Entscheidungsstichwort (Thema)
Bergmannsversorgungsschein. Berücksichtigung unter Tage verbrachter Zeiten bei Kündigung
Leitsatz (amtlich)
Die im Bergbau unter Tage verbrachten Zeiten sind bei einer betriebsbedingten Kündigung wegen Verringerung der Arbeitsmenge nicht nach § 9 Abs 3 BVSG-NW bei der Berechnung der Unkündbarbeit nach den §§ 53, 16 BAT zu berücksichtigen.
Normenkette
BVSG-NW § 9; BAT §§ 53, 16; KSchG 1969 §§ 1-2
Verfahrensgang
LAG Köln (Urteil vom 30.05.1989; Aktenzeichen 4 Sa 147/89) |
ArbG Köln (Urteil vom 13.12.1988; Aktenzeichen 15 Ca 7365/88) |
Tenor
- Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 30. Mai 1989 – 4 Sa 147/89 – aufgehoben.
- Auf die Berufung der Beklagten werden die Urteile des Arbeitsgerichts Köln vom 7. Dezember 1988 – 7 Ca 6907/88 –, 7. Dezember 1988 – 7 Ca 7257/88 –, 13. Dezember 1988 – 15 Ca 7365/88 –, 19. Januar 1989 – 11 Ca 7076/88 –, 10. Januar 1989 – 16 Ca 7295/88 -und 19. Januar 1989 – 16 Ca 7366/88 – abgeändert. Die Klagen werden insgesamt abgewiesen.
- Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Kläger sind bei der Beklagten als Schulhausmeister tätig und alle Inhaber eines Bergmannsversorgungsscheines. Auf ihr Arbeitsverhältnis findet der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) Anwendung. Ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten besteht mit keinem der über 40 Jahre alten Kläger über eine Dauer von 15 Jahren. Unter rechnerischer Einbeziehung der Beschäftigungszeit der Kläger unter Tage ergibt sich bei allen Klägern hingegen bei der Beklagten eine Beschäftigungszeit von mehr als 15 Jahren.
Zu den Aufgaben der Kläger als Schulhausmeister gehörte es u. a., Sportvereine und sonstige Gruppen, die die Schulturnhallen außerhalb der üblichen Schulzeiten benutzen, zu betreuen. Diese Bereitschaftsdienste wurden als Überstunden tariflich vergütet.
Im Hinblick auf die ungünstige Haushaltssituation der Beklagten beschloß der Ausschuß der Beklagten für allgemeine Verwaltung und Rechtsfragen am 23. September 1982, die “Schlüsselgewalt” für Turn- und Sporthallen montags bis mittwochs ab 20.30 Uhr und donnerstags und freitags sowie an Wochenenden generell auf die die Hallen nutzenden Vereine und Sportgruppen zu übertragen. Nur jeweils montags bis mittwochs von 17.30 Uhr bis 20.30 Uhr sollte auch weiterhin der jeweilige Schulhausmeister zuständig bleiben.
Die Beklagte versuchte zunächst, diesen Beschluß mit Wirkung vom 11. Oktober 1982 im Wege der Ausübung ihres Direktionsrechtes durchzusetzen. Hiergegen erhobene Klagen hatten Erfolg. Das Bundesarbeitsgericht entschied am 13. November 1986 (– 6 AZR 657/83 –, n.v.), die umstrittene Tätigkeit der Schulhausmeister sei durch betriebliche Übung Bestandteil der Arbeitsverträge geworden und könne den Schulhausmeistern nur durch eine Änderungskündigung entzogen werden.
Daraufhin entschloß sich die Beklagte, die beabsichtigte Änderung der Arbeitsbedingungen der Schulhausmeister im Wege der Änderungskündigung durchzusetzen. Die nach § 67 Personalvertretungsgesetz NW (PersVG NW) bei der Beklagten eingerichtete Einigungsstelle stimmte den beabsichtigten Änderungskündigungen am 29. Februar 1988 zu. In dem Beschluß heißt es u. a.: “Die Änderungskündigungen werden im übrigen nur gegenüber den Schulhausmeistern ausgesprochen, die im Sinne des BAT noch kündbar sind.” In Ausführung dieses Beschlusses wurden nur gegenüber den Schulhausmeistern Änderungskündigungen ausgesprochen, die im Sinne des BAT noch kündbar waren.
Die Beklagte kündigte den Klägern dann im September 1988, dem Kläger G…, der Feststellung als Schwerbehinderter beantragt hatte, nach Zustimmung der Hauptfürsorgestelle am 20. Dezember 1988, unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist und bot ihnen eine Fortsetzung der Arbeitsverhältnisse zu sonst gleichen Bedingungen an, wobei der Bereitschaftsdienst bei Beaufsichtigung der Turn- und Sporthallen für außerdienstliche Veranstaltungen auf die Zeit von montags bis mittwochs von 17.30 Uhr bis 20.30 Uhr beschränkt blieb. Die Zentralstelle für Bergmannsversorgungsscheine hatte den Kündigungen zugestimmt. Die Kläger haben gegen diese Bescheide Widerspruch eingelegt. Die entsprechenden Verfahren sind noch nicht rechtskräftig entschieden.
