Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerliche Förderungsgesetze

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Verbindlichkeit auf Grund gesetzlicher Unterhaltspflicht im Sinne des § 24 Ziff. 6 LAG liegt nur vor, wenn am Währungsstichtage ein Unterhaltsanspruch nach bürgerlichem Rechte bestanden hat. Einer Schwiegermutter gegenüber fehlt es an gesetzlicher Unterhaltspflicht.

 

Normenkette

LAG § 24 Ziff. 6

 

Tatbestand

In der Rb. ist streitig, ob und in welcher Höhe der Abgabepflichtige Unterhaltsleistungen an seine Schwiegermutter als Schuld vom vermögensabgabepflichtigen Vermögen absetzen kann.

Der Abgabepflichtige war ursprünglich durch rechtskräftigen Bescheid vom Mai 1955 mit einem Vermögen von 34.700 DM zur Vermögensabgabe herangezogen worden. Auf Grund einer änderung des Einheitswertes des Betriebsvermögens wurde diese Veranlagung später - im Jahre 1958 - gemäß § 218 Abs. 4 AO berichtigt und das abgabepflichtige Vermögen nunmehr auf 38.400 DM festgesetzt. Gegen diesen Bescheid hat der Abgabepflichtige Rechtsmittel eingelegt. Er begehrt Minderung des abgabepflichtigen Vermögens wegen Unterhaltsleistungen, die er seit 1944 an seine bedürftige Schwiegermutter erbringe. Diese hätten bis zur Währungsreform jährlich 1.200 DM betragen. Der Kapitalwert nach § 16 des Bewertungsgesetzes (BewG) belaufe sich auf 6 mal 1.200 DM = 7.200 DM. In dieser Höhe habe seinerseits am 21. Juni 1948 eine Verpflichtung bestanden, die als Schuld im Sinne des § 74 BewG vom abgabepflichtigen Vermögen abzugsfähig sei, so daß dieses nicht 38.400 DM, sondern nur 31.200 DM betrage.

Einspruch und Berufung blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht hat ausgeführt: Dem Begehren des Abgabepflichtigen stehe die Vorschrift des § 24 Ziff. 6 LAG entgegen. Danach seien Verbindlichkeiten auf Grund gesetzlicher Unterhaltspflicht bei der Vermögensabgabe nicht abzugsfähig. Im Streitfall handle es sich um eine solche Verbindlichkeit. Denn der Abgabepflichtige sei seiner Ehefrau und diese wiederum ihrer Mutter gegenüber zum Unterhalt verpflichtet. Die Zahlungen des Abgabepflichtigen an seine Schwiegermutter hätten daher ihre Ursache in dem Verwandtschaftsverhältnis zwischen Mutter und Tochter und seien lediglich auf Grund der Unterhaltspflicht der Ehefrau erfolgt. Sie beruhten letztlich auf gesetzlicher Unterhaltspflicht. Das Begehren des Abgabepflichtigen auf Abzugsfähigkeit der seit dem Jahre 1944 erbrachten Leistungen scheitere daher an § 24 Ziff. 6 LAG.

In der Rb. rügt der Abgabepflichtige fehlerhafte Rechtsanwendung. Die Schwiegermutter habe gegen ihn keinen Anspruch auf Unterhalt. Auch bei Zusammenveranlagung von Eheleuten, wie sie bei der Vermögensabgabe stattfinde (ß 38 LAG), werde die Verpflichtung der Ehefrau gegenüber der Mutter nicht zu einer solchen des Ehemannes. Im übrigen sei die Ehefrau gegenüber ihrer Mutter schon deshalb nicht unterhaltspflichtig, weil sie weder eigenes Vermögen besitze noch eigene Einkünfte habe. Dagegen verfüge die Schwiegermutter über Einkünfte von etwa 1.000 DM jährlich. Von einer "Verbindlichkeit auf Grund gesetzlicher Unterhaltspflicht" könne deshalb keine Rede sein. Damit entfalle § 24 Ziff. 6 LAG.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. führt zur Aufhebung der Vorentscheidungen.

