht mehr enthalten ist (vgl. hierzu Urteil des Bundesfinanzhofs III 333/56 U vom 5. April 1957, Slg. Bd. 64 S. 506, Bundessteuerblatt - BStBl 1957 III S. 190). Nach den Akten hat das Finanzamt nicht geprüft. ob im Fall der Herausnahme der genannten Parzelle die Voraussetzungen für eine Wertfortschreibung des landwirtschaftlichen Betriebs vorliegen. Die Parzelle ist beim Bestand des landwirtschaftlichen Betriebs zum 1. Januar 1948 usw. nicht abgesetzt. Nach überschläglicher Berechnung ist die Wertfortschreibungsgrenze zum 1. Januar 1948, 1949 und 1950 nicht erreicht. Das würde jedoch nicht ausschließen, die streitige Parzelle auf die genannten Stichtage in eine andere Vermögensart bzw. Vermögensunterart einzubeziehen, falls die Voraussetzungen hierfür vorliegen. Hiervon gehen offenbar auch die Beteiligten aus. Meinungsverschiedenheit besteht nur darüber welche Vermögensart (Vermögensunterart) in Betracht kommt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs ist die Frage, ob eine gewerbliche Anlage - hier Sägewerk - Nebenbetrieb der Forstwirtschaft ist, oder ob sie selbständiger gewerblicher Betrieb ist, in dem Verfahren über die Einheitsbewertung des forstwirtschaftlichen Betriebs zu entscheiden (vgl. hierzu Urteil des Reichsfinanzhofs III a 9/32 vom 27. Juli 1932, Reichssteuerblatt 1932 S. 985). Der erkennende Senat schließt sich dieser Auffassung an. Im Streitfall war der Einspruch des Bf. gegen die Zurechnung der Parzelle Pl. Nr. 1.158b zu einem gewerblichen Betrieb des Bf. zugleich als Antrag auf Wertfortschreibung des Forstbetriebs und Einbeziehung der beiden Werke (Sägewerk und Holzverarbeitungswerk) in den forstwirtschaftlichen Betrieb zu behandeln (§ 45 Abs. 1 und 2, § 29 Abs. 1 und 2 des Bewertungsgesetzes). Die Frage, ob diese beiden Werke (insbesondere das Sägewerk) als Nebenbetrieb der Forstwirtschaft oder als ein selbständiger gewerblicher Betrieb zu bewerten sind, kann naturgemäß nicht im Verfahren über die Einheitsbewertung eines Betriebsgrundstücks entschieden werden. Das ergibt sich allein schon daraus, daß im Streitfall auch zu entscheiden ist, zu welcher Vermögensart (land- und forstwirtschaftliches Vermögen oder Betriebsvermögen) die übrigen Teile des Sägewerks - Einrichtung, Vorräte usw. - zu rechnen sind. Da die Vorinstanz dies verkannt haben, unterliegen ihre Entscheidungen der Aufhebung.

Die Sache geht zweckmäßig an das Finanzamt zur weiteren Entscheidung zurück. Dieses wird zunächst zu prüfen haben, ob bei Herausnahme der Parzelle Pl. Nr. 1.158b aus dem landwirtschaftlichen Betrieb die Voraussetzungen der Wertfortschreibung für diesen Betrieb zum 1. Januar 1948 vorliegen (zum 1. Januar 1951 käme jedenfalls eine Wertfortschreibung in Betracht, weil ab diesem Stichtag bei Flächenänderung keine Wertgrenzen gelten). Außerdem wird das Finanzamt über den Antrag des Bf., wenigstens das Sägewerk als forstwirtschaftlichen Nebenbetrieb in den Einheitswert für den Forstbetrieb einzubeziehen, zu entscheiden haben. Es wird sich empfehlen, gleichzeitig entsprechende Feststellungsbescheide über den neu entstandenen Gewerbebetrieb des Bf. - Holzverarbeitungswerk bzw. Holzverarbeitungswerk und Sägewerk - zu erlassen. Zur Frage "landwirtschaftlicher bzw. forstwirtschaftlicher Nebenbetrieb oder Gewerbebetrieb" wird auf die umfangreiche Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs, die auch heute noch zu beachten ist, insbesondere auf das Urteil des Reichsfinanzhofs III A 113/37 vom 23. September 1937 (Reichssteuerblatt 1937 S. 1.299) hingewiesen.

 

Fundstellen

BStBl III 1958, 375

BFHE 1959, 265

BFHE 67, 265

StRK, BewG:45 R 3

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