Leitsatz (amtlich)

Zahlt eine GmbH aus Anlaß ihrer Umwandlung ihren Gesellschafter-Geschäftsführern den Zeitwert der zur Erfüllung einer ihnen gegebenen Pensionszusage gebildeten Rückstellung aus, so liegt darin keine verdeckte Gewinnausschüttung.

 

Normenkette

KStG § 6; EStG § 6a

 

Tatbestand

Streitig ist bei der Körperschaftsteuerveranlagung 1959 die Behandlung von Pensionsrückstellungen aus Anlaß der Umwandlung.

Die Bgin., eine Familiengesellschaft, hatte ihren beiden Gesellschafter-Geschäftsführern mit Verträgen vom 1. September 1954 eine Versorgungszusage gegeben, die jedoch vom Finanzamt als überhöht betrachtet und nur mit jeweils 50 v. H. der Zuführung zur Rückstellung steuerlich anerkannt worden war; der steuerlich nicht anerkannte Teil war dem Gewinn der Bgin. außerhalb der Bilanz hinzugesetzt worden.

Mit Beschluß ihrer Gesellschafter vom 28. Dezember 1959 wurde die Bgin. mit Wirkung vom 30. November 1959 nach den Vorschriften des Gesetzes über die Umwandlung von Kapitalgesellschaften und bergrechtlichen Gewerkschaften (UmwG) vom 12. November 1956 (BGBl 1956 I S. 844) im Wege der errichtenden Umwandlung auf eine aus ihren Gesellschaftern bestehende OHG umgewandelt. Die Pensionszusagen für die Gesellschafter-Geschäftsführer wurden von der OHG nicht übernommen; dafür zahlte die Bgin. ihren Gesellschafter-Geschäftsführern am 30. November 1959 in Höhe des steuerlich anerkannten Teiles der Rückstellung eine Abfindung, die ordnungsgemäß dem Lohnsteuerabzug unterworfen wurde. Demgemäß erschien in der Umwandlungsbilanz der Bgin. auf den 30. November 1959 die Rückstellung nicht mehr. Eine Zuführung zur Rückstellung war für 1959 angesichts der beschlossenen Umwandlung nicht mehr erfolgt, die Rückstellung vielmehr in Höhe von 50 v. H. zur Zahlung der Abfindung an die Gesellschafter verwendet und mit 50 v. H. über Gewinnvortrag aufgelöst worden.

Das Finanzamt sah in der Auszahlung unter Bezug auf das Urteil des Reichsfinanzhofs I 279/37 vom 11. Januar 1938 (RStBl 1938 S. 240) eine verdeckte Gewinnausschüttung. Der Einspruch der Bgin. blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht gab der Berufung der Bgin. statt. Seine Entscheidung begründet es wie folgt:

Die wegen der den Gesellschafter-Geschäftsführern gegebenen Pensionszusagen gebildete Rückstellung sei mit Rücksicht auf die Umwandlung zum Umwandlungsstichtag in der Weise aufgelöst worden, daß der Kapitalwert den Gesellschaftern gezahlt und der Rest über Gewinn (als Gewinnvortrag) verbucht worden sei. Hierin könne nach dem Urteil des Reichsfinanzhofs I 279/37 eine verdeckte Gewinnausschüttung gefunden werden, soweit die durch eine Pensionsrückstellung gebundenen Mittel vor Eintritt des Versorgungsfalles an die Gesellschafter-Geschäftsführer ausgekehrt wurden, es sei denn, daß sie der Abfindung der Berechtigten für die Aufgabe ihrer Versorgungsansprüche dienten.