Das Rechtsmittel hat seinen Ausgangspunkt in einem auf Grund des § 218 Abs. 4 AO erlassenen änderungsbescheid, der seinerseits als Folge einer berichtigten Einheitswertfeststellung ergangen ist. Da bei Erlaß dieses Bescheides der ursprüngliche Abgabebescheid bereits rechtskräftig gewesen ist, ist eine Anfechtung nur in Höhe der änderung möglich (ß 234 AO). Diese beträgt im Streitfalle 3.700 DM (38.400 ./. 34.700 DM). Insoweit ist das Rechtsmittel begründet.

Nach § 24 Ziff. 6 LAG sind Verbindlichkeiten auf Grund gesetzlicher Unterhaltspflicht bei Ermittlung des der Abgabe unterliegenden Vermögens (ß 21 LAG) nicht abzugsfähig. Finanzamt und Finanzgericht haben unter Hinweis auf diese Bestimmung den Abzug der Leistungen des Bf. an seine Schwiegermutter versagt; sie sind der Meinung, diese Leistungen beruhten auf gesetzlicher Unterhaltspflicht. Dies trifft nicht zu.

Wann gesetzliche Unterhaltspflicht eintritt, richtet sich nach bürgerlichem Recht. Denn nur das BGB - nicht aber das LAG oder ein anderes Steuergesetz - regelt die gesetzliche Unterhaltspflicht. Sie besteht nach § 1601 BGB - von anderen Voraussetzungen zunächst abgesehen - für Personen, die in gerader Linie verwandt sind. Der Bf. ist mit seiner Schwiegermutter nicht verwandt, sondern verschwägert, § 1590 BGB. Unter Verschwägerten begründet das BGB keine Verpflichtung zum Unterhalt. Der seitens der Vorbehörden als entscheidend herausgestellte Gesichtspunkt, daß der Bf. mit den Leistungen an die Schwiegermutter eine Unterhaltsverpflichtung seiner Ehefrau - für diese - erfülle, greift nicht durch. Denn die Ehefrau ist ihrer Mutter - jedenfalls kraft Gesetzes - nicht zum Unterhalt verpflichtet, weil sie weder eigenes Vermögen besitzt noch über eigen Einkünfte verfügt. Es fehlt somit an der für eine Unterhaltspflicht der Ehefrau wesentlichen Voraussetzung der Leistungsfähigkeit nach § 1603 BGB. Diese richtet sich - wie die hier nicht einschlägige Ausnahmeregelung des § 1604 BGB zeigt - nach den persönlichen Verhältnissen der Ehefrau, nicht aber nach Vermögen oder Einkommen ihres Ehemannes, des Abgabepflichtigen. Hat aber ein Unterhaltsanspruch der Schwiegermutter des Abgabepflichtigen gegen ihre Tochter - die Ehefrau - nicht bestanden, so kann auch von Erfüllung eines solchen Anspruchs durch den Abgabepflichtigen an Stelle der Ehefrau (ß 267 BGB) nicht gesprochen werden. Die Zahlungen des Bf. an seine Schwiegermutter werden auf freiwilliger Grundlage erbracht. § 24 Ziff. 6 LAG setzt demgegenüber voraus, daß ein gesetzlicher Anspruch auf Unterhalt am Währungsstichtage bestanden hat. Daran fehlt es hier.

Daß ein klagbarer Anspruch der Schwiegermutter am 21. Juni 1948 nicht bestanden hat, steht dem Abzug nicht entgegen, weil die Empfängerin angesichts der seit dem Jahre 1944 ohne Unterbrechung erfolgten Zahlungen des Bf. am Währungsstichtage mit einer Fortdauer der Leistungen rechnen konnte. Es liegt eine Selbstbindung des Bf. vor, die zu berücksichtigen ist (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs III 305/38 vom 15. Dezember 1938, RStBl 1939 S. 207; Urteil des Bundesfinanzhofs III 276/56 U vom 5. Oktober 1956, BStBl 1956 III S. 374, Slg. Bd. 63 S. 463).

Die Sache geht daher unter Aufhebung der Vorentscheidungen an das Finanzamt zurück, damit dieses den Kapitalwert der Leistungen des Bf. per 21. Juni 1948 ermittelt und dann die Veranlagung des Bf. zur Vermögensabgabe im Rahmen des § 234 AO unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen durchführt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 409737

BStBl III 1960, 397

BFHE 1961, 397

BFHE 71, 397

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge