Leitsatz

* Besteht ein Anspruch auf Ausfuhrerstattung, wenn die ausgeführte Ware anders als in der Ausfuhranmeldung angegeben, nicht vollständig aus dem angemeldeten Erzeugnis besteht, sondern ein anderes Erzeugnis enthält, für das ein niedrigerer Erstattungssatz festgesetzt ist?

* Leitsatz nicht amtlich

 

Normenkette

Art. 65, 78 ZK , Art. 3, 1 Abs. 3 VO (EWG) Nr. 36665/87 , § 10 MOG

 

Sachverhalt

Ein Exporteur meldete Kochhinterschinken zur Ausfuhr nach Russland an und erhielt dafür Ausfuhrerstattung. Später wurde bei dem Zulieferer festgestellt, dass es sich teilweise nicht um Kochschinken, sondern um Kasseler gehandelt hatte.

Für den entsprechenden Anteil der Warensendung forderte daraufhin das HZA die Ausfuhrerstattung von dem Exporteur zurück, obwohl auch für den Export von Kasseler nach Russland – bei Vorliegen der verfahrensrechtlichen Voraussetzungen – Ausfuhrerstattung zu gewähren war, allerdings in geringerer Höhe.

 

Entscheidung

Der BFH tritt der Rechtsansicht des HZA entgegen, dass für das Kasseler deshalb kein Anspruch auf Ausfuhrerstattung besteht, weil in der Ausfuhranmeldung nicht Kasseler, sondern Kochschinken angemeldet worden ist. Er meint, die von der AEVO insofern geforderte Angabe der Bezeichnung der ausgeführten Ware nach Maßgabe der Erstattungsnomenklatur müsse zwar richtig sein; sei sie indes falsch, habe dies nicht notwendig zur Folge, dass die angemeldete Sendung von der Ausfuhrerklärung nicht umfasst werde (und folglich keine Ausfuhrerstattung gewährt werden kann). Der Unrichtigkeit der Anmeldung soll vielmehr dadurch Rechnung getragen werden, dass die Behörde die Anmeldung nach Überprüfung gem. Art. 78 Abs. 3 ZK berichtige. Das könne jederzeit, also auch noch nach Ausfuhr der betreffenden Ware, geschehen.

Das soll, so der BFH, jedenfalls dann gelten, wenn angemeldete und ausgeführte Ware "nicht völlig" voneinander abweichen, sondern diese jener "ähnlich" ist. Dabei lässt der BFH offen, nach welchem Kriterium über die erforderliche "Ähnlichkeit" zu entscheiden ist (etwa: Zugehörigkeit zur gleichen Unterposition der Erstattungsnomenklatur?).

Der BFH hat jedoch Zweifel, ob diese seine Rechtsansicht mit dem EuGH-Urteil in EuGHE 1999, I-35 zu vereinbaren ist, wonach Ausfuhrerstattung nicht gewährt werden darf, wenn die angemeldete Ware der tatsächlich ausgeführten "nicht entspricht". Er hat deshalb den EuGH zur richtigen Auslegung der betreffenden Vorschriften der AEVO befragt.

 

Hinweis

1. Zu Unrecht gewährte Ausfuhrerstattung war früher nach § 10 MOG (bei entsprechender Anwendung der Regeln des § 48 Abs. 2 Sätze 5 bis 7 VwVfG, die im Ergebnis dem Ausführer freilich im Allgemeinen nicht helfen) und ist jetzt nach Art. 52 VO (EG) Nr. 8000/1999 zurückzufordern, der den zwischenzeitlich geltenden Art. 11 Abs. 3 VO (EWG) Nr. 36665/87 (im Folgenden: AEVO)ersetzt hat.

2. Ausfuhrerstattung wird nur gewährt, wenn bei der Zollbehörde eine Ausfuhranmeldung abgegeben wird, aus der hervorgeht, dass Ausfuhrerstattung beantragt wird (Sinn: Gewährleistung der umfassenden Kontrollmöglichkeiten der Zollbehörde in diesem u.a. betrugsanfälligen Bereich). Die Ausfuhranmeldung muss insbesondere das ausgeführte Erzeugnis nach der Nomenklatur für Ausfuhrerstattungen bezeichnen (zur Nomenklatur siehe VO Nr. 3846/87 zur Erstellung einer Nomenklatur der landwirtschaftlichen Erzeugnisse für Ausfuhrerstattungen, ABlEG 1987, Nr. L 366, 1).

3. Bei der Anwendung dieser feinmaschigen Nomenklatur, bei der mitunter geringfügige Unterschiede der Warenbeschaffenheit entscheidend sind, kann es leicht zu Fehlern in der Zuordnung zu den einzelnen Positionen und Unterpositionen kommen (die im Wesentlichen den Positionen und Unterpositionen der Zoll-Nomenklatur (KN) entsprechen, jedoch noch weiter untergliedert werden). Welche Auswirkungen hat eine derartige fehlerhafte Warenbezeichnung auf den Ausfuhrerstattungsanspruch?

 

Link zur Entscheidung

BFH, Beschluss vom 29.10.2002, VII R 46/01

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