Entscheidungsstichwort (Thema)

Erstattungsverpflichtung; Zusammenveranlagung; Ehegatten

 

Leitsatz (amtlich)

Das FA wird von seiner Erstattungsverpflichtung gegenüber dem nach materiellem Recht erstattungsberechtigten Ehegatten nicht frei, wenn es in den Fällen der Zusammenveranlagung den Erstattungsbetrag nicht auf das ihm in der Einkommensteuererklärung als Erstattungskonto ausdrücklich benannte Konto des einen Ehegatten, sondern auf ein Konto des anderen Ehegatten überweist.

 

Orientierungssatz

1. Bei zusammenveranlagten Eheleuten steht ein Erstattungsanspruch, der sich nach der Einkommensteuerveranlagung ergibt, demjenigen Ehegatten zu, der die zu erstattende Steuer an das FA bezahlt hat bzw. auf dessen Rechnung (z.B. im Wege des Steuerabzugs vom Arbeitslohn) die Zahlung bewirkt worden ist (vgl. BFH-Rechtsprechung; Literatur).

2. § 36 Abs. 4 Satz 3 EStG (Ausführungen zum Zweck, Regelungsinhalt und zu den Wirkungen der Vorschrift) setzt sich aus Gründen der Arbeitserleichterung über die materielle Rechtslage hinsichtlich der Erstattungsberechtigung hinweg. Das FA ist deshalb gehalten, bei der Ermessensausübung die ihm erkennbaren Interessen des Erstattungsberechtigten in seine Entscheidung einzubeziehen. Es darf folglich nicht mehr an einen Ehegatten auszahlen, wenn es erkennt oder erkennen mußte, daß der andere Ehegatte mit dieser Verfahrensweise aus beachtlichen Gründen nicht einverstanden ist. Das FA wird in diesen Fällen bei Auszahlung an den anderen Ehegatten von seiner Zahlungspflicht gegenüber dem materiell Erstattungsberechtigten nicht frei (vgl. Rechtsprechung: BFH, FG; Literatur).

3. Auf Überzahlung von Steuern beruhende Erstattungsansprüche, die ohne Änderung einer Steuerfestsetzung erst aufgrund eines Rechtsstreits über einen Abrechnungsbescheid entstehen, sind nicht nach § 236 AO 1977 zu verzinsen (vgl. BFH-Urteil vom 12.5.1987 VII R 203/83).

4. NV: Ist gleichzeitig mit der Nichtzulassungsbeschwerde (NZB) eine formgerechte und fristgerechte Verfahrensrevision eingelegt und ―auch hinsichtlich der Verletzung sachlichen Rechts― begründet worden, braucht nach Erfolg der NZB keine weitere Revision eingelegt zu werden. Der BFH ist unabhängig von einer nach Zulassung vorgebrachten, aber nicht fristgerechten Revisionsbegründung an einer Sachentscheidung nicht gehindert (vgl. BVerwG-Urteil vom 1.7.1965 III C 105.64; Literatur).

 

Normenkette

AO 1977 § 37 Abs. 2, § 218 Abs. 2, § 236; EStG §§ 26b, 36 Abs. 4 S. 3; FGO § 115 Abs. 1, §§ 116, 118 Abs. 3, § 120 Abs. 1-2

 

Tatbestand

I. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob das FA verpflichtet ist, einen sich nach Zusammenveranlagung von Ehegatten ergebenden Erstattungsbetrag auf das in der Steuererklärung angegebene Konto eines der Ehegatten zu überweisen, nachdem es den Betrag bereits auf ein anderes, in der Steuererklärung nicht angegebenes Konto des anderen Ehegatten überwiesen hat.

