Leitsatz (amtlich)

1. Eine Betriebsaufspaltung aufgrund faktischer Beherrschung ist nur gegeben, wenn der gesellschaftsrechtlich Beteiligte nach den Umständen des Einzelfalls darauf angewiesen ist, sich dem Willen eines anderen so unterzuordnen, daß er keinen eigenen geschäftlichen Willen entfalten kann.

2. Die faktische Beherrschung eines Nichtgesellschafters verdrängt die gesellschaftsrechtliche Beteiligung. Daher können der faktisch Herrschende und der gesellschaftsrechtlich Beteiligte keine Personengruppe i.S. des BFH-Urteils vom 23.November 1972 IV R 63/71 (BFHE 108, 44, BStBl II 1973, 247) bilden.

3. Eine sachliche Verflechtung ist im Falle einer echten Betriebsaufspaltung auch dann gegeben, wenn verpachtete wesentliche Betriebsgrundlagen nicht im Eigentum des Besitzunternehmers stehen.

 

Orientierungssatz

1. Sowohl entgeltlich als auch unentgeltlich überlassene Nutzungsbefugnisse an wesentlichen Betriebsgrundlagen berechtigen dazu, diese im Rahmen einer Betriebsaufspaltung zu verpachten. Dabei können die Nutzungsbefugnisse auch ohne rechtliches oder wirtschaftliches Eigentum eingeräumt werden (vgl. BFH-Rechtsprechung).

2. Eine Betriebsaufspaltung setzt eine enge sachliche und persönliche Verflechtung des Besitzunternehmens und des Betriebsunternehmens voraus; die hinter beiden Unternehmen stehenden Personen müssen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen haben, den sie in beiden Unternehmen durchsetzen können (Festhaltung an bisheriger BFH-Rechtsprechung). Ausführungen und Rechtsprechung (BVerfG, BFH) zur personellen Verflechtung durch Zusammenfassung von Ehegattenanteilen an beiden Unternehmen.

 

Normenkette

GewStG § 2; EStG § 15

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war seit dem 28.Dezember 1973 Einzelunternehmer einer im Handelsregister eingetragenen Fahrradfabrik. Das Einzelunternehmen nutzte bis Mai 1978 folgende nebeneinander liegende Grundstücke:

a) Flurstück 1, auf dem sich die Lackiererei befand und das

im übrigen unbebaut war; Eigentümerin war die Mutter des Klägers;

b) Flurstück 2, das mit dem Verwaltungsgebäude und einer

Produktionshalle bebaut war; Miteigentümer waren der Kläger und seine

Ehefrau zur Hälfte; der Mutter des Klägers stand am Anteil des Klägers ein

lebenslängliches Nießbrauchsrecht zu;

c) Flurstück 3, das unbebaut war und als Parkplatz

genutzt wurde; Miteigentümer waren der Kläger und seine Mutter je zur

Hälfte.

Die Mutter des Klägers hatte die Grundstücke, soweit sie Eigentümerin oder nießbrauchsberechtigt war, dem Kläger vermietet.

Der Kläger und seine Ehefrau gründeten mit Gesellschaftsvertrag vom 23.Mai 1978 die "Fahrradfabrik ...* GmbH" (GmbH). Das Stammkapital betrug 250 000 DM, wovon der Kläger einen Anteil von 1 000 DM und die Ehefrau einen Anteil von 249 000 DM übernahmen; der Kläger übertrug seinen Anteil am 14.August 1978 auf die Ehefrau. Geschäftsgegenstand der GmbH war die Herstellung und der Vertrieb von Zweirädern und Zweiradteilen sowie alle Geschäfte, die diesem Gesellschaftszweck zu dienen geeignet waren. Alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer wurden der Kläger und seine Ehefrau.

Der Kläger veräußerte das Umlaufvermögen am 23.Mai 1978 an die GmbH und verpachtete der GmbH mit Vertrag vom 14.Juni 1978 den Grundbesitz nebst aufstehenden Gebäuden sowie die Maschinen und Einrichtungsgegenstände mit Wirkung vom 1.Januar 1978. Der Pachtzins betrug für Grundstücke und Gebäude jährlich 249 000 DM und für die Maschinen und sonstigen Einrichtungsgegenstände "vorerst" monatlich 13 930 DM. Die GmbH durfte die Firma des Verpächters fortführen.

