Sachverhalt

Bei den rumänischen Verfahren ging es um der Auslegung von Art. 73 und 78 MwStSystRL in Fällen steuerpflichtiger Grundstücklieferungen, in denen die Verkäufer nachträglich für MwSt-Zwecke als Unternehmer registriert wurden. Fraglich war die Bemessungsgrundlage für die Umsätze, bei denen keine Vereinbarung über die MwSt getroffen worden war.

In den Ausgangsverfahren wurden Baugrundstücke von natürlichen Personen veräußert, die jeweils zum Zeitpunkt der Veräußerung nicht als Steuerpflichtige registriert waren und für ihre Verkäufe keine MwSt berechneten. Die rumänischen Steuerbehörden stellten fest, dass die natürlichen Personen mit ihren Grundstücksveräußerungen der MwSt unterlagen und gingen im Zuge der nachträglichen Registrierung der Verkäufer für MwSt-Zwecke bei der Steuerfestsetzung für die Grundstücksverkäufe jeweils von dem zwischen den Vertragsparteien vereinbarten Preis als Steuerbemessungsgrundlage aus, d.h. einer Nettopreisvereinbarung. Aufgrund der entsprechenden rumänischen Regelung (Art. 137 Cod fiscal) bemisst sich bei steuerpflichtigen Lieferungen von Baugrundstücken die Steuer nach dem "Gegenwert der Lieferung", wenn die Parteien keine Vereinbarung hinsichtlich der Mehrwertsteuer getroffen haben.

Die Kläger sahen sich frei darin, sich vertraglich zu binden und sich auf einen Preis zu einigen. Die MwSt sei ein Bestandteil des Preises und nicht ein Element, das auf diesen aufgeschlagen werde, so dass keinesfalls offensichtlich sei, dass die Käufer die Immobilien unter den von der Steuerbehörde vorgesehenen Bedingungen jemals erworben hätten. Demzufolge könne die von der Steuerbehörde beanspruchte MwSt nicht vom jeweiligen Käufer eingefordert werden, da sie über den Vertragsgegenstand hinausgehe und sie ihm weder als vertragliche noch als gesetzliche außervertragliche Pflicht (Art. 970 des RU-Cod civil) entgegengehalten werden könne.

Das vorlegende Gericht stellte vor diesem Hintergrund die Frage, ob Art. 73 und 78 MwStSystRL dahin auszulegen sind, dass in einem derartigen Fall die Steuerbemessungsgrundlage in dem von den Parteien festgelegten Preis mit oder ohne Abzug einer darin enthaltenen MwSt besteht.

 

Entscheidung

In Auslegung von Art. 73 und 78 MwStSystRL hat der EuGH entscheiden, dass die MwSt nicht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen ist (vgl. Art. 78 Buchst. a MwStSystRL). Die in Art. 73 MwStSystRL enthaltene Regelung, dass die Bemessungsgrundlage der für einen Umsatz vom leistenden Unternehmer tatsächlich erhaltenen Gegenleistung entspricht, ist dahingehend anzuwenden, dass nur der Endverbraucher durch das Mehrwertsteuersystem belastet werden soll. Demzufolge hätte die Gleichsetzung des vereinbarten Preises mit der Bemessungsgrundlage, d.h. ohne Abzug der MwSt, zur Folge, dass die MwSt den leistenden Unternehmer belasten würde. Dies verstößt nach dem EuGH-Urteil gegen den Grundsatz, dass die MwSt eine Verbrauchsteuer darstellt, die vom Endverbraucher zu tragen ist. Mit Verweis auf seine frühere Rechtsprechung führt der EuGH ergänzend aus, dass die Berücksichtigung der MwSt in der Bemessungsgrundlage auch gegen den Grundsatz verstoßen würde, wonach der Fiskus keine MwSt erheben kann, die den MwSt-Betrag, der vom Endverbraucher an den leistenden Unternehmer gezahlt wurde, übersteigt.

Etwas anderes gilt nach dem Urteil nur dann, wenn der leistende Unternehmer nach nationalem Recht die Möglichkeit hätte, von seinem Kunden einen Zuschlag zum vereinbarten Preis, der der MwSt-Belastung des Umsatzes entspricht, fordern könnte. Eine nationale Regelung, die zur Bekämpfung von MwSt-Betrug in Fällen wie denen des Ausgangsverfahrens regelmäßig von einer Nettopreisvereinbarung ausgeht, ist nach dem EuGH-Urteil unverhältnismäßig.

 

Hinweis

Der Sachverhalt der Ausgangsverfahren wäre nach deutscher Rechtslage auf Grund der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG sowie der Anwendung von § 13b UStG auf Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen, anders als in Rumänien zu beurteilen. Die Frage, ob die USt aus dem gezahlten Entgelt herauszurechnen ist, wenn keine Vereinbarung hinsichtlich der USt getroffen wurde, ist nach deutscher Rechtslage grundsätzlich zu bejahen. Der für steuerbare und steuerpflichtige Leistungen geschuldete Steuerbetrag ist durch das Entgelt vorgegeben, d.h. den Betrag, den der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten (vgl. § 10 Abs.1 Satz 2 UStG). Das gilt auch, wenn die Beteiligten rechtsirrtümlich die Gegenleistung ohne USt vereinbaren. Der ursprünglich vereinbarte Betrag ist dann in Entgelt und darauf entfallende USt aufzuteilen (vgl. Abschn. 10.3 Abs. 1 UStAE). Darin unterscheidet sich das umsatzsteuerliche Entgelt vom bürgerlich-rechtlichen Preis, der i.d.R. eine etwaige USt einschließt, z.B. im Fall des Mietzinses bei einer Grundstücksvermietung, bei der zur Steuerpflicht optiert wird (vgl. BGH v. 10.10.2003, V ZR 39/02, BFH/NV Beilage 2004, 322).

Auch verlangen Art. 226 Nr. 8 und 10 MwStSystRL bzw. § 14 Abs. 4 Nr. 7 und 8 UStG, dass in e...

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