Art. 28 EGHGB

(1) 1Für eine laufende Pension oder eine Anwartschaft auf eine Pension auf Grund einer unmittelbaren Zusage braucht eine Rückstellung nach § 249 Abs. 1 Satz 1 des Handelsgesetzbuchs nicht gebildet zu werden, wenn der Pensionsberechtigte seinen Rechtsanspruch vor dem 1. Januar 1987 erworben hat oder sich ein vor diesem Zeitpunkt erworbener Rechtsanspruch nach dem 31. Dezember 1986 erhöht. 2Für eine mittelbare Verpflichtung aus einer Zusage für eine laufende Pension oder eine Anwartschaft auf eine Pension sowie für eine ähnliche unmittelbare oder mittelbare Verpflichtung braucht eine Rückstellung in keinem Fall gebildet zu werden.

(2) Bei Anwendung des Absatzes 1 müssen Kapitalgesellschaften die in der Bilanz nicht ausgewiesenen Rückstellungen für laufende Pensionen, Anwartschaften auf Pensionen und ähnliche Verpflichtungen jeweils im Anhang und im Konzernanhang in einem Betrag angeben.

2.2.4.1.1 Unmittelbare Pensionsverpflichtungen (Art. 28 Abs. 1 Satz 1 EGHGB)

 

Rz. 77

Die im Zuge der Einführung des BiRiLiG geschaffene Vorschrift schränkt das grds. Passivierungsgebot von § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB für sog. Altzusagen ein. Altzusagen i. S. d. Art. 28 Abs. 1 EGHGB sind solche Pensionszusagen, die entweder

  • vor dem 1.1.1987 entstanden sind oder
  • bei denen sich nach dem 31.12.1986 Erhöhungen einer Zusage ergeben haben.
 

Rz. 78

Der Abgrenzung zwischen Alt- und Neuzusagen kommt daher Bedeutung zu und ist im Einzelfall auch problematisch, wie folgende Fallkonstellationen zeigen:

  • Beinhaltet die Pensionszusage eine sog. Vorschaltzeit, so bestimmt sich der maßgebliche Zeitpunkt zur Abgrenzung zwischen Alt- und Neuzusage mit dem Beginn der Vorschaltzeit.[1]
  • Eine am 31.12.1986 bestehende Pensionszusage auf Basis einer Betriebsvereinbarung wird später durch eine Einzelzusage "ausgetauscht". Es handelt sich lediglich um eine Präzisierung der vormals bestehenden Verbindlichkeit, sodass auch die spätere Einzelzusage als Altzusage einzustufen ist. Gleiches gilt auch, wenn eine mittelbare Altzusage in eine unmittelbare umgewandelt wird.[2]
  • Wenn ein Unt Pensionsverpflichtungen eines anderen Unt übernimmt (z. B. durch umwandlungsrechtliche Gestaltungen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge, wie z. B. Verschmelzung, aber auch durch Erwerb i. R. e. asset deal), handelt es sich gleichwohl um eine Altzusage. Allerdings ist die Verpflichtung mind. i. H. d. für die Übernahme gezahlten Entgelts zu passivieren.[3]
 

Rz. 79

Mit diesem Bilanzierungswahlrecht hat der Gesetzgeber eine zeitlich unbegrenzte Übergangsregelung geschaffen. Die Übergangsregelung bleibt daher so lange noch wirksam, bis die Altzusagen hinfällig geworden sind ("biologische Lösung").

 

Rz. 80

Das Wahlrecht stellt eine planmäßige Durchbrechung der einheitlichen Bilanzierungsgrundsätze dar, d. h., eine nach dem 31.12.1986 entstandene Pensionsverpflichtung (Neuzusage) führt nicht zu einem "Wahlrechtszwang" für Altzusagen.

 

Rz. 81

Faktisch kann das Wahlrecht nur ein einziges Mal ausgeübt werden. Wenn Altzusagen passiviert werden, kann die Rückstellung mangels Wegfalls des Grundes gem. § 249 Abs. 2 Satz 2 nicht aufgelöst werden (Rz 33). Eine erneute spätere Ausübung des Wahlrechts mit dem Ziel, die im Vj ausgewiesene Rückstellung rückgängig zu machen, scheitert auch an dem Grundsatz der Stetigkeit (§ 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB). Eine sachliche Rechtfertigung liegt in solchen Fällen regelmäßig nicht vor, insb. würde die Rückgängigmachung der Vj-Rückstellung nicht zu einem besseren Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Ges. führen.[4]

 

Rz. 82

Die Ausübung des Wahlrechts sollte nach der hier vertretenen Auffassung nur einheitlich für sämtliche Altzusagen vorgenommen werden, da ansonsten der Bilanzierende ein unzulässiges Mittel zur Ergebnisglättung durch Wahlrechtsausübung hätte. Das Abstellen auf den Einzelbewertungsgrundsatz von § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB ist hier nicht zielführend, da gem. § 246 Abs. 3 HGB gleiche Sachverhalte gleich zu bilanzieren sind (§ 246 Rz 134).

Da die Ansatzstetigkeit des § 246 Abs. 3 HGB erst mit dem BilMoG eingeführt wurde, kann sie keine Rückwirkung für die Vergangenheit entfalten, d. h., wurden diese Altzusagen vor Übergang auf das BilMoG nicht passiviert, darf an dieser Vorgehensweise festgehalten werden. Entscheidet sich der Bilanzierende bei Übergang auf das BilMoG, auch neue Ansprüche aus Altzusagen nicht zu passivieren, ist dies nach Art. 28 EGHGB unverändert zulässig. Entscheidet er sich aber in einem späteren Gj für eine Passivierung, sind nach der hier vertretenen Auffassung auch die seit Inkrafttreten des § 246 Abs. 3 HGB erworbenen Ansprüche passivierungspflichtig.[5]

[1] Vgl. ADS, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl. 1995–2001, § 249 HGB Rz 87.
[2] Vgl. IDW, WPH Edition, Wirtschaftsprüfung & Rechnungslegung, 18. Aufl. 2023, Kap. F Tz 582.
[3] Vgl. Höfer, in Küting/Weber, HdR-E, § 249 HGB Rn 648, Stand: 01/2021; zur Anwendbarkeit der 15-jährigen Ansammlungsfrist gem. Art. 67 Abs. 1 Satz 1 EGHGB in derartigen Fällen vgl. Fey/Riese/Lewe, BB 2012; S. 824.
[4] Vgl. IDW RS HFA 38.15; IDW RS HFA 30.79a.
[5] A. ...

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