Der Kläger ging davon aus, daß er ab 1.Januar 1978 einen verpachteten Gewerbebetrieb unterhalte, der nicht der Gewerbesteuer unterliege. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) kam nach einer Betriebsprüfung zu der Auffassung, daß das Einzelunternehmen bis zur Gründung der GmbH fortbestanden habe und für die Zeit danach eine Betriebsaufspaltung anzunehmen sei. Das FA erließ einen Gewerbesteuermeßbescheid für 1978. Der Einspruch blieb erfolglos.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab: Das FA habe zu Recht eine Betriebsaufspaltung angenommen. Der Kläger habe der GmbH die wesentlichen Betriebsgrundlagen, nämlich die Grundstücke und das sonstige Anlagevermögen, überlassen. Der sachlichen Verflechtung stehe nicht entgegen, daß der Kläger nicht Eigentümer oder nur Miteigentümer des Grundbesitzes sei. Die Mutter habe den Grundbesitz, der ihr gehört habe oder über den sie als Nießbrauchsberechtigte habe verfügen können, an ihn vermietet. Der Kläger habe auch die seiner Ehefrau gehörige Hälfte des Flurstücks 2 der GmbH überlassen können; die Ehefrau habe ihm die tatsächliche Verfügungsmacht entweder vertraglich oder durch "schlichte Duldung" eingeräumt. Die personelle Verflechtung sei dadurch gewährleistet, daß die Ehefrau zur Hälfte Miteigentümerin des Flurstücks 2 sei und infolgedessen das Besitzunternehmen tatsächlich mitbeherrsche. Gegen ihren Willen wäre es dem Kläger nicht möglich gewesen, der GmbH die wesentlichen Betriebsgrundlagen vollständig zu verpachten. In dem Betriebsunternehmen GmbH habe jeder Ehepartner seinen Willen durchsetzen können. Der Kläger habe als Diplomingenieur im technischen Bereich wie früher im Einzelunternehmen dominiert. Als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer hätte er sich auch gegenüber dem von der Ehefrau eingesetzten freiberuflichen technischen Betriebsberater durchsetzen können.

Der Kläger rügt mit der Revision unrichtige Anwendung der Rechtsgrundsätze über die Betriebsaufspaltung und einen Verfahrensfehler: Soweit das FG von einer faktischen Beherrschung der GmbH durch ihn, den Kläger, ausgegangen sei, habe es sein entgegenstehendes Vorbringen nicht berücksichtigt. Es habe sonach § 76 der Finanzgerichtsordnung (FGO) verletzt und übersehen, daß die Feststellungslast das FA treffe. Eine sachliche Verflechtung sei zu verneinen. Wesentliche Betriebsgrundlagen seien nur solche Wirtschaftsgüter, die im Eigentum des Besitzunternehmers stünden; Verfügungsmacht ersetze nicht Eigentum. Auch eine personelle Verflechtung sei nicht erkennbar. Es sei hier der Fall des "Wiesbadener Modells" gegeben. Er, der Kläger, habe die GmbH als Nichtgesellschafter nicht beherrschen können. Eine tatsächliche Beherrschung entsprechend den Grundsätzen des "Fachleute-Urteils" des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 29.Juli 1976 IV R 145/72 (BFHE 119, 462, BStBl II 1976, 750) entfalle. Die Ehefrau sei in der Lage gewesen, die Geschäfte der GmbH ohne seine Mithilfe zu führen. Es sei neben ihm ein zweiter Techniker vorhanden gewesen. Davon abgesehen sei zweifelhaft, ob die Lehre von der tatsächlichen Beherrschung eine Rechtsgrundlage habe.

Der Kläger beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben, soweit eine Betriebsaufspaltung zwischen der GmbH und der Einzelfirma angenommen worden ist.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz.