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erzielte im Jahre 1983 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und aus Vermietung und Verpachtung, seine damalige Ehefrau Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Bei der Eröffnung ihres Gewerbebetriebs hatte die Ehefrau des Klägers dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt ―FA―) als Anschrift sowohl ihrer Person als auch ihres Betriebes die A-Straße 1 in K und als Konto, auf das etwaige Erstattungen überwiesen werden sollten, ein Konto bei der D-Bank genannt. Diese Angaben waren vom FA bei der Anlage des Steuerkontos für die Eheleute gespeichert worden.

Am 15.August 1984 reichten der Kläger und seine Ehefrau dem FA die Einkommensteuererklärung für 1983 ein. Die Erklärung, mit der die Zusammenveranlagung gewählt wurde, trug die Unterschriften beider Ehegatten. In ihr war die Anschrift der Ehegatten mit K, B-Straße 1, und als Bankverbindung ein Konto bei der S-Bank angegeben. Beide Angaben enthielten den Zusatzvermerk "wie 1982". Aufgrund der Zusammenveranlagung ergab sich für die Eheleute ein Guthaben an Einkommen- und Kirchensteuer von insgesamt 12 700 DM. Der Einkommensteuerbescheid 1983 mit der Steuerabrechnung wurde an den Kläger und dessen Ehefrau unter der Anschrift A-Straße 1 in K adressiert. Das FA erstattete das Guthaben ―wie in der Abrechnung zum Steuerbescheid angekündigt― auf das Konto bei der D-Bank.

Nachdem der Kläger, der ―seit Juni 1984 von seiner Ehefrau getrennt― weiterhin in der B-Straße 1 wohnt, von dem Steuerbescheid und der Erstattung erfahren hatte, forderte er das FA auf, das Guthaben auf das in der Steuererklärung angegebene Konto zu überweisen. Er wies darauf hin, daß es sich bei dem Konto bei der D-Bank um ein Konto seiner Ehefrau handele und diese von ihm getrennt lebe. Es sei ihm nicht möglich, den Erstattungsbetrag, der ihm zustehe, von seiner Ehefrau zu erhalten, da diese zahlungsunfähig sei. Das FA lehnte die nochmalige Erstattung unter Hinweis auf § 36 Abs.4 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ab.

Die (Sprung-)Klage des Klägers gegen den ablehnenden Bescheid des FA blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG) führte aus, der Erstattungsanspruch sei erloschen, da die Auszahlung an dessen damalige Ehefrau auch für und gegen den Kläger wirke (§ 36 Abs.4 Satz 3 EStG).

Mit der Revision macht der Kläger geltend, die Vorentscheidung beruhe auf einer Verletzung des § 36 Abs.4 Satz 3 EStG. Er beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung und des Ablehnungsbescheids des FA, das FA zu verurteilen, an ihn 12 700 DM nebst 9,5 v.H. Zinsen seit dem 18.Dezember 1984 zu zahlen.

Das FA beantragt sinngemäß, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist zulässig und begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs.3 Nr.2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).

1. Der Senat hat auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers mit Beschluß vom 8. Juni 1989 die Revision zugelassen. Die Revision ist nicht deshalb unzulässig, weil der Kläger erst mit Schriftsatz vom 18. September 1989 ―beim Bundesfinanzhof (BFH) eingegangen am 25. September 1989― auf die Zulassung der Revision reagiert und ―zusammen mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand― eine Revisionsbegründung vorgelegt hat.

