Leitsatz (amtlich)

1. Aufgrund von § 193 Abs. 1 AO 1977 kann eine Außenprüfung auch angeordnet werden, wenn der Steuerpflichtige nur geringe Gewinne erzielt hat und hierüber keine Unterlagen oder Aufzeichnungen besitzt. In die Prüfung können alle Steuerarten einbezogen werden, für die die betrieblichen Verhältnisse Bedeutung haben können. Im Rahmen dieser Steuerarten können auch alle sonstigen für die Besteuerung wesentlichen Umstände mitgeprüft werden.

2. Bei Anordnung der Außenprüfung nach § 193 Abs. 1 AO 1977 muß für das FA feststehen, daß der Steuerpflichtige tatsächlich in der in § 193 Abs. 1 AO 1977 beschriebenen Weise tätig war. Für die Prüfung genügt es nicht, daß beim Ehegatten des Steuerpflichtigen eine Außenprüfung durchgeführt wird.

2. Ob ein Aufklärungsbedürfnis i. S. von § 193 Abs. 2 Nr. 2 AO 1977 besteht, ist von den Steuergerichten zu überprüfen. Ein solches Bedürfnis ist anzunehmen, wenn Anhaltspunkte bestehen, die es nach den Erfahrungen der Finanzverwaltung als möglich erscheinen lassen, daß der Steuerpflichtige erforderliche Steuererklärungen nicht, unvollständig oder unrichtig abgegeben hat.

2. Die Finanzbehörde entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen, ob in diesem Fall eine Außenprüfung zweckmäßig ist. Sie muß hierbei den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten.

2. Prüfungsanordnungen gegen Eheleute können in einer Verfügung zusammengefaßt werden. Zu ihrer Bekanntgabe genügt die Übersendung nur einer Ausfertigung, wenn die Eheleute durch die gemeinsame Abgabe von Einkommensteuererklärungen sich gegenseitig zur Empfangnahme im Besteuerungsverfahren ermächtigt haben.

2. Eine Prüfungsanordnung, die eine Außenprüfung "beim Steuerpflichtigen" anordnet, legt damit noch nicht den Ort der Prüfung fest.

 

Normenkette

AO 1977 § 122 Abs. 1, § 193 Abs. 1, 2 Nr. 2

 

Verfahrensgang

FG Hamburg

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute. Nach den Einkommensteuerveranlagungen hatte der Kläger in den Streitjahren 1974 bis 1976 Einkünfte aus Gewerbebetrieb als Gesellschafter einer KG, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus einer Grundstücksgemeinschaft und in den Jahren 1974 und 1975 auch Einkünfte aus einer freiberuflichen Tätigkeit als Gutachter von rd. 400 bzw. 4 200 DM. Die Klägerin war als Übersetzerin freiberuflich tätig; ihre Einkünfte beliefen sich in den Jahren 1974 bis 1976 auf rd. 4 700 DM, 6 400 DM und 3 900 DM. Außerdem hatte sie während dieser Zeit Einkünfte aus der Vermietung eines Mietwohngrundstücks.

Im Anschluß an eine Außenprüfung bei der KG ordnete der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) im Jahre 1978 auch eine Außenprüfung bei den Klägern an. Nach der Prüfungsanordnung sollte die Prüfung die Jahre 1974 bis 1976 umfassen und sich auf Umsatzsteuer, Einkommensteuer und Vermögensteuer erstrecken. In der Prüfungsanordnung wurde auf die §§ 193 ff. der Abgabenordnung (AO 1977) verwiesen; eine weitere Begründung wurde nicht gegeben.

Die Kläger erhoben erfolglos Beschwerde. In der Beschwerdeentscheidung führte die Oberfinanzdirektion (OFD) aus, bei den Klägern sei im Hinblick auf ihre freiberufliche Tätigkeit gemäß § 193 Abs. 1 AO 1977 ohne weiteres eine Außenprüfung möglich. Die Anordnung sei aber auch aus § 193 Abs. 2 Nr. 2 AO 1977 gerechtfertigt, weil für die Außenprüfung ein besonderer Anlaß bestehe. Es müsse ermittelt werden, in welchem Umfang die Kraftfahrzeug- und Telefonkosten auf den freiberuflichen und den privaten Bereich entfielen. Bei der Tätigkeit des Klägers handle es sich möglicherweise um eine gewerbliche Betätigung im Dienste der KG. Es sei nicht zweckmäßig, diese Verhältnisse an Amts Stelle zu überprüfen.