1. Das FG hat seine Annahme, es liege eine Betriebsaufspaltung vor, auf die Erwägung gestützt, die Ehefrau des Klägers habe als Miteigentümerin des Flurstücks 2 das Besitzunternehmen "mitbeherrscht"; es sei demnach ein "auf die Verpachtung gerichteter" gemeinsamer Betätigungswille der Eheleute vorhanden gewesen. Beide Eheleute sollen in der Lage gewesen sein, ihren gemeinsamen Betätigungswillen auch in dem Betriebsunternehmen GmbH durchzusetzen: der Kläger als fachmännischer alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer, die Ehefrau als Alleingesellschafterin und als Geschäftsführerin. Diese Erwägungen sind nicht geeignet, eine Betriebsaufspaltung zu begründen.

a) Das FG hat den allein gegen den Kläger gerichteten angegriffenen Gewerbesteuermeßbescheid bestätigt, obwohl beide Eheleute Träger des vom FG angenommenen Besitzunternehmens sein sollen (§ 5 Abs.1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes --GewStG--). Es kann unerörtert bleiben, ob die Ehefrau deswegen im Bescheid nicht benannt werden mußte, weil sie nicht nach außen in Erscheinung trat (vgl. für den atypischen stillen Gesellschafter BFH-Urteil vom 12.November 1985 VIII R 364/83, BFHE 145, 408, BStBl II 1986, 311). Auch wenn der angegriffene Bescheid, ausgehend von der Vorstellung des FG, verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden sein sollte, könnte er aus materiell-rechtlichen Gründen keinen Bestand haben.

b) Nach den Grundsätzen des Beschlusses des Großen Senats des BFH vom 8.November 1971 GrS 2/71 (BFHE 103, 440, BStBl II 1972, 63) setzt eine Betriebsaufspaltung eine enge sachliche und persönliche Verflechtung des Besitz- und des Betriebsunternehmens voraus; die hinter beiden Unternehmen stehenden Personen müssen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen haben, den sie in beiden Unternehmen durchsetzen können. An diesen Grundsätzen ist auch nach Ergehen des Beschlusses des Großen Senats des BFH vom 25.Juni 1984 GrS 4/82 (BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751) festzuhalten (BFH-Urteile vom 12.November 1985 VIII R 240/81, BFHE 145, 401, BStBl II 1986, 296; vom 23.Oktober 1986 IV R 214/84, BFHE 148, 65, 66, BStBl II 1987, 120). Das vom FG angenommene Besitzgebilde und die GmbH waren personell nicht eng miteinander verflochten.

Das FG unterstellt für das Besitzgebilde, daß es dem Kläger "gegen den Willen der Ehefrau nicht möglich gewesen (wäre), der GmbH die wesentlichen Betriebsgrundlagen vollständig zu verpachten". Es nimmt also ein Vetorecht der Ehefrau an. Ein solches reicht indessen nicht aus, um ein Unternehmen zu beherrschen. Kann bei zwei Beteiligten jeder ein Tätigwerden des anderen verhindern, andererseits aber nicht seinen eigenen Willen durchsetzen, läßt sich eine Beherrschung nur durch gemeinschaftliches Handeln verwirklichen. Eine personelle Verflechtung scheitert sonach auf der Grundlage der Vorstellung des FG daran, daß das Besitzgebilde nur durch einverständliches Handeln beider Eheleute beherrschbar war, während die GmbH --jedenfalls über die Beteiligung-- ausschließlich von der Ehefrau beherrscht wurde. Das gilt auch für die kurze Zeit von der Gründung der GmbH bis zum 14.August 1978, als der Kläger einen Anteil von 1 000 DM an der GmbH hielt. Die Eheleute bildeten zwar in dieser Zeit eine Gruppe, der nach der Annahme des FG sowohl das Besitzgebilde als auch die GmbH vollständig gehörte und die als solche beide Unternehmen beherrschte. Eine Zusammenfassung zu einer Gruppe kommt jedoch deswegen nicht in Betracht, weil die Beteiligungsverhältnisse der Eheleute in beiden Unternehmen extrem unterschiedlich waren (BFH-Urteile vom 23.November 1972 IV R 63/71, BFHE 108, 44, 48, BStBl II 1973, 247; vom 17.März 1987 VIII R 36/84, BFHE 150, 356, 358, BStBl II 1987, 858).

c) Besondere Umstände, die ausnahmsweise eine Zusammenfassung der Ehegattenanteile rechtfertigen könnten (Beschluß des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 12.März 1985 1 BvR 571/81 u.a., BVerfGE 69, 188, BStBl II 1985, 475; BFH-Urteile vom 27.November 1985 I R 115/85, BFHE 145, 221, BStBl II 1986, 362; vom 18.Februar 1986 VIII R 125/85, BFHE 146, 266, BStBl II 1986, 611; in BFHE 150, 356, BStBl II 1987, 858), sind nicht ersichtlich. Insbesondere liegt kein Sachverhalt vor, der dem des BFH-Urteils vom 24.Juli 1986 IV R 98-99/85 (BFHE 147, 256, BStBl II 1986, 913) vergleichbar wäre. Der Kläger und seine Ehefrau haben ihre Vermögensverhältnisse nicht für mehrere Unternehmen, abgestimmt aufeinander, geordnet. Sie haben sie vielmehr lediglich für die eine Fahrradfabrik in einem Besitzbereich und in einem Betriebsunternehmen verteilt, wobei ihre Gestaltungsmöglichkeiten ohnehin durch die Rechtsstellung der Mutter des Klägers eingeengt waren.