Denn die Revision ist bereits gleichzeitig mit der Nichtzulassungsbeschwerde mit Schriftsatz vom 7. Dezember 1988 beim FG eingelegt und begründet worden. Da die Nichtzulassungsbeschwerde Erfolg hatte, war es nicht erforderlich, zusätzlich zu der bereits form- und fristgerecht eingelegten Verfahrensrevision, die auf mangelnde Begründung der Vorentscheidung nach § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO gestützt war, eine weitere Revision einzulegen. Durch die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 5 FGO verwandelt sich die vorher eingelegte Verfahrensrevision in eine zugelassene Revision, ohne daß es der erneuten Revisionseinlegung bedarf (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 116 Rz. 6 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des BFH und des Bundesverwaltungsgerichts ―BVerwG―). Der Senat braucht deshalb weder über den gerügten Verfahrensmangel (§ 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO) noch über den späteren Wiedereinsetzungsantrag des Klägers zu entscheiden. Da bereits mit der ursprünglichen Revisionsschrift vom 7. Dezember 1988 eine Verletzung sachlichen Rechts (§ 36 Abs. 4 Satz 3 EStG) gerügt worden ist, ist der Senat ―unabhängig von der mit Schriftsatz vom 18. September 1989 vorgebrachten Revisionsbegründung des Klägers― an einer Sachentscheidung nicht gehindert (vgl. §§ 118 Abs. 1 und Abs. 3, 120 Abs. 2 Satz 2 FGO; BVerwG-Urteil vom 1. Juli 1965 III C 105.64, BVerwG 21, 286).

1. a) Der Kläger und seine Ehefrau sind für das Kalenderjahr 1983 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt worden. Nach § 26b EStG werden sie daher gemeinsam als Steuerpflichtige behandelt; hinsichtlich der geschuldeten Einkommensteuer sind sie Gesamtschuldner (§ 44 Abs.1 der AbgabenordnungAO 1977―). Ergibt sich nach der Steuerfestsetzung und Abrechnung mit den Vorauszahlungen oder Lohnsteuerabzugsbeträgen ―wie im Streitfall― ein Überschuß zugunsten des Steuerpflichtigen, so wird ihm dieser nach Bekanntgabe des Steuerbescheids ausbezahlt (§ 36 Abs.4 Satz 2 EStG). Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH steht bei zusammenveranlagten Eheleuten der Erstattungsanspruch, der sich nach der Einkommensteuerveranlagung ergibt, demjenigen Ehegatten zu, der die zu erstattende Steuer an das FA gezahlt hat bzw. auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist (Urteile des Senats vom 19.Oktober 1982 VII R 55/80, BFHE 137, 146, BStBl II 1983, 162, und vom 25.Juli 1989 VII R 118/87, BFHE 157, 326, BStBl II 1990, 41 m.w.N.). Dem entspricht die Regelung des § 37 Abs.2 AO 1977, wonach, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung einer Steuer später weggefallen ist, derjenige einen Erstattungsanspruch hat, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist. Für die Erstattungsberechtigung muß also grundsätzlich geprüft werden, welcher der Ehegatten den zu erstattenden Betrag an das FA gezahlt hat.

b) Nach § 36 Abs.4 Satz 3 EStG wirkt aber bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b EStG zusammen zur Einkommensteuer veranlagt worden sind, die Auszahlung an einen Ehegatten auch für und gegen den anderen Ehegatten. Daraus ergibt sich, wie der Senat in BFHE 137, 146, BStBl II 1983, 162, 164 entschieden hat, keine Gesamtgläubigerschaft der zusammenveranlagten Ehegatten hinsichtlich des Erstattungsanspruchs. Die Bestimmung besagt nur, daß das FA befugt ist, nach seiner Wahl an den einen oder den anderen Ehegatten auszuzahlen. Sie regelt dagegen nicht, welcher der Ehegatten die Auszahlung des Erstattungsbetrages fordern darf. Mit der Vorschrift sollte lediglich ―ohne eine Regelung oder Veränderung der materiellen Anspruchsberechtigung― zur Erleichterung des FA ein besonderer Schuldbefreiungstatbestand geschaffen werden. Das FA soll unabhängig von den Ausgleichspflichten der Ehegatten im Innenverhältnis von seiner Zahlungspflicht frei werden, wenn es an einen der beiden Ehegatten gezahlt hat. Die Vorschrift dient also dem Zweck, dem FA Nachforschungen zur Erstattungsberechtigung zusammenveranlagter Ehegatten zu ersparen (vgl. Brenner in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 36 Rdnr.G 41; Schwarz, Abgabenordnung, § 37 Anm.12 a).