Die Kläger, die die Kündigungen unter Vorbehalt angenommen haben, halten diese für unwirksam. Sie haben geltend gemacht, die unter Tage verbrachte Zeit müsse ihnen angerechnet werden, so daß nach § 53 Abs. 3 BAT eine ordentliche Kündigung ausgeschlossen sei. Die Beklagte habe außerdem ihr Kündigungsrecht verwirkt, weil die den Kündigungen zugrunde liegenden Ratsbeschlüsse schon aus den Jahren 1981/82 herrührten und die Beklagte seit Erlaß der erstinstanzlichen Urteile in den Vorprozessen gewußt habe, daß der Entzug der Betreuung außerschulischer Veranstaltungen nur im Wege der Änderungskündigung erfolgen könne.
Die Kündigungen seien auch sozialwidrig. Ein dringendes betriebliches Erfordernis liege nicht vor. Die Änderungskündigungen seien auch mit derart hohen Verdienstminderungen verbunden, daß ihr Interesse an der Beibehaltung des bisherigen Lohns das Interesse der Beklagten an einer Änderung der Arbeitsbedingungen überwiege.
Der Kläger zu 1) hat beantragt
festzustellen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen in Verbindung mit der Änderungskündigung vom 02.09.1988, zugegangen am 16.09.1988, zum 31.03.1989 rechtsunwirksam ist und die Beklagte zu verurteilen, ihn über den 31.03.1989 zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen.
Der Kläger zu 2) hat beantragt
festzustellen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen in Verbindung mit der Änderungskündigung vom 21.09.1988, zugegangen am gleichen Tage, zum 31.03.1989 rechtsunwirksam ist und die Beklagte zu verurteilen, ihn über den 31.03.1989 zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen.
Der Kläger zu 3) hat beantragt
festzustellen, daß das zwischen den Parteien bestehende Beschäftigungsverhältnis durch die Änderungskündigung vom 14.09.1988, zugestellt am 26.09.1988, nicht aufgelöst worden ist und zu den bisherigen Bedingungen über den 01.05.1989 hinaus fortgesetzt wird.
Der Kläger zu 4) hat beantragt
festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 06.09.1988, zugegangen am 21.09.1988, zum 31.03.1989 nicht aufgelöst wird und die Änderung der Arbeitsbedingungen rechtsunwirksam ist und die Beklagte zu verurteilen, ihn über den 31.03.1989 hinaus zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen.
Der Kläger zu 5) hat beantragt
festzustellen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen in Verbindung mit der Änderungskündigung vom 20.12.1988 zum 30.06.1989 rechtsunwirksam ist und die Beklagte zu verurteilen, ihn über den 30.06.1989 hinaus zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen.
Der Kläger zu 6) hat beantragt
festzustellen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen in Verbindung mit der Änderungskündigung vom 12.09.1988 zum 31.03.1989 rechtsunwirksam ist und die Beklagte zu verurteilen, ihn über den 31.03.1989 hinaus zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen.
Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt. Sie hat vorgetragen, die Kläger seien nicht nach dem BAT unkündbar. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem BVSG-NW. Die Unkündbarkeit nach § 53 Abs. 3 BAT stelle keine “sonstige Leistung” im Sinne von § 9 Abs. 3 Satz 1 BVSG-NW dar. Selbst wenn aber eine Unkündbarkeit gegeben wäre, so wäre die Kündigung nach § 55 Abs. 2 Satz 1, 2 BAT gerechtfertigt, weil die vorliegende Kürzung praktisch einer Herabgruppierung gleichzusetzen sei. Eine Verwirkung liege nicht vor, denn bis zur Entscheidung des BAG am 13. November 1986 sei die Rechtslage unklar gewesen. Nach Zustellung des BAG Urteils habe der Personalrat zunächst die Zustimmung zum Ausspruch der Änderungskündigungen verweigert, das Einigungsstellenverfahren habe sich dann bis 29. Februar 1988 hingezogen. Die sachliche Rechtfertigung der betriebsbedingten Änderungskündigungen sei infolge einer unternehmerischen Entscheidung gerechtfertigt, die wiederum ihre Grundlage in der angespannten Haushaltssituation habe. Durch die Übertragung der Schlüsselgewalt auf die benutzenden Vereine könnten im Jahr ca. 300.000 DM eingespart werden. Die persönlichen Interessen der Kläger seien berücksichtigt und vor der Einigungsstelle im einzelnen erörtert worden.
Das Arbeitsgericht hat den Klagen stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten die gestellten Weiterbeschäftigungsanträge der Kläger abgewiesen, im übrigen hat es die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil war aufzuheben und die Klagen waren unter Abänderung der erstinstanzlichen Urteile insgesamt abzuweisen.
I. Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, die Änderungskündigungen der Beklagten seien unwirksam. Unabhängig davon, ob die Unkündbarkeit des § 53 Abs. 3 BAT als “sonstige Leistung” im Sinne von § 9 Abs. 3 BVSG-NW anzusehen sei, sei die Beklagte nach § 9 Abs. 3 BVSG-NW verpflichtet gewesen, eine Änderungskündigung der Kläger zu unterlassen. Als Leistung im Sinne dieser Vorschrift sei jedes Recht anzusehen, vom Arbeitgeber ein Tun oder Unterlassen zu verlangen, soweit dieses Recht nach Grund und Höhe von der Beschäftigungszeit abhänge. Die Beklagte habe den Arbeitnehmern, die in ihrem Dienst 15 Beschäftigungsjahre zurückgelegt hätten und mindestens 40 Jahre alt seien, eine Leistung gewährt, die sie den Klägern vorenthalten habe. Wenn die Beklagte sich vor der Einigungsstelle bereit erklärt habe, die Arbeitnehmer, die bei ihr länger als 15 Jahre beschäftigt und 40 Jahre alt seien, von der beabsichtigten Kündigung auszunehmen, so stelle dies aus ihrer Sicht einen echten Verzicht dar. Sie habe den bezeichneten Arbeitnehmern das Recht eingeräumt, von ihr zu verlangen, daß sie aus den vor der Einigungsstelle erörterten Gründen den Ausspruch einer Änderungskündigung unterlasse, unabhängig davon, daß ihrer Ansicht nach eine solche Änderungskündigung gerechtfertigt wäre.
II. Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts halten der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
1. Die Kündigung der Kläger ist nicht wegen Verstoßes gegen § 53 Abs. 3 BAT unwirksam, wonach der Angestellte nach einer Beschäftigungszeit (§ 19) von 15 Jahren, frühestens jedoch nach Vollendung des 40. Lebensjahres, unkündbar ist, denn die Kläger stehen noch nicht 15 Jahre in einem Beschäftigungsverhältnis zur Beklagten. § 19 BAT definiert die Beschäftigungszeit als die bei demselben Arbeitgeber nach Vollendung des 18. Lebensjahres in einem Arbeitsverhältnis zurückgelegte Zeit, auch wenn sie unterbrochen war. Die in dieser Vorschrift normierten Anrechnungszeiten erfassen die Untertagezeiten im Bergbau nicht.
a) Der in der Revision vertretenen Auffassung, eine Anrechnungspflicht ergebe sich aus § 9 Abs. 8 BVSG-NW, wonach den Inhabern des Bergmannsversorgungsscheines bei der Gewährung des Urlaubs, des Tariflohnes und sonstiger Leistungen die im Bergbau unter Tage verbrachten Beschäftigungszeiten als gleichwertige Berufsjahre oder gleichwertige Zeiten der Betriebszugehörigkeit anzurechnen seien, kann nicht gefolgt werden.
Wie die Präambel des BVSG-NW ausweist, macht die besondere Art des bergmännischen Berufes neben der knappschaftlichen Sozialversicherung besondere Maßnahmen für die Bergleute nötig, die nicht mehr oder nur mit Gefahr völliger vorzeitiger Invalidität Untertagearbeit ausüben können. Unbeschadet dessen, daß ein großer Teil dieser Personen wie bisher in der Übertagearbeit der Zechen Verwendung finden muß, soll das BVSG der Fürsorge für diesen Personenkreis dienen. Die Frage, ob bei der Berechnung der Kündigungsfristen und insbesondere bei Bestimmung der sogenannten Unkündbarkeit im Sinne von § 53 Abs. 3 BAT die unter Tage verbrachte Zeit anzurechnen ist, kann also nicht, wie das Berufungsgericht in dem Parallelrechtsstreit (9 Sa 534/89 LAG Köln) gemeint hat, aus der allgemeinen Notwendigkeit eines umfassenden Schutzes der Bergleute hergeleitet werden, sondern allein aus den Regelungen, die der Gesetzgeber als besondere Maßnahmen zum Zwecke der Fürsorge dieses Personenkreises für notwendig erachtet hat. Das BVSG-NW sieht indessen nicht vor, daß bei der Bestimmung der Unkündbarkeit i. S. tariflicher Regelungen die Untertagezeiten beim neuen Arbeitgeber anzurechnen sind.
b) Weder nach Wortlaut noch nach der Systematik des Gesetzes ergibt sich dies aus § 9 BVSG-NW. Diese Bestimmung regelt in den Absätzen 1 und 2 die Ansprüche des Inhabers eines Bergmannsversorgungsscheins im Falle seines Ausscheidens aus dem Bergbau gegen den bisherigen Bergbauarbeitgeber oder dessen Rechtsnachfolger, in Absatz 3 die Ansprüche gegen den jeweiligen außerbergbaulichen Arbeitgeber. Das Gesetz spricht nicht von einer zu schützenden vermögenswerten Position des Bergmanns insgesamt, sondern es verwendet den Begriff “Leistung”. Es nennt ausdrücklich als Leistung Urlaub und Tariflohn. Als sonstige Leistungen kommen Gewinnbeteiligung, Gratifikationen, Treuegelder, Jubiläumsgaben, Leistungen der betrieblichen Altersversorgung, zusätzliche Abfindungen für Erholungsurlaub, Unterbringung in werkseigenen Urlaubs- und Erholungsheimen, Werksverpflegung und Familienzuschüsse in Betracht (so RGRK-Boldt, 12. Aufl. § 6 Anhang I § 630 BGB – D – § 9 BVSG NW Rz 27), insgesamt also geldwerte Leistungen des Arbeitgebers. Da § 9 Abs. 3 BVSG ausdrücklich den Tariflohn als Leistung erwähnt, könnte sich allenfalls im Falle einer Änderungskündigung zum Zwecke der Lohnsenkung – bei voller Aufrechterhaltung der vom Arbeitnehmer zu erbringenden Leistung – die Frage stellen, ob der einzelvertraglich durch die Kündigung geschuldete Lohn unter Einbeziehung der Beschäftigungszeiten unter Tage zu bestimmen wäre, was jedoch hier nicht zur Entscheidung ansteht, da es sich um eine Änderungskündigung handelt, die ihre Grundlage in der Verringerung der Arbeitsmenge hat und insofern alle beschäftigten Hausmeister hinsichtlich der Arbeitszeit gleichstellt.