Angesichts der Tatsache, daß bei der Umwandlung einer Kapitalgesellschaft auf ihre Gesellschafter oder eine von ihnen gebildete Personengesellschaft durch Konfusion lediglich die Versorgungsansprüche der Gesellschafter-Geschäftsführer, nicht auch die Versorgungsansprüche Dritter, der Gesellschaft fremd gegenüberstehender Angestellter untergingen, müsse der übliche Vergleich des zu beurteilenden Verhaltens der Gesellschaft mit ihrem mutmaßlichen Verhalten einem ihr fremden Dritten gegenüber notwendig versagen. Da aber die Ansprüche der Gesellschafter-Geschäftsführer ohnehin mit der Umwandlung untergingen, bedürfe es in diesem Falle einer besonderen, die Abfindung für den Untergang der Ansprüche begründenden Vereinbarung nicht. Denn durch den Beschluß, die Bgin. umzuwandeln, und die sich aus ihm ergebenden Rechtsfolgen sowie durch die Überlegungen, die zur Ausbuchung der Rückstellungen geführt hätten, seien die Rechtsverhältnisse zwischen der Bgin. und ihren Gesellschaftern genügend klar gestaltet. Für Willkürmaßnahmen sei kein Raum verblieben.

Wenn auch nicht zu verkennen sei, daß der von der Bgin. gewählte Weg zur Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung verleiten könne, so sei eine solche Annahme jedoch schon mit Rücksicht darauf nicht gerechtfertigt, daß durch den vor der Umwandlung durchgeführten Ausgleich der Rückstellungen weder der Bgin. noch ihren Gesellschaftern ein Vorteil erwachsen sei. Das Verhalten der Bgin. überschreite somit nicht die vom Reichsfinanzhof im Urteil I 279/37 gezogenen Grenzen.

Hiergegen wendet sich der Vorsteher des Finanzamts mit der Rb.

In Anbetracht des bilanzierten und des ausgekehrten Betrages liege nicht eine (Voll-)Abfindung, sondern nur eine Teilabfindung vor, die nach dem angeführten Urteil des Reichsfinanzhofs die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung rechtfertige (so auch Urteil des Reichsfinanzhofs VI 656/37 vom 3. August 1938, RStBl 1938 S. 963). Widerspruchsvoll und deshalb aufklärungsbedürftig sei der Vortrag der Bgin., die zunächst eine Vereinbarung über die Abfindung für nicht erforderlich gehalten, dann aber als mündlich getroffen behauptet habe.

Unrichtig sei auch die Auffassung des Finanzgerichts, daß im Streitfall das zu beurteilende Verhalten der Bgin. mit ihrem mutmaßlichen Verhalten einem ihr fremden Dritten gegenüber nicht verglichen werden könne. Die Umwandlung lasse grundsätzlich Ruhegeldanwartschaften unberührt; auch die Pensionsansprüche der Geschäftsführer einer umgewandelten GmbH gingen durch die Umwandlung nicht unter, selbst wenn die Berechtigten gleichzeitig Gesellschafter der GmbH seien. Erst der Übergang der Pensionsansprüche auf die neu errichtete Personengesellschaft führe zu ihrem Erlöschen, soweit die Berechtigten gleichzeitig Gesellschafter der übernehmenden Personengesellschaft seien. Die dadurch entstehenden Gewinne würden indes den Gesellschaftern nach dem Verhältnis ihrer Beteiligung auf ihren Kapitalkonten gutgeschrieben. Aus alledem folge, daß nur die Gesellschaftereigenschaft der Pensionsberechtigten im Streitfall zu der getroffenen Regelung geführt habe. Die Versorgungsansprüche der ihr gesellschaftsrechtlich nicht verbundenen Angestellten würde die Bgin. nicht abgelöst haben.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist nicht begründet.