Die der Verwaltungsvereinfachung dienende Regelung findet ihre Rechtfertigung darin, daß sich Eheleute, die die Zusammenveranlagung beantragt haben, durch ihre beiderseitigen Unterschriften auf der Steuererklärung nicht nur (stillschweigend) gegenseitig bevollmächtigen können, den Steuerbescheid, sondern auch einen etwaigen Erstattungsbetrag in Empfang zu nehmen. Die Vorschrift des § 36 Abs.4 Satz 3 EStG enthält demnach eine widerlegbare gesetzliche Vermutung hinsichtlich einer Einziehungsvollmacht. Sie geht von der Annahme aus, daß bei einer intakten Ehe die Steuererstattung an einen Ehegatten von dem anderen Ehegatten gebilligt wird (vgl. Gmach, Rechtsverhältnisse bei zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Ehegatten im Erstattungsfall, Betriebs-Berater ―BB― 1981, 726, 729; Schwarz, a.a.O., § 37 Anm.13 a; Hessisches FG, Urteil vom 27.April 1977 I 45/77, Entscheidungen der Finanzgerichte ―EFG― 1977, 544, 545; FG Münster, Urteil vom 13.Dezember 1979 IV 2800/79 L, EFG 1980, 309; FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 8.Februar 1988 5 K 371/87, EFG 1988, 336).

Bei der Beurteilung des dem FA in § 36 Abs.4 Satz 3 EStG eingeräumten Auswahlermessens ist aber zu berücksichtigen, daß sich die Ermächtigungsnorm aus Gründen der Arbeitserleichterung überdie materielle Rechtslage hinsichtlich der Erstattungsberechtigung hinwegsetzt. Das FA ist deshalb gehalten, bei der Ermessensausübung die ihm erkennbaren Interessen des Erstattungsberechtigten in seine Entscheidung einzubeziehen. Es darf folglich nicht mehr an einen Ehegatten auszahlen, wenn es erkennt oder erkennen mußte, daß der andere Ehegatte mit dieser Verfahrensweise aus beachtlichen Gründen nicht einverstanden ist. Das ist z.B. dann der Fall, wenn die Eheleute inzwischen geschieden sind oder getrennt leben, so daß die Vermutung der gegenseitigen Einziehungsvollmacht nicht mehr Platz greift, oder dem FA aus sonstigen Umständen bekannt ist, daß ein Ehegatte die Erstattung an den anderen nicht billigt. Das FA wird in diesen Fällen bei Auszahlung an den anderen Ehegatten von seiner Zahlungspflicht gegenüber dem materiell Erstattungsberechtigten nicht frei (vgl. Gmach, BB 1981, 729; Brenner in Kirchhof/Söhn, a.a.O., § 36 Rdnr.G 36; Scholtz in Hartmann/Böttcher/Nissen/Bordewin, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 36 Rz.192; Conradi in Littmann/Bitz/Meincke, Das Einkommensteuerrecht, 15.Aufl., § 36 EStG Rdnr.91; Senatsurteil in BFHE 157, 326, BStBl II 1990, 41; Hessisches FG in EFG 1977, 544, 545; FG Rheinland-Pfalz in EFG 1988, 336, 337).

c) In der gemeinsamen Einkommensteuererklärung haben die Eheleute die Auszahlung eines etwaigen Erstattungsbetrages auf das dem Kläger (Ehemann) zustehende Konto bei der S-Bank beantragt, denn die Angabe der Bankverbindung dient ―wie aus dem Erklärungsvordruck hervorgeht― der Vornahme unbarer Erstattungsleistungen.