Von der Systematik des Gesetzes her betreffen den besonderen Kündigungsschutz des Scheininhabers die §§ 10 bis 12 BVSG-NW, und zwar sowohl für den Fall, daß der Scheininhaber noch in einem Bergwerksbetrieb tätig ist, als auch für den Fall der Beschäftigung in einem außerbergbaulichen Betrieb (RGRK-Boldt, aaO, Anhang I § 630 BGB – D – § 9 BVSG NW Rz 2).
c) Die Gewährung einer geldwerten Leistung und der Erwerb der Unkündbarkeit, für die eine gedeihliche längere Zusammenarbeit im selben Betrieb die letztlich der tragende Grund ist, können auch ihrem Sinngehalt nach nicht gleichgesetzt werden. Wäre die Unkündbarkeit im außerbergbaulichen Betrieb unter Berücksichtigung der Untertagezeiten zu ermitteln, würden die neu eingestellten Inhaber von Bergmannsversorgungsscheinen beim außerbergbaulichen Arbeitgeber vom ersten Tag des Beschäftigungsverhältnisses an den Kündigungsschutz nach § 1 Abs. 2 KSchG genießen. Gegen eine solche Auslegung des BVSG-NW spricht § 12 BVSG-NW, der Ausnahmen vom Zustimmungserfordernis festlegt, wenn es dort heißt, die Zustimmung der Zentralstelle sei nicht erforderlich, wenn der Inhaber des Bergmannsversorgungsscheins ausdrücklich nur befristet, auf Probe oder für einen vorübergehenden Zweck eingestellt worden sei, es sei denn, daß das Arbeitsverhältnis über sechs Monate hinaus fortbestehe. Dies soll auch gelten für eine vereinbarte oder nach arbeitsrechtlichen Regelungen vorgesehene Probezeit innerhalb eines unbefristeten Beschäftigungsverhältnisses. Diese Regelung wäre sinnwidrig, wenn die unter Tage verbrachte Beschäftigungszeit kündigungsrechtlich immer angerechnet werden müßte. Der Bergmannsversorgungsschein wird nach § 2 BVSGNW erst nach mindestens fünfjähriger Untertagezeit erteilt. Die Vorschrift liefe damit leer, weil nach fünfjähriger Tätigkeit eine Probezeit als beendet anzusehen wäre.
d) Auch die Entstehungsgeschichte des Gesetzes und hier insbesondere die des § 9 Abs. 3 BSVG-NW spricht für die Auslegung des Senats.
aa) Das Gesetz über einen Bergmannsversorgungsschein im Land Nordrhein-Westfalen vom 10. Juli 1948 (GVBl. S. 139) sah neben der knappschaftlichen Sozialversicherung besondere Maßnahmen für Bergleute vor, die nach längerer bergmännischer Tätigkeit nicht mehr oder nur mit Gefahr völliger vorzeitiger Invalidität Untertagearbeiten ausüben können. Neben der Regelung des Erteilungsverfahrens des Bergmannsversorgungsscheines normierte es eine in §§ 3 ff. näher ausgestaltete Pflicht, Arbeitsplätze in einem Betrieb mit Inhabern von Bergmannsversorgungsscheinen zu besetzen. In §§ 10 und 11 BVSG-NW 1948 war die Mitwirkung der Zentralstelle bei Kündigungen geregelt. Nach § 15 dieses Gesetzes war der Arbeitsminister ermächtigt, die zur Durchführung dieses Gesetzes erforderlichen Bestimmungen zu erlassen. In Ausführung dieser Norm enthielt die erste Durchführungsverordnung zum Gesetz über einen Bergmannsversorgungsschein im Land Nordrhein-Westfalen vom 12. Juli 1948 (GVBl. S. 141) in § 8 folgende Regelung:
- Zur Sicherung vor Erteilung des Bergmannsversorgungsscheines erworbener Ansprüche wird folgendes bestimmt:
- Deputatkohle wird für invalide Bergarbeiter vom früheren Arbeitgeber gewährt.
- Der Urlaub muß im neuen Beschäftigungsverhältnis mindestens der Urlaubsdauer vor Erteilung des Bergmannsversorgungsscheines entsprechen.
