Leitsatz

Ist für die Anschaffung eines Immobilienobjekts ein Gesamtkaufpreis gezahlt worden, ist der Kaufpreis zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die AfA aufzuteilen. Zunächst sind Boden- und Gebäudewert gesondert zu ermitteln und sodann die Anschaffungskosten nach dem Verhältnis der beiden Wertanteile in Anschaffungskosten für den Grund- und Boden- sowie den Gebäudeanteil aufzuteilen.

 

Sachverhalt

Aufteilung in Grund- und Boden- sowie Gebäudeanteil für eine Ferienwohnung

Die vermögensverwaltende A-GbR erwarb in 2013 eine Eigentumswohnung mit Tiefgaragenstellplatz in einer Ferienregion zum Kaufpreis von 158.500 EUR zzgl. Anschaffungsnebenkosten von 14.013 EUR.

In ihrer Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die ESt berücksichtigte die GbR den Gebäudewert für die AfA mit 84 %.

Das FA ermittelte den Gebäudeanteil im sog. "vereinfachten Verfahren" nach der "Arbeitshilfe" des BMF (abzurufen unter www.bundesfinanzministerium.de) nach verschiedenen Änderungen mit 58 %.

Im anschließenden Klageverfahren ermittelte ein Sachverständiger im Ertragswertverfahren einen Gebäudewertanteil von 81 %. In einem ergänzenden Gutachten nach dem Sachwertverfahren vertrat der Sachverständige einen Gebäudewertanteil von 69 %.

Das FG wies die Klage ab. Nach der BFH-Rechtsprechung sei bei selbstgenutzten und bei vermieteten Eigentumswohnungen (im Privatvermögen) und Mehrfamilienhäusern grundsätzlich das Sachwertverfahren angebracht. Denn bei diesen Objekten sei regelmäßig davon auszugehen, dass für den Erwerb neben Ertragsgesichtspunkten und der sicheren Kapitalanlage auch die Aussicht auf einen langfristigen steuerfreien Wertzuwachs ausschlaggebend sei. Eine Bewertung nach dem Ertragswertverfahren sei nur ausnahmsweise möglich, wenn dieses die tatsächlichen Wertverhältnisse besser abbilde.

 

Entscheidung

Bewertung einer Ferienwohnung im Ertragswertverfahren

Der BFH verwies die Sache an das FG zurück. Der BFH widerspricht dem FG, die Aufteilung sei grundsätzlich nach dem Verhältnis der Sachwerte vorzunehmen. Im Streitfall ist das Ertragswertverfahren sachgerecht.

Gleichwertige Wertermittlungsverfahren

Für die Schätzung kann die ImmoWertV herangezogen werden. Sie enthält anerkannte Grundsätze für die Schätzung von Verkehrswerten von Grundstücken. Danach ist der Verkehrswert mithilfe des Vergleichswertverfahrens (einschließlich des Verfahrens zur Bodenwertermittlung), des Ertragswertverfahrens, des Sachwertverfahrens oder mehrerer dieser Verfahren zu ermitteln (§ 8 Abs. 1 Satz 1 ImmoWertV). Die Verfahren sind nach der Art des Objekts unter Berücksichtigung der im Geschäftsverkehr bestehenden Gepflogenheiten und der sonstigen Umstände des Einzelfalls zu wählen. Dabei stehen die Wertermittlungsverfahren einander gleichwertig gegenüber (BFH v. 21.7.2020, IX R 26/19, BStBl II 2021 S. 372, Rz. 31). Der Verkehrswert ist sodann aus dem Ergebnis des oder der herangezogenen Verfahren unter Würdigung seines oder ihrer Aussagefähigkeit zu ermitteln (§ 8 Abs. 1 Satz 3 ImmoWertV).

Grundsätze für die Wahl des Bewertungsverfahrens

Nach der BFH-Rechtsprechung gelten folgende Grundsätze:

Weitergeltung dieser Grundsätze

Der BFH hält an diesen Grundsätzen fest. Sie haben weiterhin ihre Berechtigung und werden in Rechtsprechung, Finanzverwaltung (H 7.3 des Amtlichen ESt-Handbuchs, Stichwort "Kaufpreisaufteilung") und Literatur nicht grundsätzlich infrage gestellt. Es besteht danach kein typisierender Vorrang bestimmter Wertermittlungsverfahren.

Ertragsgesichtspunkte bei Wohnimmobilien

Soweit der BFH schwerpunktmäßig eine Bewertung von Geschäftsgrundstücken im Ertragswertverfahren für angezeigt gehalten und dabei auf deren Charakter als Renditeobjekte abgestellt hat, weist der BFH darauf hin, dass im Kontext der aktuellen wirtschaftlichen Entwicklung (dynamische Entwicklung des Immobilienmarkts, niedriges Zinsniveau) auch reine Wohnimmobilienals Renditeobjekte angesehen werden. Dementsprechend liegen auch dem Erwerb von zur Vermietung bestimmtem Wohnungseigentum regelmäßig Ertragsüberlegungen zugrunde, während in früheren Jahren der steuerfreie Wertzuwachs mehr im Vordergrund stand. Es kommt hinzu, dass in der Praxis das Sachwertverfahren keineswegs überwiegt, sondern das Ertragswertverfahren am weitesten verbreitet ist.

Das Ertragswertverfahren ist im Streitfall sachgerecht

Hiervon ausgehend ist das FG fälschlich davon ausgegangen, dass das Sachwertverfahren "grundsätzlich vorrangig" sei. Damit steht das FG in Widerspr...

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