Es kann dahinstehen, ob das FA bei Kenntnis von dem Getrenntleben der Eheleute gemäß § 36 Abs.4 Satz 3 EStG noch befugt gewesen wäre, schuldbefreiend auf dieses Konto zu erstatten (dies bejahend, solange dem FA kein Widerruf der Kontenangabe ersichtlich ist: FG Rheinland-Pfalz in EFG 1988, 336). Wegen der ausdrücklichen Anweisung beider Ehegatten an das FA in der gemeinsamen Einkommensteuererklärung 1983, einen Erstattungsbetrag auf das Konto des Ehemannes bei der S-Bank zu überweisen, durfte das FA jedenfalls ―unabhängig von der Tatsache des Getrenntlebens der Eheleute― die Erstattung nicht auf ein anderes Konto ―hier das Konto der Ehefrau bei der D-Bank― leisten. Die schuldbefreiende Wirkung nach § 36 Abs.4 Satz 3 EStG konnte mit dieser Überweisung nicht eintreten, weil dem FA bekannt war, daß die Eheleute den Erstattungsbetrag auf das Konto des Ehemannes überwiesen haben wollten. Damit war die gesetzliche Vermutung, daß sich die Ehegatten gegenseitig zur Empfangnahme des Erstattungsbetrages ermächtigen, widerlegt, und das Auswahlermessen des FA beschränkte sich auf das ihm benannte Konto des Ehemannes (ebenso: FG Münster in EFG 1980, 309, 310, und das den Beteiligten bekannte Urteil des Hessischen FG vom 18.Februar 1987 6 K 548/83, nicht veröffentlicht ―NV―).

Die Angabe einer Bankverbindung in der gemeinsamen Steuererklärung von zusammenzuveranlagenden Ehegatten hat nicht ―wie das FG meint― lediglich kassen- und banktechnische Bedeutung. Mit der Angabe des Kontos und des Kontoinhabers, nach dem im Erklärungsvordruck ausdrücklich gefragt wird, bringen die Ehegatten vielmehr zum Ausdruck, welcher von ihnen zur Empfangnahme des Erstattungsbetrages ermächtigt sein soll (vgl. Gmach, BB 1981, 726, 727). Damit beschränkt sich die nach dem Gesetz bei fehlender Angabe des Erstattungskontos unterstellte gegenseitige Einziehungsvollmacht bzw. Einziehungsermächtigung auf einen bestimmten Ehegatten. Das FA darf ohne vorherige Nachfrage nicht entgegen dieser speziellen Einziehungsermächtigung auf ein anderes Konto bzw. an den anderen Ehegatten erstatten.

Die Befugnis zu einer von der angegebenen Bankverbindung abweichenden Auszahlung kann nicht aus § 36 Abs.4 Satz 3 EStG hergeleitet werden. Mit dieser Vorschrift soll aus Gründen der Arbeitserleichterung dem FA lediglich erspart werden, den materiell erstattungsberechtigten Ehegatten festzustellen. Sie ermächtigt aber nicht, bei der Auszahlung von einer ihm ausdrücklich benannten und auf einen Ehegatten beschränkten Einziehungsermächtigung willkürlich abzuweichen. Diese Gesetzesauslegung trägt dem Gedanken der Verwaltungsvereinfachung weiterhin Rechnung. Denn mit der Angabe des einziehungsberechtigten Ehegatten und dessen Bankkontos wird dem FA weiterhin erspart, zu prüfen, welchem der Ehegatten der Erstattungsanspruch ganz oder ggf. zu welchem Anteil materiell-rechtlich zusteht.