- Die im alten Arbeitsverhältnis innegehabte Werkswohnung soll nur mit Zustimmung der Zentralstelle gekündigt werden. Die sonstigen wohnrechtlichen Bestimmungen werden hierdurch nicht berührt.
bb) Das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über einen Bergmannsversorgungsschein im Land Nordrhein-Westfalen vom 10. Juli 1948 vom 9. Juni 1954 (GVBl. S. 159) regelte dann in einem § 9 (vgl. Bekanntmachung der Neufassung des Gesetzes vom 9. Juni 1954 i. d. F. vom 14. Juni 1954, GVBl. S. 216) folgendes:
- Für die Dauer der anderweitigen Beschäftigung aufgrund des Bergmannsversorgungsscheines oder der Erwerbslosigkeit erhält der Inhaber eines Bergmannsversorgungsscheines vom bisherigen Bergbau-Arbeitgeber oder seinem Rechtsnachfolger Hausbrandkohlen zu denselben Bedingungen wie aktive Bergleute. Nach Zuerkennung der Knappschaftsvollrente oder der Gesamtleistung erhält er Hausbrandkohlen zu denselben Bedingungen wie invalide Bergleute, wobei die im ersten Satz genannte Zeit wie Bergarbeit gerechnet wird. Eine Bezugsberechtigung entsteht nicht, wenn der Inhaber eines Bergmannsversorgungsscheines wegen eigenen Verschuldens aus dem letzten Bergbauarbeitsverhältnis fristlos entlassen worden ist.
- Die bisherige Werkswohnung soll dem Inhaber eines Bergmannsversorgungsscheines in nachgehender, fürsorglicher Betreuung belassen werden. Soweit das Mietverhältnis ohne Verschulden des Mieters aufgelöst wird, hat der bisherige Bergbau-Arbeitgeber im Zusammenwirken mit der Zentralstelle die anderweitige zumutbare wohnliche Unterbringung des Inhabers eines Bergmannsversorgungsscheines nach Kräften zu fördern.
- Im neuen Beschäftigungsbetrieb sind bei der Bemessung des Urlaubs und des Tariflohnes die im Bergbau unter Tage verbrachten Beschäftigungszeiten den Inhabern eines Bergmannsversorgungsscheines als gleichwertige Berufsjahre anzurechnen.
In seinen §§ 10 – 12 war die Kündigungsregelung neu gefaßt, insbesondere sah das Gesetz eine Probebeschäftigung vor, während deren Dauer der Inhaber des Bergmannsversorgungsscheines vom bergbaulichen Beschäftigungsbetrieb ohne Entgelt zu beurlauben war.
cc) Durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Gesetzes über einen Bergmannsversorgungsschein im Land Nordrhein-Westfalen vom 7. Januar 1958 (GVBl. S. 13) wurde § 9 Abs. 3 wie folgt neu gefaßt:
Im neuen Beschäftigungsbetrieb sind bei der Bemessung des Urlaubs, des Tariflohnes und sonstiger Leistungen oder Zuwendungen die im Bergbau unter Tage verbrachten Beschäftigungszeiten den Inhabern eines Bergmannsversorgungsscheines als gleichwertige Berufsjahre oder als gleichwertige Zeiten der Betriebszugehörigkeit anzurechnen.
Bei den Beratungen zu diesem Zweiten Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den Bergmannsversorgungsschein ist die Frage der Anrechnung von Beschäftigungszeiten im Rahmen tariflicher Kündigungsfristen nicht angesprochen worden. Im Arbeitsausschuss (Protokoll-Nr. 1367/57, 46. ArbA) ist zur Rechtfertigung der Einfügung der Worte “und sonstiger Leistungen bzw. Zuwendungen” auf in der Praxis aufgetretene Zweifel hingewiesen worden. In der Stellungnahme eines Regierungsvertreters heißt es: “Denn die Berufsjahre spielen eine Rolle bei der Bemessung des Lohnes, die Betriebszugehörigkeit dagegen im allgemeinen bei sozialen Leistungen wie Urlaub, Krankheit usw …” In der Sitzung des Arbeitsausschusses vom 15. Oktober 1957 (Protokoll-Nr. 1389/57, 48. ArbA) führte ein Vertreter der Zentralstelle für den Bergmannsversorgungsschein aus: “Was die Änderung in § 9 Abs. 3 angehe, so sei zu bemerken, daß von unvermittelten BVS-Inhabern verschiedentlich darüber geklagt werde, daß sie mit den Kollegen im neuen Betrieb nicht gleichgestellt seien. So würden beispielsweise die im Untagebetrieb verbrachten Beschäftigungsjahre bei der Bemessung derjenigen betrieblichen Leistungen, deren Umfang entsprechend der Dauer der Betriebszugehörigkeit gestaffelt sei, in der Regel nicht berücksichtigt, weil in dem bisherigen § 9 Abs. 3 nur von Berufsjahren die Rede gewesen sei. Durch den Änderungsvorschlag werde das, was der Gesetzgeber offensichtlich habe erreichen wollen, klarer zum Ausdruck gebracht.” In der Sitzung vom 12. November 1957 (Protokoll-Nr. 1426/57, 50. ArbA) wurde bemerkt, es gehe lediglich darum, ob diese (erg. Inhaber des Bergmannsversorgungsscheines) in ihren neuen Betrieben auch an den “sonstigen Leistungen bzw. Zuwendungen” teilhaben sollten.
