Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage zur Verfassungsmäßigkeit der Beteiligungsquote einer wesentlichen Beteiligung; Bindung an Entscheidung des BVerfG; Divergenz

 

Leitsatz (NV)

1. Der BFH hat die vom Gesetzgeber festgelegte Höhe der Beteiligungsquote von mehr als 25 v. H. für die Annahme einer wesentlichen Beteiligung mehrfach in Übereinstimmung mit der Entscheidung des BVerfG vom 7. Oktober 1969 2 BvL 3/66, 2 BvR 701/64, BVerfGE 27, 111, als verfassungsmäßig beurteilt.

2. Soweit keine wesentlichen Veränderungen dargetan werden, sind die Fachgerichte an einer erneuten Vorlage an das BVerfG durch die verfassungsgerichtlichen Entscheidungen zukommende besondere Bindungswirkung gehindert.

 

Normenkette

AO 1977 § 42; BVerfGG § 31 Abs. 1-2; EStG § 17 Abs. 1 S. 4; FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1-2, Abs. 3 S. 3; GG Art. 100 Abs. 1

 

Gründe

Die Beschwerde ist unzulässig.

1. Die Beschwerde legt eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht hinreichend dar (§ 115 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).

Eine Rechtsfrage hat grundsätzliche Bedeutung i. S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn ihre Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der Fortentwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Es muß sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln. Eine durch den Bundesfinanzhof (BFH) geklärte Rechtsfrage ist regelmäßig nicht mehr klärungsbedürftig und kann somit keine grundsätzliche Bedeutung mehr haben (BFH-Beschluß vom 27. Juni 1985 I B 27/85, BFHE 144, 137, BStBl II 1985, 625, ständige Rechtsprechung).

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat sich in dem von der Beschwerde zitierten Beschluß vom 7. Oktober 1969 2 BvL 3/66, 2 BvR 701/64 (BVerfGE 27, 111, BStBl II 1970, 160, 164) keineswegs nur mit einer möglichen Systemwidrigkeit des § 17 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes befaßt, sondern vor allem auch die sachliche Berechtigung der Beteiligungsquote von 25 v. H. umfassend unter dem Gesichtspunkt untersucht und bejaht, daß hierdurch die Bedingungen für die Erzielung von Veräußerungsgewinnen wesentlich günstiger seien als bei einer geringeren Beteiligung. Die BVerfG-Entscheidung bindet zudem gemäß § 31 Abs. 1 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht (BVerfGG) alle Gerichte mit Gesetzeskraft (§ 31 Abs. 2 BVerfGG). Die Beschwerde legt keine wesentlichen Veränderungen dar, die die Fachgerichte ggf. zu einer erneuten Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 des Grundgesetzes berechtigen (vgl. dazu BVerfG-Beschluß vom 12. Juni 1990 1 BvL 72/86, BStBl II 1990, 664, 666 m. w. N.).

Der BFH hat die Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift ebenfalls mehrfach bestätigt (vgl. u. a. BFH-Beschluß vom 10. Februar 1982 I B 39/81, BFHE 135, 307, BStBl II 1982, 392, 394).

Ausnahmsweise kann eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gleichwohl bejaht werden, wenn gewichtige neue rechtliche Gesichtspunkte in der Rechtsprechung oder in der Literatur vorgetragen worden sind, die der BFH noch nicht geprüft hat. In diesem Falle ist in der Beschwerdebegründung schlüssig darzulegen, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung dieser (schon entschiedenen) Rechtsfrage umstritten und inwiefern sie im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig geblieben oder erneut geworden ist. Hierzu ist es erforderlich, daß die Beschwerde, ausgehend von der BFH-Entscheidung, im einzelnen darlegt, welche neuen gewichtigen rechtlichen Gesichtspunkte zu der aufgezeigten Rechtsfrage in welcher Entscheidung der Finanzgerichte und/oder der Literatur vorgetragen werden, die der BFH bisher noch nicht geprüft hat (BFH-Beschluß vom 23. Januar 1992 II B 64/91, BFH/NV 1992, 676).

Die Beschwerde begnügt sich indessen allein mit der Behauptung, das BVerfG habe nicht sämtliche Aspekte bei seiner Entscheidung berücksichtigt.

2. Die Beschwerde bezeichnet auch keine Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 Satz 3 FGO).

Die angebliche Divergenzentscheidung des erkennenden Senats vom 7. Juli 1992 VIII R 54/88 (BFHE 169, 49, BStBl II 1993, 331, 332) führt gerade aus, daß in dem dortigen Streitfall, in dem es um die Erfassung eines Veräußerungsgewinnes ging, § 42 der Abgabenordnung (AO 1977) deshalb nicht eingreife, weil hier keine Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts zur Umgehung von Steuergesetzen zum Zwecke der Steuerminderung mißbraucht worden seien. Die Voraussetzungen des § 42 AO 1977 im Falle einer nur kurzfristigen wesentlichen Beteiligung waren mithin nicht entscheidungserheblich (vgl. ebenfalls Anmerkung von Wolff-Diepenbrock in Deutsche Steuer-Zeitung 1993, 119).

Einer weiteren Begründung bedarf der Beschluß nicht (Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs).

 

Fundstellen

BFH/NV 1995, 973

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