Die Klage blieb erfolglos; das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 1979 S. 583 (EFG 1979, 583) veröffentlicht.

Mit der vom FG zugelassenen Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet; die Prüfungsansordnung ist rechtmäßig.

1. Gegen ihre Wirksamkeit bestehen keine verfahrensrechtlichen Bedenken.

a) Die Prüfungsanordnung (§ 196 AO 1977) richtete sich gegen beide Eheleute. Da die Finanzverwaltung ein einheitliches Prüfungsverfahren durchführen wollte, konnte sie die Prüfungsanordnungen gegen beide Steuerpflichtigen zusammenfassen. Von dieser Möglichkeit geht auch die Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 14. Februar 1978 VII R51/77 (BFHE 124, 408, BStBl II 1978, 416) aus. Entgegen der Revisionsauffassung sind die Kläger auch hinreichend als Adressaten des Verwaltungsakts bezeichnet worden. Die Prüfungsanordnung war adressiert an "Herrn und Frau X"; daraus ergibt sich, daß auch die Ehefrau betroffen sein sollte, obwohl ihr Vorname nicht angegeben war.

Die Prüfungsanordnung ist auch wirksam bekanntgegeben (§ 122 AO 1977), obwohl den Klägern nur eine Ausfertigung übersandt worden ist. Im Verwaltungsverfahrensrecht ist streitig, ob ein für Eheleute bestimmter Verwaltungsakt durch Übergabe nur einer Ausfertigung bekanntgegeben werden kann oder ob wie im Falle einer förmlichen Zustellung die Übergabe von zwei Ausfertigungen erforderlich ist (vgl. dazu Stelkens/Bonk/Leonhardt, Verwaltungsverfahrensgesetz, 1978, § 41 Anm. 18; Kopp, Verwaltungsverfahrensgesetz, 2. Aufl., § 41 Anm. 24, jeweils mit weiteren Nachweisen). Das BFH-Urteil in BFHE 124, 408, BStBl II 1978, 416 hat die Aushändigung nur einer Ausfertigung der für beide Ehegatten bestimmten Prüfungsverfügung vor Inkrafttreten der AO 1977 für ausreichend gehalten. Selbst wenn man aber grundsätzlich die Aushändigung gesonderter Ausfertigungen an jeden Ehegatten verlangen wollte, so genügt doch auch dann die Übergabe nur einer Ausfertigung, wenn jeder Ehegatte Empfangsvollmacht für den anderen Ehegatten hat (vgl. BFH-Urteile vom 13. August 1970 IV 48/65, BFHE 100, 171, BStBl II 1970, 839; vom 16. August 1978 I R 26/78, BFHE 126, 5, BStBl II 1979, 58). Eine solche Bevollmächtigung ist in der Regel anzunehmen, wenn Eheleute ihre Einkommensteuererklärungen gemeinsam abgeben. Das ist im Streitfall geschehen. Die Vollmacht gilt nicht nur für die Entgegennahme des Einkommensteuerbescheids, sondern für das gesamte Besteuerungsverfahren (BFH-Urteil in BFHE 100, 171, BStBl II 1970, 839); sie erstreckt sich damit auch auf den Empfang einer Prüfungsanordnung, selbst wenn sich die Prüfung nicht nur auf die Einkommensteuer erstrecken soll.

b) Als Rechtsgrundlage der Außenprüfung kommen § 193 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 AO 1977 in Betracht. Die Prüfungsanordnung des FA läßt nicht erkennen, auf welche Bestimmung die Verfügung gestützt werden soll. Ein hierin liegender Begründungsmangel (§ 121 AO 1977) ist jedoch durch die Erläuterung in der Beschwerdeentscheidung geheilt (§ 126 Abs. 1 Nr. 2 AO 1977).