“… es sei ein Unrecht, jenen im Gegensatz zu anderen Betriebsangehörigen irgendwelche Leistungen vorzuenthalten.” In der 68. Sitzung des Landtages vom 17. Dezember 1957 (Plenarprotokoll S. 2267) wurde ausgeführt: “Dem neuen Arbeitgeber gegenüber besteht ebenfalls ein erweiterter Kündigungsschutz, und ferner sichert § 9 Abs. 3 die Anrechnung der unter Tage verbrachten Beschäftigungszeiten bei der Bemessung des Urlaubs und des Tariflohns sowie – das ist neu hinzugekommen – bei der Bemessung sonstiger Leistungen und Zuwendungen.”
dd) In dem Gesetz über einen Bergmannsversorgungsschein im Land Nordrhein-Westfalen (BVSG NW vom 20. Dezember 1983 – GVBl. S. 635 –) erhielt § 9 Abs. 3 die jetzt gültige Fassung:
“(3) In jedem außerbergbaulichen Beschäftigungsbetrieb sind dem Inhaber des Bergmannsversorgungsscheines bei der Gewährung des Urlaubs, des Tariflohnes und sonstiger Leistungen die im Bergbau unter Tage verbrachten Beschäftigungszeiten als gleichwertige Berufsjahre oder als gleichwertige Zeiten der Betriebszugehörigkeit anzurechnen. Die Anrechnung der Untertagezeiten darf sich jedoch – außer bei Betriebsrenten – nicht mehrfach auswirken; soweit die Anrechnung zu mehreren Betriebsrenten führt oder sich auf deren Höhe auswirkt, dürfen die einzelnen Renten entsprechend der Dauer der Betriebszugehörigkeit so weit – auch unter die Mindestbeträge – gekürzt werden, daß sie zusammen den günstigsten Einzelbetrag nicht überschreiten.”
Die Neufassung des § 9 Abs. 3 im BVSG-NW vom 20. Dezember 1983, ist ausweislich der Beratungen des Gesetzes nicht auf kündigungsrechtliche Überlegungen zurückzuführen. Der Gesetzentwurf der Landesregierung (Drucks. 9/2700) sah die Streichung der Worte “oder Zuwendungen” bereits vor. In der Begründung zu dem Entwurf hieß es dazu, Satz 1 entspreche inhaltlich dem geltenden § 9 Abs. 3 BVSG. Es wurde darauf verwiesen, die neue Formulierung stimme mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu § 9 Abs. 3 BVSG überein, wonach nicht nur der erste, sondern jeder weitere außerbergbauliche Arbeitgeber des Bergmannsversorgungsscheininhabers verpflichtet sei, die Untertagejahre bei der Bemessung des Urlaubs, bei der Höhe des Tariflohnes und sonstiger Leistungen oder Zuwendungen zu berücksichtigen. In der ersten Lesung des Gesetzes (Plenarprotokoll 9/79) vom 14. September 1973 erklärte der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales, der Schutz des betroffenen Personenkreises komme darin zum Ausdruck, daß der BVS insbesondere zu einer bevorrechtigten Vermittlung und Unterbringung im öffentlichen Dienst und in anderen Betrieben außerhalb des Bergbaus diene und den Inhabern des Bergmannsversorgungsscheines damit einen besonderen Kündigungsschutz vermittele. Man könnte sagen: “Die Bergleute, die nicht mehr unter Tage arbeiten können, erhalten einen dem Schwerbehinderten vergleichbaren Status beim Erwerb eines neuen Arbeitsplatzes – sie müssen bevorrechtigt eingestellt werden – und Schutz, wenn sie einen solchen Arbeitsplatz haben.” In den Beratungen des Ausschusses für Grubensicherheit (Ausschußprotokoll 9/1065) vom 25. November 1983 wurde sinngemäß erklärt, bei § 9 Abs. 3 gehe es hinsichtlich der Neuregelung um Betriebsrentenfragen.
2. a) Die bisherige Auslegung des Gesetzes entsprach auch diesem Wortgehalt und rechnete die Untertagezeit nicht zur sonstigen Leistung als Beschäftigungszeit im Sinne von § 19 BAT (vgl. Böhm/Spiertz/Spohner/Steinherr, BAT – Stand Mai 1986 –, § 19 Rz 41, Uttlinger/Kiefer/Hoffmann/Breier, BAT – Stand Oktober 1986 –, § 19 Hinw. 2 e, f.; LAG Düsseldorf, Urteil vom 15. Dezember 1982 – 5 Sa 1414/82 – nicht veröffentlicht – unter Berufung auf einen gemeinsamen Runderlaß des Finanzministers – B 4000 -4317/IV/59 – und des Innenministers – II A 2/25.20 – 817 – 59 – des Landes Nordrhein-Westfalen vom 10. November 1959 – MBl. NW. 1959 S. 2891). In einem gemeinsamen Erlaß des Finanzministers – B 4000 – 1.9 – IV 1 und des Innenministers – II A 2 – 8.32 4/84 vom 15. Februar 1984 (MBl. NW. 1984 S. 198) heißt es unter Nr. 2 zu § 9 Abs. 3 : “b) Nicht berücksichtigt werden diese Zeiten bei der Kündigung (§§ 53, 55 BAT und §§ 57, 58 MTL II).”