2. Die Vorentscheidung ist danach aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Es läßt sich nicht ausschließen, daß eine Betriebsaufspaltung auf der Grundlage einer Beherrschung beider Unternehmen durch den Kläger anzunehmen ist. Diese Annahme dürfte dem angegriffenen Bescheid zugrunde liegen.

Das FG wird seine Auffassung, die Ehefrau des Klägers habe das Besitzunternehmen mitbeherrscht, im zweiten Rechtsgang erneut überprüfen. Sollte sich das vom FG angenommene Vetorecht der Ehefrau, wie die Eigentumsverhältnisse nahelegen, nur auf das Flurstück 2 bezogen haben, könnte nicht von einer "Mit"- Beherrschung des Besitzunternehmens durch die Ehefrau gesprochen werden. Eine Mitbeherrschung des gesamten Besitzunternehmens durch die Ehefrau würde nähere Absprachen zwischen den Eheleuten über die Betriebsführung voraussetzen. Sollte das FG derartige Absprachen nicht feststellen, wird es nach den Darlegungen unter 1. eine Betriebsaufspaltung zu verneinen haben.

Sollte die Ehefrau auf die Rechte aus dem Miteigentum an dem Flurstück 2 beschränkt gewesen sein, wird das FG von den folgenden Grundsätzen auszugehen haben.

a) Eine sachliche Verflechtung ist für diesen Fall zu bejahen. Hierfür spricht bereits, daß das Verpachtungsunternehmen und die GmbH aus dem früheren Einzelunternehmen des Klägers hervorgegangen sind, das Anlagevermögen im Verpachtungsunternehmen verblieb und das Umlaufvermögen der GmbH übertragen wurde und im übrigen wie vorher produziert wurde (echte Betriebsaufspaltung). Es kann dahingestellt bleiben, ob sämtliche verpachteten Anlagegegenstände wesentliche Betriebsgrundlagen waren. Jedenfalls befanden sich die Anlagegegenstände, die die GmbH für ihre Produktion benötigte, nicht in ihrem Eigentum, sondern waren ihr von dem Kläger zur Verfügung gestellt worden.

Einer sachlichen Verflechtung steht nicht entgegen, daß der Kläger wesentliche der GmbH verpachtete Betriebsgrundlagen seinerseits (von der Mutter) gepachtet hatte (BFH-Urteil vom 11.August 1966 IV 219/64, BFHE 86, 621, BStBl III 1966, 601) oder solche aus einem eigenen Recht anderer Art nutzen konnte (vgl. für Sonderbetriebsvermögen einer Besitz-Personengesellschaft BFH-Urteil vom 15.Mai 1975 IV R 89/73, BFHE 116, 277, BStBl II 1975, 781). Zumindest bei der echten Betriebsaufspaltung begründet grundsätzlich jede Verpachtung wesentlicher Betriebsgrundlagen eine sachliche Verflechtung, gleichviel, ob der Verpächter Eigentümer oder lediglich Nutzungsberechtigter ist. Rechtspositionen, die als Grundlage für ein werbendes Unternehmen ausreichen, genügen grundsätzlich auch zur Betriebsführung in einem Pachtunternehmen, sofern der Verpächter zur Nutzungsüberlassung befugt ist.