2. Die Prüfungsanordnung findet beim Kläger für die Jahre 1974 und 1975 und bei der Klägerin für die Jahre 1974 bis 1976 bereits in § 193 Abs. 1 AO 1977 eine Grundlage. Danach ist eine Außenprüfung bei Steuerpflichtigen zulässig, die einen gewerblichen oder land- und forstwirtschaftlichen Betrieb unterhalten oder die freiberuflich tätig sind. Da der Kläger in den Jahren 1974 und 1975, die Klägerin in den Jahren 1974 bis 1976, eine freiberufliche Tätigkeit ausgeübt haben, kann das FA bei ihnen aufgrund dieser Bestimmung eine Außenprüfung vornehmen und zur Einleitung der Prüfung die in § 196 AO 1977 vorgesehene Prüfungsanordnung erlassen. Weitere Voraussetzungen für das Tätigwerden der Finanzbehörde sieht das Gesetz nicht vor.

a) Entgegen der Auffassung der Kläger kommt es nicht darauf an, ob Aufzeichnungen oder Belege über die Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit vorhanden sind. Allerdings hat die Durchsicht von Aufzeichnungen und Unterlagen im Rahmen einer Außenprüfung besondere Bedeutung. Die Prüfung kann jedoch auch angeordnet werden, wenn der Steuerpflichtige keine Unterlagen besitzt und die Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden müssen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 200 AO 1977. Die Vorschrift regelt nicht die Voraussetzungen, sondern die Durchführung einer Außenprüfung und gibt dem Steuerpflichtigen in diesem Zusammenhang die Vorlegung und Erläuterung vorhandener Unterlagen auf.

Ebenso ist unerheblich, daß die Kläger nach den Einkommensteuerveranlagungen nur verhältnismäßig geringe Einkünfte aus ihrer freiberuflichen Betätigung erzielt haben. § 193 Abs. 1 AO 1977 ermöglicht eine Außenprüfung auch bei Steuerpflichtigen mit Kleinbetrieben und geringen Gewinnen; auch in solchen Fällen muß die Finanzverwaltung ihrer Ermittlungspflicht genügen, um eine gleichmäßige Besteuerung herbeizuführen (§§ 85, 88 AO 1977).

b) Da die Finanzverwaltung nicht in allen Fällen, in denen dies nach § 193 Abs. 1 AO 1977 zulässig wäre, auch tatsächlich eine Prüfung durchführen kann, muß sie die zu prüfenden Steuerpflichtigen auswählen. Sie verfährt hierbei nach pflichtgemäßem Ermessen (vgl. BFH-Urteil vom 24. Oktober 1972 VIII R 8/69, BFHE 108, 143, BStBl II 1973, 275, am Ende). Im Streitfall bestehen keine Anhaltspunkte für ein sachwidriges Verhalten des FA. Die Heranziehung der Kläger zur Prüfung wäre auch dann nicht zu beanstanden, wenn sie im Zusammenhang mit der turnusmäßigen Prüfung der KG stand. Das FG brauchte daher nicht zu untersuchen, ob es hierzu beim FA generelle Anweisungen gab, wie die Kläger vortragen.

c) Auch der Umfang der Prüfung ist bedenkenfrei. Er wird nach § 196 AO 1977 von der Finanzbehörde festgelegt. Macht das FA von der Prüfungsmöglichkeit des § 193 Abs. 1 AO 1977 Gebrauch, so kann es die Prüfung auf die Steuerarten erstrecken, für die die betrieblichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen Bedeutung haben können. Es konnte deshalb im Streitfall auch die Umsatz- und Vermögensteuer in die Prüfung einbeziehen.

Andererseits muß sich die Prüfung nicht auf die Feststellung der betrieblichen Verhältnisse beschränken. Ziel der Außenprüfung ist die Ermittlung der Steuerschulden innerhalb der geprüften Steuerarten. Hierbei müssen vielfach auch Besteuerungsmerkmale berücksichtigt werden, die mit den betrieblichen Vorgängen nichts zu tun haben. Die Finanzbehörde muß die Besteuerungsgrundlagen auch insoweit von Amts wegen ermitteln (§ 88 AO 1977) und kann dieser Aufgabe im Rahmen der Außenprüfung genügen. Das ist vielfach schon deswegen unumgänglich, weil solche Besteuerungsmerkmale aus der Prüfung betrieblicher Vorgänge bekanntwerden. Auch weitergehende Ermittlungen können dem Prüfer nicht versagt sein; es wäre mit einem sachgemäßen Verwaltungsverfahren nicht vereinbar, wenn solche Ermittlungen ausgeklammert und nach Maßgabe der §§ 90, 93 ff. AO 1977 nachgeholt werden müßten.

Bereits unter der Geltung der Reichsabgabenordnung (AO) konnten bei der Betriebsprüfung eines Unternehmers (§ 193 Abs. 1 Satz 1 AO) alle für die Besteuerung wesentlichen Umstände mitgeprüft werden, auf die sich das Steuerermittlungsverfahren erstreckt (vgl. BFH-Urteil vom 14. Oktober 1975 VII R 131/73, BFHE 117, 201, BStBl II 1976, 233). Hieran hat sich durch das Inkrafttreten der Abgabenordnung nichts geändert. Das ergibt sich auch aus der Regelung des § 194 Abs. 2 AO 1977, die es der Finanzbehörde gestattet, die Außenprüfung bei einer Personengesellschaft aus Zweckmäßigkeitsgründen auf die steuerlichen Verhältnisse der Gesellschafter auszudehnen, auch wenn diese Verhältnisse für die einheitlichen Feststellungen bei der Gesellschaft keine Bedeutung haben. Eine solche Erstreckung der Prüfung auf nichtbetriebliche Umstände ist auch bei einem Einzelunternehmer zulässig.

3. Nach der Prüfungsanordnung soll beim Kläger auch für das Jahr 1976 eine Außenprüfung durchgeführt werden. Diese Prüfung läßt sich nicht auf § 193 Abs. 1 AO 1977 stützen, da der Kläger in seiner Steuererklärung für diesen Zeitraum Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit nicht angegeben hat und daher ungewiß ist, ob er freiberuflich tätig war. Die Außenprüfung ist nur möglich, wenn der Steuerpflichtige tatsächlich einen gewerblichen oder land- und forstwirtschaftlichen Betrieb unterhalten hat oder tatsächlich freiberuflich tätig war (vgl. Schick in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 193 AO 1977 Anm. 80; Frotscher in Schwarz, Kommentar zur Abgabenordnung - AO 1977 -, § 193 Anm. 1 a; ebenso bereits Urteil des Reichsfinanzhofs - RFH - vom 23. November 1932 IV A 51/32, RStBl 1932, 1151, 1154 zu § 193 AO); das muß für das FA bei Erlaß der Prüfungsanordnung auch nach dem Verhalten des Steuerpflichtigen feststehen.

Für die Prüfung des Klägers genügt es auch nicht, daß das FA für denselben Zeitraum bei seiner Ehefrau eine Außenprüfung durchführt. Auch im Falle der Zusammenveranlagung müssen die Prüfungsvoraussetzungen jeweils in der Person des zu prüfenden Ehegatten erfüllt sein (vgl. BFH-Urteil vom 25. Mai 1976 VII R 59/75, BFHE 119, 34, BStBl II 1977, 18).

Die Prüfung ist jedoch nach § 193 Abs. 2 Nr. 2 AO 1977 rechtmäßig. Nach dieser Bestimmung kann eine Außenprüfung auch bei anderen als den in § 193 Abs. 1 AO 1977 genannten Steuerpflichtigen durchgeführt werden, wenn die für die Besteuerung erheblichen Verhältnisse der Aufklärung bedürfen und wenn ferner die Prüfung an Amtsstelle nach Art und Umfang des zu prüfenden Sachverhalts nicht zweckmäßig ist. Beide Voraussetzungen sind im Streitfall gegeben.

a) Ob für die Finanzverwaltung ein Bedürfnis besteht, die Verhältnisse des Steuerpflichtigen aufzuklären, kann vom Gericht überprüft werden; das ist auch sonst der Fall, wenn ein hoheitliches Handeln vom Vorhandensein eines Bedürfnisses abhängig gemacht wird (vgl. Eyermann/Fröhler, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, 8. Aufl., § 114 Anm. 7; Urteil des Bundesverwaltungsgerichts - BVerwG - vom 6. Mai 1971 I WB 8/70, BVerwGE 43, 215). Bei der Auslegung dieses Rechtsbegriffs ist zu berücksichtigen, daß es sich um eine Maßnahme der Steuerermittlung handelt (§ 194 Abs. 1 Satz 1 AO 1977) und daß über Art und Umfang solcher Ermittlungen die Finanzbehörde grundsätzlich in eigener Zuständigkeit entscheidet (§ 88 Abs. 1 Satz 2 AO 1977). Ein Aufklärungsbedürfnis ist deshalb bereits dann anzunehmen, wenn Anhaltspunkte bestehen, die es nach den Erfahrungen der Finanzverwaltung als möglich erscheinen lassen, daß ein Steuerpflichtiger erforderliche Steuererklärungen nicht, unvollständig oder mit unrichtigem Inhalt abgegeben hat.