b) Auch nach ständiger Rechtsprechung des BAG ist eine sonstige Leistung im Sinne von § 9 Abs. 3 BVSG-NW im Hinblick auf die zuvor genannten Tatbestandsmerkmale Urlaub und Tariflohn bisher immer im Sinne einer geldwerten Leistung verstanden worden: BAG Urteil vom 12. August 1965 – 5 AZR 95/64 – AP Nr. 5 zu § 9 BergmannsVersorgScheinG NRW: “Treuegelder”; BAG Urteile vom 8. November 1968 – 3 AZR 209/67 – und 26. Oktober 1978 – 3 AZR 604/77 – sowie BAGE 46, 18 jeweils AP Nr. 6, 15, 23 zu § 9 BergmannsVersorgScheinG NRW: “Versorgungsleistungen”; BAG Urteil vom 18. September 1974 – 5 AZR 18/74 – AP Nr. 10 zu § 9 BergmannsVersorgScheinG NRW: “Tariflohn”; BAG Urteil vom 20. Oktober 1976 – 5 AZR 507/75 – AP Nr. 13 zu § 9 BergmannsVersorgScheinG NRW: “Rechte, die dem Grunde oder der Höhe nach von der Dauer der Betriebs- oder Berufszugehörigkeit abhängen”. Es heißt in dieser Entscheidung wörtlich: “Nach § 9 Abs. 3 BVSG-NRW sind im Bergbau unter Tage verbrachte Beschäftigungszeiten als gleichwertige Zeiten der Betriebszugehörigkeit anzurechnen, soweit es um die Bemessung des Urlaubs-, des Tariflohnes und sonstiger Leistungen oder Zuwendungen geht. Die im Gesetz genannten Beispiele sind typische Arbeitgeberleistungen, bei denen die Betriebszugehörigkeit eine anspruchsbegründende oder anspruchserhöhende Rolle spielt. Der Wortlaut der Bestimmungen legt es deshalb nahe, zu den sonstigen Leistungen im Sinne des Gesetzes nur solche Leistungen zu rechnen, die nach Grund oder Höhe von der Dauer der Betriebszugehörigkeit abhängen”, BAG Urteil vom 10. Mai 1978 – 5 AZR 30/77 – AP Nr. 14 zu § 9 BergmannsVersorgScheinG NRW: “Jubiläumszuwendung”; BAG Urteile vom 8. August 1979 – 5 AZR 590/77 – und 5. Dezember 1979 – 4 AZR 10/78 – AP Nr. 17 und 18 zu § 9 BergmannsVersorgScheinG NRW: “Keine Berücksichtigung bei Bewährungsaufstieg”. Im Urteil vom 8. August 1979, aaO, heißt es “Zweck des Gesetzes ist es, bergfertigen Bergleuten, die möglicherweise lange Vordienstzeiten im Bergbau zurückgelegt haben, solche geldwerten Leistungen nach Grund und Höhe aus dem Arbeitsverhältnis des neuen Beschäftigungsbetriebes zu verschaffen, die von der Dauer der Betriebs- oder Berufszugehörigkeit abhängen und die der Bergmann wegen seiner Vordienstzeit sonst nicht erlangen kann” (vgl. AP, aaO, zu II 1 der Gründe). Nur insoweit werden Vordienstzeiten als gleichwertige Zeiten anerkannt (BAGE 46, 36 = AP Nr. 24 zu § 9 BergmannsVersorgScheinG NRW: “Betriebliche Altersversorgung”).
c) Wenn die Revision demgegenüber meint, die bisherige Verhaltensweise der Beklagten bei Jubiläen fordere eine extensive Auslegung des Gesetzes, so ist dies unzutreffend. Wenn die Beklagte bei Dienstjubiläen die Untertagezeit voll angerechnet, entsprechende Urkunden ausgestellt und Prämien gezahlt hat, entsprach dies dem Normgehalt des § 9 Abs. 3 BVSG-NW. Hieraus kann nichts für die vorliegende Fallkonstellation hergeleitet werden.
3. Es ist unter Berücksichtigung des Einigungsstellenbeschlusses auch nicht davon auszugehen, die Beklagte habe den Klägern eine Leistung vorenthalten, die sie anderen Arbeitnehmern, die in ihrem Dienst 15 Beschäftigungsjahre zurückgelegt haben und mindestens 40 Jahre alt sind, gewährt habe. Bei einer solchen Auslegung des Einigungsstellenbeschlusses würden zu berücksichtigende tatsächliche Gegebenheiten außer acht gelassen.
Es ist zwar zutreffend, daß nach dem Beschluß der Einigungsstelle die Änderungskündigungen nur gegenüber den Schulhausmeistern ausgesprochen werden sollten, die “im Sinne des BAT” noch kündbar waren. Es ist nach richtig, daß die Beklagte im Prozeß die Rechtsauffassung vertreten hat, der materielle Gehalt der vorliegend ausgesprochenen Änderungskündigungen stehe einer betriebsbedingten Kündigung gleich, die zum Zwecke der Herabgruppierung um eine Vergütungsgruppe auch bei unkündbaren Arbeitnehmern nach § 55 BAT möglich sei. Hieraus kann aber nicht gefolgert werden, der Beschluß der Einigungsstelle bestimme die Unkündbarkeit in dem vorliegenden Verfahren nach § 19 BAT unter Einbeziehung von § 9 BVSG-NW oder der erst im Prozeß geäußerten Rechtsauffassung. Bei interessen- und sachgerechter Auslegung ist dem Beschluß der Einigungsstelle vielmehr zu entnehmen, die Kündbarkeit soll sich nach dem BAT richten und zwar nicht in einem extensiven, den Arbeitnehmern allgemein – es ging ja nicht nur um die Belange der Kläger des vorliegenden Prozesses – ungünstigen Sinne. Anhaltspunkte dafür, die Einigungsstelle sei davon ausgegangen, die Kürzung der Überstunden sei eine Herabgruppierung mit der Folge der Kündbarkeit, liegen nicht vor. Unter kündbar im Sinne des BAT sollte offenbar der Inhalt von § 19 BAT erfaßt werden.