Das FG ist davon ausgegangen, daß auch der Miteigentumsanteil der Ehefrau an dem Flurstück 2 (einschließlich der aufstehenden Betriebsgebäude) in die Verpachtung eingeschlossen war. Es läßt allerdings im unklaren, aufgrund welcher Rechtsposition der Kläger befugt war, auch diesen Vermögensgegenstand zu nutzen und Dritten zur Nutzung zu überlassen. Das FG hat festgestellt, der Kläger habe "von seiner Ehefrau durch welche vertragliche Gestaltung auch immer oder durch schlichte Duldung" die "tatsächliche Verfügungsgewalt" erhalten und sei jedenfalls in der Lage gewesen, "der GmbH den Grundbesitz zu überlassen". Die Feststellungen des FG tragen seine Annahme, daß der Miteigentumsanteil der Ehefrau an dem Flurstück 2 in die sachliche Verflechtung einzubeziehen ist, sofern er eine wesentliche Betriebsgrundlage darstellt. Unerheblich ist, daß die Ehefrau dem Kläger ihren Miteigentumsanteil unentgeltlich zur Nutzung überlassen haben dürfte. Sowohl entgeltlich als auch unentgeltlich überlassene Nutzungsbefugnisse an wesentlichen Betriebsgrundlagen berechtigen dazu, diese im Rahmen einer Betriebsaufspaltung zu verpachten. Unerörtert bleiben kann in diesem Zusammenhang, ob der Kläger an dem aufstehenden Gebäude, soweit es seiner Ehefrau gehörte, wirtschaftliches Eigentum erwarb, weil er auch insoweit die Herstellungskosten getragen hat (dazu neuerdings BFH-Urteil vom 26.Mai 1988 III R 151/86, BFHE 153, 566). Nutzungsbefugnisse können auch ohne rechtliches oder wirtschaftliches Eigentum eingeräumt werden. Es kann auch nicht als rechtsmißbräuchlich angesehen werden, daß die Ehefrau ihren Miteigentumsanteil nicht unmittelbar "ihrer" GmbH überließ, sondern den Kläger zwischenschaltete. Die Beteiligten führten bei der gewählten Gestaltung lediglich das Rechtsverhältnis fort, wie sie es bis zur GmbH-Gründung gestaltet hatten.

b) Die bisher getroffenen Feststellungen des FG erlauben kein Urteil, ob die beiden Unternehmen auch personell miteinander verflochten waren. Der Kläger, der als Einzelunternehmer das Verpachtungsunternehmen (Besitzunternehmen), wie hier unterstellt wird, allein beherrschte, war nicht an der GmbH beteiligt, wenn von der kurzfristigen geringfügigen Beteiligung vom 23.Mai bis 14.August 1978 abgesehen wird. Die Anteile an der GmbH hielt allein die Ehefrau. Über die Beteiligung läßt sich sonach keine personelle Verflechtung begründen (Besitzunternehmen = Einzelunternehmen des Klägers, Betriebsunternehmen = 100 %ige Beteiligung der Ehefrau; Wiesbadener Modell; vgl. BFH-Urteil vom 30.Juli 1985 VIII R 263/81, BFHE 145, 129, BStBl II 1986, 359).

Indessen läßt sich eine personelle Verflechtung über eine faktische Beherrschung der GmbH durch den Kläger noch nicht mit Sicherheit ausschließen. Der Große Senat des BFH hat in seinem Beschluß in BFHE 103, 440, 444, BStBl II 1972, 63 ausgeführt, es genüge, daß die Person oder die Personen, die das Besitzunternehmen tatsächlich beherrschen, in der Lage sind, auch in der Betriebsgesellschaft ihren Willen durchzusetzen. Die Tragweite der faktischen Beherrschung läßt sich aus der Entscheidung des Großen Senats des BFH nicht entnehmen. Jedenfalls sind an die Voraussetzungen strenge Anforderungen zu stellen. Demgemäß ist in der Rechtsprechung des BFH nur in Ausnahmefällen eine faktische Beherrschung bejaht worden. Der IV.Senat hat in seinem Urteil in BFHE 119, 462, 466 f., BStBl II 1976, 750 einen solchen Ausnahmefall darin gefunden, daß die Gesellschafter der Besitz-Personengesellschaft (zwei Ehemänner) in der von ihren beiden Ehefrauen gebildeten Betriebs-Personengesellschaft "aus fachlichen Gründen eine eindeutige Vorrangstellung auf dem Gebiete der in Frage stehenden geschäftlichen Betätigung" (Herstellung von Lagertanks und Zubehör, Großhandel mit diesen Artikeln, Werksvertretung auf diesem Gebiet) einnahmen. Für die Gesellschafterinnen der Betriebsgesellschaft lag es nach den Ausführungen des BFH "im eigenen wohlverstandenen wirtschaftlichen Interesse zwingend" nahe, sich "weithin den Vorstellungen der ihnen nahestehenden Gesellschafter der Besitzgesellschaft unterzuordnen". Eine so verstandene faktische Herrschaftsgewalt verdrängt die gesellschaftsrechtlich beteiligten Personen aus ihren Rechten. Daher können der faktisch Herrschende und der gesellschaftsrechtlich Beteiligte keine Personengruppe i.S. des BFH-Urteils in BFHE 108, 44, BStBl II 1973, 247 bilden.