Das FA kann sich im Streitfall auch unter dem Gesichtspunkt der Arbeitserleichterung nicht darauf berufen, daß das Konto der Ehefrau des Klägers, auf das es den Erstattungsbetrag überwiesen hat, in seinen EDV-Unterlagen gespeichert war und die Eheleute in ihrer Steuererklärung 1983 das angegebene Erstattungskonto als "gleiches Konto wie 1982" bezeichnet haben. Der Kläger hat dargelegt, daß bereits der Erstattungsbetrag aus der Einkommensteuerveranlagung 1982 auf sein Konto bei der S-Bank überwiesen worden ist, so daß die Angabe in der Steuererklärung "gleiches Konto wie 1982" nicht fehlerhaft war. Eine inzwischen durchgeführte Speicherung eines anderen Kontos für die Eheleute durch das FA kann dem Kläger nicht zugerechnet werden. Wenn die anderweitige Speicherung ―wie das FG festgestellt hat― aufgrund der Angaben der Ehefrau bei der Anzeige der Eröffnung ihres Gewerbebetriebs erfolgt ist, so hat das FA unbeachtet gelassen, daß ein betriebliches Bankkonto eines Ehegatten in der Regel nicht dazu bestimmt und geeignet ist, private Steuererstattungen aufzunehmen, die den Eheleuten aufgrund der Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer zustehen. Das FA ist demnach mit seiner Überweisung auf das Konto der Ehefrau dem Kläger gegenüber, soweit diesem der Erstattungsanspruch zusteht, nicht von seiner Leistungspflicht freigeworden.

2. a) Die Vorentscheidung war aufzuheben, da sie den vorstehenden Rechtsausführungen nicht entspricht. Da im Streitfall ―wie ausgeführt― § 36 Abs.4 Satz 3 EStG keine Anwendung findet, kann der Kläger die Auszahlung des Erstattungsbetrages an sich verlangen, soweit er Erstattungsberechtigter ist, d.h. soweit er die zu erstattenden Steuern an das FA gezahlt hat. Das FA hat hierzu ―auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung zu Recht― keine tatsächlichen Feststellungen getroffen. Der Senat kann deshalb nicht abschließend entscheiden. Die Sache war zur Nachholung der erforderlichen Feststellungen und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs.3 Nr.2 FGO).

b) Dem Kläger steht der Erstattungsanspruch zweifelsfrei zu, soweit die zu erstattenden Steuern im Wege des Steuerabzugs von seinem Arbeitslohn einbehalten worden sind; denn diese Steuern sind für seine Rechnung an das FA abgeführt worden (vgl. Brenner in Kirchhof/Söhn, a.a.O., § 36 Rdnr.G 34). Darüber hinaus beruht der Erstattungsanspruch von insgesamt 12 700 DM, wie sich aus der Abrechnung zum Einkommensteuerbescheid 1983 ergibt, noch auf sonstigen Steuerzahlungen (vermutlich Vorauszahlungen) des Klägers und seiner Ehefrau. Das FG wird zur Ermittlung des Erstattungsberechtigten hinsichtlich dieser Steuerüberzahlungen festzustellen haben, wer sie gezahlt hat. Der Senat verweist hinsichtlich der Grundsätze zur Ermittlung der Person des Erstattungsberechtigten im Falle der Überzahlung von Einkommensteuer und Kirchensteuer für zusammenveranlagte Ehegatten auf seine Entscheidung in BFHE 157, 326, BStBl II 1990, 41.

Hinsichtlich des vom Kläger geltend gemachten Zinsanspruchs nimmt der Senat Bezug auf sein Urteil vom 12.Mai 1987 VII R 203/83 (BFHE 150, 298, BStBl II 1987, 702). Danach sind auf Überzahlung von Steuern beruhende Erstattungsansprüche, die ohne Änderung einer Steuerfestsetzung erst aufgrund eines Rechtsstreits über einen Abrechnungsbescheid entstehen, nicht nach § 236 AO 1977 zu verzinsen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 613340

BStBl II 1990, 719

BFHE 160, 400

BB 1990, 1697 (Leitsatz)

BB 1990, 1966 (Leitsatz und Gründe)

DStR 1990, 518 (Kurzwiedergabe)

HFR 1990, 606 (Leitsatz und Gründe)

StE 1990, 307 (Kurzwiedergabe)

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