Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachlaß. Erbscheinserteilung. Erbschein

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Auslegung der letztwilligen Verfügung durch den Tatrichter kann vom Rechtsbeschwerdegericht nur dahin überprüft werden, ob er den maßgeblichen Sachverhalt ausreichend erforscht (§ 12 FGG), bei der Erörterung des Beweisstoffs alle wesentlichen Umstände berücksichtigt (§ 25 EGG), nicht gegen gesetzliche Beweisregeln, Denkgesetze oder feststehende Erfahrungssätze verstoßen, keine verfahrensrechtlichen Vorschriften verletzt und auch die Beweisanforderungen weder vernachlässigt noch überspannt hat.

2. Die Auslegung der letztwilligen Verfügung selbst bemisst sich nach § 133 BGB.

 

Normenkette

FGG § 27; ZPO § 550

 

Verfahrensgang

LG München II (Beschluss vom 14.02.1985; Aktenzeichen 6 T 1120/84)

AG Wolfratshausen (Aktenzeichen VI 289/83)

 

Tenor

I. Der Beschluß des Landgerichts München II vom 14. Februar 1985 wird aufgehoben, soweit der Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 1 zurückgewiesen worden ist.

II. Im übrigen wird die weitere Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts München II vom 14. Februar 1985 zurückgewiesen.

III. Jeder Beteiligte trägt seine ihm im Rechtsbeschwerdeverfahren erwachsenen Kosten.

 

Tatbestand

I.

1. Am 29.4.1983 verstarb in … der Rentner und ehemalige Kaufmann … (Erblasser) im … Lebensjahr. Er war seit dem 9.10.1982 verwitwet und hatte keine Kinder.

2. Mit seiner Ehefrau hatte er nach mehreren Entwürfen und vorangegangenen Fassungen am 25.4.1976 das folgende privatschriftliche gemeinschaftliche Testament errichtet:

„Gemeinschaftliches Testament

Wir, die unterzeichneten … geb. … beide wohnhaft in … errichten hiermit gemeinschaftlich folgende letzt willige Verfügung:

I.

Wir setzen uns gegenseitig zu alleinigen Erben ein. Der genannte Nachlaß des Zuletztversterbenden soll also dem Überlebenden zufallen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Als Erben des Zuletztversterbenden Ehegatten für den gesamten Nachlaß setzen wir … ein. An den vorgenannten Erben soll also der beiderseitige Nachlaß nach dem Tode des Letztversterbenden von uns fallen, damit ist also nicht die Anordnung einer Vor- oder Nacherbschaft gemeint.

III.

Wir setzen folgende Vermächtnisse aus:

1) Unser Haus … … Grundbuch … Blatt … erhält unsere Schwägerin + Schwester über …

2) Von unseren Wohnungen in … Wohnung … Blatt … erhält unsere Schwägerin + Schwester … bis zu deren Tode die Miete.

3) Von unseren Wohnungen in … … Grundbuch … erhalten unser Schwager und Bruder … bis zu ihrem Tode die Mieten.

4) Einen Betrag von DM 30.000,– in Worten Dreißigtausend DMark erhält … und seine Frau nach unserem Tode ausbezahlt. Wohnung …

5) Ebenfalls 30.000 DM, in Worten Dreißigtausend DMark erhält … und seine Frau wohnhaft in … dafür, daß sie unser Grab auf dem … Friedhof pflegen, nach unserem Tode ausbezahlt.

6) 10.000 DM in Worten zehntausend DMark erhält … … nach unsrem Tode ausbezahlt. Zu Ziffer 1 beschriebenem Haus … darf in keinem Falle anders verfügt werden.

Die Vermächtnisse werden nach dem Tode des Letztlebenden von uns fällig und zwar einen Monat nach der Erbteilung des Erbscheins für die eingesetzten Erben.

Die Erbschaftssteuer haben Vermächtnisnehmer anteilig zu tragen, der Anteil ist zu berechnen nach dem Wert des einzelnen Vermächtnisses.

IV.

Etwa sonst noch vorhandene letztwillige Anordnungen werden widerrufen, gelten soll allein dieses gemeinschaftliche Testament.

Vorstehendes Testament soll auch mein Testament sein.

Nach dem Tode seiner Ehefrau errichtete der Erblasser am 31.3.1983 folgendes privatschriftliches Testament:

„Testament

Ich … daß nach meinem Tode unbedingt wie nachstehend verfügt wird:

1) Die im gemeinschaftlichen Testament meiner verstorbenen Ehefrau … und mir eingesetzten Vermächtnisse sind zu erfüllen wie folgt;

  1. Das Grundstück mit Wohnhaus in … erhält das Blindenheim in … über …
  2. Von den Wohnungen in … erhält meine Schwägerin, … wohnhaft in … bis zu ihrem Tode die Miete.
  3. Von den Eigentumswohnungen in … erhalten mein Schwager … … bis zum Tode beider Eheleute die Mieten.
  4. Ein Betrag von DM 30.000 (dreißigtausend) ist den Eheleuten … auszubezahlen.
  5. An die Eheleute … wohnhaft … ist für die Grabpflege ein Betrag von 30.000 DM (dreißigtausend) auszubezahlen.
  6. 10.000 DM (zehntausend) erhält Frau … Die Vermächtnisnehmer haben die Erbschaftssteuer anteilig selbst zu tragen.

2) Desweiteren ist es mein ausdrücklicher Wunsch, daß die Eheleute … wohnhaft in … meine zwei Eigentumswohnungen in … … die Eigentumswohnungen in … in … bei … erhalten neben einem Geldbetrag von 100.000 DM (Hunderttausend). Frau … und ihr Mann erhalten die Immobilien und den Geldbetrag für ca. 20jährige uneigennützige Hilfe im Haus und Garten und für die Pflege meiner verstorbenen Frau …. Da ich Frau … nicht bei der Sozialversicherung angemeldet habe, ist diese Zuwendung eine Entschuldigung für entgangene Rente.

3) Meine Nichte Frau … wohnhaft in … bei … ist ein Betrag von 200.000 DM (zweihunderttausend) auszubezahlen.

4) … übereigne ich mein Grundstück mit Wohnhaus in … mit Restbetrag meines Vermögens f...

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