Im Hinblick auf die rechtliche und im Laufe der gesellschaftlichen Entwicklung weiter fortgeschrittene tatsächliche Gleichstellung der Frau (der Ehefrau) kann eine Lage, wie sie der IV.Senat beschrieben hat, nur in extrem gelagerten Ausnahmefällen angenommen werden. Beteiligt sich eine (Ehe-)Frau am Wirtschaftsleben, ist davon auszugehen, daß dies selbständig und eigenverantwortlich geschieht. Erhält eine Ehefrau --wie hier im Streitfall-- die Stellung einer Alleingesellschafterin und einer alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführerin einer GmbH, ist in aller Regel davon auszugehen, daß sie die ihr eingeräumte Rechtsstellung auch ausübt. Dies gilt unabhängig davon, ob ihr die Mittel für den Erwerb der GmbH-Anteile vom Ehemann geschenkt worden sind und ob fachlich die Kenntnisse des Ehemannes dominieren. Wer sich seines Vermögens durch Schenkung begibt, muß damit rechnen, daß das wohlverstandene wirtschaftliche Interesse des Beschenkten nicht notwendig mit seinem eigenen wirtschaftlichen Interesse übereinstimmt. Fachliche Dominanz des Ehemannes kann dessen faktische Herrschaftsgewalt nur dann begründen, wenn die Ehefrau nach den Umständen des Einzelfalles darauf angewiesen ist, sich dem Willen ihres Ehemannes so unterzuordnen, daß sie daneben keinen eigenen geschäftlichen Willen entfalten kann. Ein Beweisanzeichen dafür ist, daß sie sowohl im kaufmännischen als auch im technischen Bereich des ihr gehörenden Unternehmens völlig unerfahren ist. Der erkennende Senat schließt sich der Auffassung des VIII.Senats an, der eine faktische Beherrschung für den Fall verneint hat, daß die Ehefrau "nicht völlig fachunkundig" war, und der es in diesem Zusammenhang für unerheblich gehalten hat, ob die Ehefrau ausreichend qualifiziert war, den Ehemann bei seiner Geschäftstätigkeit wesentlich zu entlasten (BFH-Urteil vom 9.September 1986 VIII R 198/84, BFHE 147, 463, 467, BStBl II 1987, 28).

Das FG, das von anderen Grundsätzen ausgegangen ist, wird erforderlichenfalls die Frage der faktischen Beherrschung nochmals prüfen. Dabei wird es auf das bisher nicht gewürdigte Vorbringen des Klägers im Einspruchs- und Klageverfahren eingehen müssen, die Ehefrau sei in der GmbH tatsächlich leitend tätig geworden, wozu sie aufgrund ihrer Ausbildung und jahrzehntelanger Geschäftserfahrung befähigt gewesen sei. Sollte sich dieses Vorbringen bestätigen, wäre eine faktische Beherrschung zu verneinen.

Auf die Verfahrensrüge kommt es nicht an, da ohnehin an das FG zurückverwiesen wird.

3. Sollte das FG eine Betriebsaufspaltung verneinen, wird es das Unternehmen des Klägers erst für die Zeit ab Gründung der GmbH als gewerbesteuerfreies Verpachtungsunternehmen behandeln können (BFH-Urteil vom 13.November 1963 GrS 1/63 S, BFHE 78, 315, 320, BStBl III 1964, 124). Für die Zeit davor bestand noch das frühere werbende Einzelunternehmen des Klägers. Der Betriebsprüfer hat einen Vorschlag für die Aufteilung des Gewinns 1978 auf die Zeiträume 1.Januar bis 22.Mai und 23.Mai bis 31.Dezember 1978 gemacht. Diesen Vorschlag wird das FG zu überprüfen haben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 62058

BFH/NV 1989, 7

BStBl II 1989, 152

BFHE 154, 566

BFHE 1989, 566

BB 1989, 196-199 (LT1-3)

DB 1989, 304-306 (LT)

DStR 1989, 76 (KT)

HFR 1989, 144 (KT)

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