1. Unstreitig haben die Gesellschafter der Bgin. deren Umwandlung in eine OHG zum 30. November 1959 beschlossen und durchgeführt, deren Gesellschafter wiederum allein die bisherigen Gesellschafter der Bgin. waren. Die Umwandlung hat den liquidationslosen Übergang des Vermögens der Bgin. auf die OHG als deren Gesamtrechtsnachfolgerin zur Folge. Die Rückstellungen für die Pensionszusagen, die die Bgin. seinerzeit ihren Gesellschafter-Geschäftsführern gegeben hatte, hätten zwar noch in der Umwandlungs-(Schluß-)Bilanz der Bgin. erscheinen können; sie hätten jedoch infolge der Umwandlung ihre Grundlage verloren und wären von der OHG aufzulösen gewesen (siehe Böttcher-Meilicke, Umwandlung und Verschmelzung von Kapitalgesellschaften, 5. Auflage, Anm. 466 zu § 5 des Umwandlungsteuergesetzes, S. 606).

Im Streitfall hat die Bgin. die durch den steuerlich anerkannten Teil der Rückstellung gebundenen Mittel ihren Gesellschaftern als Abfindung für den aus der Umwandlung resultierenden Verlust ihrer Versorgungsansprüche ausgekehrt. Die durch den steuerlich nicht anerkannten Teil der Rückstellung gebundenen Mittel erhöhten auf dem Umweg über den Übernahmegewinn die Kapitalkonten der Berechtigten bei der OHG. In diesen beiden Vorgängen ist eine durch die Umwandlung ausgelöste vorzeitige Erfüllung der Versorgungsansprüche mit ihrem Zeitwert zu sehen, wenn man der Annahme eines gegen Abfindung vereinbarten, im Umwandlungsbeschluß gelegenen Verzichts auf die Versorgungsansprüche nicht folgen will. Da den Gesellschaftern der Bgin. so, wenn auch für je 50 v. H. der durch die Rückstellung gebundenen Mittel auf zwei verschiedenen Wegen, die vollen durch die Rückstellung gebundenen Vermögenswerte zuflossen, liegt im Streitfall keine Teilabfindung vor.

Mit Recht weist die Bgin. darauf hin, daß es keinen Unterschied in der steuerrechtlichen Beurteilung begründen könne, auf welchem Wege die Vermögensübertragung insoweit, als die durch die Pensionsrückstellung gebundenen Vermögenswerte in Frage stehen, erfolge. Da der Beschluß zur Umwandlung der Bgin. in der vorgesehenen Form notwendig die Auflösung der Rückstellung für die Pensionsansprüche ihrer Gesellschafter-Geschäftsführer zur Folge hatte, mußte es für das steuerliche Ergebnis bei der untergehenden Kapitalgesellschaft gleichgültig sein, ob die Übertragung ihrer Vermögenswerte in Höhe der steuerlich anerkannten Rückstellung in Form der unmittelbaren Auskehrung an ihre Gesellschafter-Geschäftsführer (als vorzeitige Erfüllung oder als Abfindung) oder im Wege der Überführung auf den Gesamtrechtsnachfolger, die von ihren Gesellschafter-Geschäftsführern gebildete OHG, erfolgte.

Dem Finanzgericht ist auch darin zuzustimmen, daß es bei dieser Sachlage einer besonderen Vereinbarung über die Abfindung der Gesellschafter-Geschäftsführer für die Aufgabe ihrer Versorgungsansprüche nicht bedurfte, weil diese bereits in dem Umwandlungsbeschluß selbst begründet lag. Die durch die Rückstellung gebundenen Mittel mußten den Gesellschafter-Geschäftsführern der Bgin. mit Durchführung der Umwandlung zwangsläufig zufallen. Das Finanzgericht konnte deshalb von weiteren Ermittlungen in dieser Richtung absehen (wenngleich die Bgin. für das Vorliegen einer entsprechenden Vereinbarung Beweis angeboten hat).

3. Nach alledem war für die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung, die das Geschäftsergebnis der Bgin. für das Rumpfwirtschaftsjahr 1959 hätte erhöhen müssen, kein Raum.

 

Fundstellen

Haufe-Index 425886

BStBl III 1966, 23

BFHE 1966, 65

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