Leitsatz

Bei Liquidation einer GmbH ist ein Auflösungsverlust für die Gesellschafter realisiert, wenn die GmbH aufgelöst wurde und feststeht, dass kein Vermögen mehr an die Gesellschafter verteilt wird und dass für sie keine weiteren Kosten entstehen. Ob eine wesentliche Beteiligung im Sinne des § 17 Abs. 1 EStG vorlag, ist nach der Rechtslage bei Entstehen des Auflösungsverlusts zu beurteilen, nicht nach der Rechtslage bei Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens.

 

Sachverhalt

Der Kläger war seit der Gründung im Jahr 1991 mit 17 % an einer GmbH beteiligt. Über das Vermögen der GmbH wurde im April 1996 das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet. Eingestellt wurde es erst mit Beschluss des Amtsgerichts im Februar 2004. 1999 hat der Gesamtvollstreckungsverwalter einen vorläufigen Abschlussbericht erstellt, nach dem mit Zahlungen an die Gesellschafter nicht mehr zu rechnen war. Das Finanzamt ging davon aus, dass für die Beurteilung, ob eine wesentliche Beteiligung i.S. d. § 17 EStG vorliegt, von der Rechtslage des Jahres 1996, dem Jahr der Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens, auszugehen sei. Ein Auflösungsverlust wurde daher steuerlich nicht berücksichtigt.

 

Entscheidung

Das FG entschied, der Auflösungsverlust sei 1999 entstanden, weil mit dem vorläufigen Abschlussbericht erst in diesem Jahr festgestellt worden sei, dass die Gesellschafter keine Auszahlungen auf das Stammkapital erwarten konnten. Für die Frage, ob eine wesentliche Beteiligung im Sinne des § 17 Abs. 1 EStG vorlag, sei auf die Rechtslage bei steuerlicher Realisierung des Auflösungsverlusts abzustellen. Die abweichende Auffassung des Finanzamts finde im Gesetz keine Grundlage.

 

Hinweis

Ist ein Verlust entstanden, wirkt es sich zu Gunsten der Steuerzahler aus, dass durch die abgesenkte gesetzliche Beteiligungsgrenze (im Streitfall von 25 % auf 10 %, später auf 1 %) auch die Wertänderungen der GmbH-Anteile erfasst werden, die vor der Gesetzesänderung eingetreten waren. Im umgekehrten Fall, wenn ein Gewinn zu versteuern ist, stößt es dagegen auf verfassungsrechtliche Bedenken, wenn bereits eingetretene Wertsteigerungen, die bisher nicht steuerverhaftet waren, vom Gesetzgeber für steuerpflichtig erklärt werden. Ein Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot ist noch deutlicher zu erkennen, wenn der Steuerpflichtige zwar bei Inkrafttreten der Gesetzesänderung nach den neuen Grenzen nicht mehr wesentlich beteiligt ist, ein Veräußerungsgewinn aber gleichwohl versteuert werden soll, weil innerhalb der letzten fünf Jahre eine wesentliche Beteiligung (gemessen an der abgesenkten Beteiligungsgrenze) vorgelegen hat. Über diese Verfassungsfragen wird abschließend wohl erst das BVerfG entscheiden (anhängig unter Az: 2 BvL 7/99).

 

Link zur Entscheidung

FG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 30.03.2004, 4 K 30040/02

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