Dipl.-Finanzwirt Christian Ollick
Leitsatz
Das Niedersächsische FG hat entschieden, dass eine Betriebsprüferin der Großbetriebsprüfung keine regelmäßige Arbeitsstätte in ihrem Finanzamt hat. Das FG verortete den qualitativen Schwerpunkt ihrer Arbeit in den geprüften Betrieben und erkannte die Fahrtkosten zum Finanzamt mit 0,30 EUR pro gefahrenen Kilometer an.
Sachverhalt
Eine Betriebsprüferin der Großbetriebsprüfung war in den Jahren 2007, 2008 und 2009 nur an 21, 32 bzw. 31 Tagen im Finanzamt tätig. In der übrigen Zeit ging sie ihrer Arbeit in den zu prüfenden Betrieben bzw. von ihrem Heimarbeitsplatz aus nach. Da sie die Arbeitseinsätze im Finanzamt als Dienstreise (Auswärtstätigkeit) ansah, setzte sie für die Fahrten dorthin 0,30 EUR pro gefahrenen Kilometer als Werbungskosten an. Ihr veranlagendes Finanzamt stuft das Prüfungsfinanzamt jedoch als regelmäßige Arbeitsstätte ein und gewährte deshalb nur die ungünstigere Entfernungspauschale (0,30 EUR pro Entfernungskilometer).
Entscheidung
Das FG entschied, dass das Finanzamt keine regelmäßige Arbeitsstätte der Betriebsprüferin war und die Fahrten daher nach Dienstreisegrundsätzen mit 0,30 EUR pro gefahrenen Kilometer abgerechnet werden konnten. Das FG setzte sich ausführlich mit der Rechtsprechung des BFH auseinander und kam zu dem Ergebnis, dass das Amt für Großbetriebsprüfung weder nach alter noch nach neuerer BFH-Rechtsprechung als regelmäßige Arbeitsstätte der Prüferin einzustufen war. In seiner bisherigen Rechtsprechung forderte der BFH zur Annahme einer regelmäßigen Arbeitsstätte, dass der Arbeitnehmer den Ort nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit aufsucht. Angesichts der wenigen Arbeitseinsätzen der Prüferin im Finanzamt fehlt es hieran im Urteilsfall. Die neuere BFH-Rechtsprechung nimmt eine regelmäßigen Arbeitsstätte zudem nur an dem Ort an, an dem der Arbeitsschwerpunkt des Arbeitnehmers liegt (BFH, Urteil v. 9.6.2011, VI R 58/09, BStBl 2012 II S. 34; Urteil v. 19.1.2012, VI R 36/11, BFH/NV 2012 S. 846). Dieses "qualitative Zentrum" lag bei der Prüferin jedoch nicht im Finanzamt, sondern in den geprüften Betrieben. Im Amt ging sie lediglich Verwaltungstätigkeiten nach, nahm an internen Besprechungen teil und besuchte Fortbildungsveranstaltungen.
Hinweis
Das Urteil ist rechtskräftig. Der BFH hat die Nichtzulassungsbeschwerde mit Beschluss v. 15.1.2013, VI B 123/12 verworfen und erklärt, dass das FG die BFH-Rechtsprechung zum qualitativen Tätigkeitsschwerpunkt fehlerfrei angewandt hat.
Link zur Entscheidung
Niedersächsisches FG, Urteil vom 21.02.2012, 13 K 210/11