Nach dem Beschwerdebescheid geht die Finanzbehörde erkennbar davon aus, daß der Kläger möglicherweise auch im Jahre 1976 freiberuflich tätig war. Dafür bestehen Anhaltspunkte, weil der Kläger in den Vorjahren entsprechende Einkünfte erklärt hat und eine solche Tätigkeit bei sonst unveränderten Verhältnissen erfahrungsgemäß nicht aufgegeben wird. Ob auch die weiteren von der Finanzbehörde angegebenen Gründe die Außenprüfung rechtfertigen, bedarf deshalb keiner Erörterung.

b) Ob eine Prüfung an Amtsstelle nicht zweckmäßig, vielmehr eine Außenprüfung angezeigt ist, entscheidet die Finanzbehörde, wie sich aus dem Gesetzeswortlaut ergibt, nach pflichtgemäßem Ermessen; sie muß dabei Art und Umfang des zu prüfenden Sachverhalts berücksichtigen. Die Gerichte können diese Entscheidung nur darauf überprüfen, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist (§ 102 FGO). Ein solcher Ermessensfehlgebrauch läßt sich im Streitfall nicht feststellen.

Nach dem Einführungserlaß des Bundesministers der Finanzen (BdF) zur Abgabenordnung vom 1. Oktober 1976 (BStBl I, 576) - Zu § 193 Nr. 3 - soll eine Außenprüfung vorzugsweise bei Steuerpflichtigen mit umfangreichen und vielgestaltigen Einkünften vorgenommen werden. Solche Einkünfte hatte der Kläger nicht. Die Ermessensregelung schließt jedoch nicht aus, daß eine Außenprüfung auch in anderen Fällen durchgeführt wird. Eine solche Prüfung bedeutet für den Steuerpflichtigen allerdings eine erhebliche Belastung. Die Finanzbehörde muß bei ihren Ermittlungsmaßnahmen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten und von mehreren geeigneten Maßnahmen diejenigen ergreifen, die den Steuerpflichtigen am wenigsten belasten; dieser Grundsatz kommt auch in § 193 Abs. 2 Nr. 2 AO 1977 zum Ausdruck. Im Streitfall konnte die Finanzbehörde jedoch berücksichtigen, daß beim Kläger für die Jahre 1974 und 1975 ohnehin eine Außenprüfung stattfand und daß die Ausdehnung der Ermittlungen auf das Jahr 1976 für den Kläger keine unzumutbare Mehrbelastung bedeutete.

Ebenso ist unbedenklich, daß das FA auch in diesem Jahr die Umsatzsteuer und die Vermögensteuer in die Prüfung einbezogen und die Prüfung bei der Einkommensteuer nicht auf die betrieblichen Verhältnisse beschränkt hat. Das ist aus den gleichen Gründen wie im Falle des § 193 Abs. 1 AO 1977 zulässig.

4. Zu Unrecht beanstandet die Revision, daß der angefochtene Verwaltungsakt gegen den Willen der Kläger eine Außenprüfung in ihrer Wohnung anordne und damit gegen Art. 13 des Grundgesetzes verstoße. In der Prüfungsanordnung wird den Klägern mitgeteilt, der Betriebsprüfer sei beauftragt, "bei Ihnen" eine Betriebsprüfung durchzuführen. Diese Formulierung knüpft an den Wortlaut des § 193 AO 1977 an, der die Voraussetzungen einer Außenprüfung "bei Steuerpflichtigen" festlegt. Damit wird bestimmt, gegen wen sich die Außenprüfung richtet, nicht aber, an welchem Ort sie durchgeführt wird. Dies muß erforderlichenfalls in einem besonderen Verwaltungsakt geregelt werden. Der Ort der Prüfung zählt zu den Prüfungsmodalitäten, die von der Prüfungsanordnung im Streitfall nicht erfaßt werden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 74184

BStBl II 1982, 208

BFHE 1981, 395

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