4. Es greift auch nicht der Einwand der Verwirkung. Nach ständiger Rechtsprechung des BAG (vgl. zur Prozeßverwirkung BAGE 11, 353 = AP Nr. 1 zu § 242 BGB Prozeßverwirkung; BAG Urteil vom 11. November 1982 – 2 AZR 552/81 – AP Nr. 71 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag) verwirkt ein Recht, wenn der Anspruchsteller dieses Recht erst nach Ablauf eines längeren Zeitraumes erhebt (Zeitmoment) und dadurch einen Vertrauenstatbestand beim Anspruchsgegner schafft, er werde nicht mehr belangt. Hierbei muß das Erfordernis des Vertrauensschutzes das Interesse des Berechtigten an einer Durchsetzung seines Rechtes derart überwiegen, daß dem Gegner die Einlassung auf dieses Recht nicht zuzumuten ist.
Hiervon kann im vorliegenden Fall nicht ausgegangen werden. Die Beklagte hat seit dem Beschluß ihres Ausschusses alle notwendigen Maßnahmen unternommen, den Ausschußbeschluß durchzusetzen. Aus der Tatsache, daß ein erstinstanzliches Urteil ergangen war, gegen das die Beklagte ein Rechtsmittel eingelegt hatte, kann nicht gefolgert werden, sie werde die Durchsetzung der Streichung der Überstunden entweder überhaupt nicht mehr geltend machen oder nur im Wege des von ihr zunächst begonnenen Verfahrens. Es war vielmehr den Klägern erkennbar, daß die Beklagte unter allen Umständen ihre Rechtsansicht durchsetzen wollte. Dies um so mehr, als unter Zugrundelegung des Beschlusses der Einigungsstelle nicht alle betroffenen Schulhausmeister sich gerichtlich gegen die Kürzung der Überstunden gewehrt haben.
III. Die Kündigung ist auch nicht sozialwidrig im Sinne von § 2 KSchG.
1. Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und bietet er dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen an, so kann der Arbeitnehmer dieses Angebot unter dem Vorbehalt annehmen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist (§ 1 Abs. 2 Satz 1-3, Abs. 3 Satz 1 und 2 KSchG).
2. Die Änderungskündigungen sind vorliegend aus dringenden betrieblichen Gründen gerechtfertigt. Sie sind aus innerbetrieblichen Gründen erfolgt, denn die Beklagte hatte sich zu einer organisatorischen Maßnahme entschlossen, durch deren Umsetzung das Bedürfnis für die Überstunden teilweise entfallen war. Sie hatte hierfür auch die tatsächlichen Voraussetzungen geschaffen und die Verträge mit den Vereinen entsprechend geändert. In einem solchen Fall hat das Gericht nur zu prüfen, ob die organisatorische Maßnahme, die sogenannte unternehmerische Entscheidung, tatsächlich vorliegt und ob durch ihre Umsetzung das Beschäftigungsbedürfnis für einzelne Arbeitnehmer entfallen ist. Demgegenüber ist die Unternehmerentscheidung selbst nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung und ihre Zweckmäßigkeit zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offenbar unvernünftig oder willkürlich ist (BAGE 31, 157, 162 = AP Nr. 6 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, zu II 1b der Gründe; BAGE 32, 150, 155; = AP Nr. 8 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, zu II 2 der Gründe; BAGE 55, 262, 270 = AP Nr. 42 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, zu III 2 der Gründe). Bezogen auf die vorliegenden Änderungskündigungen bedeutet dies, daß die Umsetzung der Unternehmerentscheidung die Änderung der Arbeitsbedingungen bedingen muß. Hiervon ist auszugehen. Die von der Beklagten mit den Vereinen getroffenen Vereinbarungen sind unstreitig. Die fehlende Willkürlichkeit und die Sachlichkeit der Maßnahme ergibt sich daraus, daß die Beklagte auf einen entsprechenden Haushaltsverlust hingewiesen hat. Billigerweise hinnehmen müssen die Kläger die aus der betriebsbedingten Kürzung der Arbeitszeit folgende Lohnminderung insbes. deswegen, weil die Beklagte ihre Interessen insoweit berücksichtigt hat, als sie die Überstunden für Übungseinheiten nicht insgesamt abgeschafft sondern nur gekürzt und sich damit bemüht hat, die Folgen der betriebsbedingten Vertragsänderung zu mildern.
Unterschriften
Hillebrecht, Bitter, Dr. Ascheid, Dr. Harder, Brenne
Fundstellen
Haufe-Index 840996 |
BAGE, 354 |
RdA 1990, 315 |