Leitsatz

1. Ein Feststellungsbescheid i.S.v. § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GrEStG, der bei einer Anteilsvereinigung die Steuerpflicht dem Grunde nach sowie alle von dem steuerbaren Rechtsvorgang betroffenen Grundstücke und die darauf entfallenden Anteile an den einschlägigen Steuerbegünstigungen feststellt, kann vom FG nicht dahin geändert werden, dass mehrere dieser Grundstücke als zu einer wirtschaftlichen Einheit i.S.v. § 2 Abs. 3 Satz 1 GrEStG gehörend zusammengefasst werden.

2. Führen mehrere zeitlich gestreckte, teilweise unentgeltliche und teilweise entgeltliche Übertragungen von Anteilen an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft zu einer Anteilsvereinigung i.S.v. § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG, sind bei der Ermittlung der Steuerbegünstigung nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG sowohl die Änderungen des Grundstücksbestands als auch die Werterhöhung der Grundstücke zu berücksichtigen.

 

Normenkette

§ 100, § 123 FGO, § 1 Abs. 3 Nr. 1, § 2 Abs. 3 Satz 1, § 3 Nr. 2 Satz 1, § 17 Abs. 3 GrEStG, § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG

 

Sachverhalt

Der Kläger erhielt von seinem Vater (V), der Alleingesellschafter der grundbesitzenden GmbH mit Sitz und Geschäftsleitung in A war, in den Jahren 1999 und 2002 unentgeltlich Geschäftsanteile von 30 % bzw. 20 % an der GmbH. Den restlichen Geschäftsanteil von 50 % übertrug V im Jahr 2006 auf den Kläger. Die GmbH war Eigentümerin mehrerer jeweils in A und B gelegener Grundstücke. Das FA erließ gegen den Kläger im Hinblick auf die mit der im Jahr 2006 erfolgten Anteilsübertragung ein­getretenen Anteilsvereinigung (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG) einen Bescheid über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer gemäß § 17 GrEStG; die von der Anteilsvereinigung betroffenen Grundstücke waren im Einzelnen aufgelistet. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.

Während des Klageverfahrens änderte das FA die Feststellung u.a. hinsichtlich der nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG jeweils steuerbegünstigten Anteile. Das FG gab der Klage teilweise statt. Nach Meinung des FG gehörten die Grundstücke in A und in B jeweils zu einer wirtschaftlichen Einheit (§ 2 Abs. 3 Satz 1 GrEStG). Im Urteil änderte das FG die Feststellungen dahin, dass für den durch die Anteilsvereinigung ausgelösten Erwerb des Gesamtgrundstücks A und des Gesamtgrundstücks B jeweils ein steuerbegünstigter Anteil festgestellt wurde (FG Nürnberg, Urteil vom 23.1.2014, 4 K 1854/12, Haufe-Index 6639306, EFG 2014, 953).

 

Entscheidung

Der BFH hat die Vorentscheidung aufgehoben, weil die vom FG vorgenommene Änderung des Feststellungsbescheids rechtswidrig war. Der Rechtsstreit wurde an das FG zurückverwiesen, damit dieses zunächst Feststellungen dazu trifft, ob die Grundstücke in A und B jeweils zu einer wirtschaftlichen Einheit gehören. Sollte dies nicht der Fall sein, bedarf es der Prüfung der sich aus § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG ergebenden Steuerbegünstigungsquoten.

 

Hinweis

Der Urteilsfall betrifft eine (unproblematisch grunderwerbsteuerbare) Anteilsvereinigung (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG). Kern des Rechtsstreits war zum einen, ob der nach § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GrEStG ergangene Feststellungsbescheid vom FG deshalb geändert werden durfte, weil seiner Meinung mehrere Grundstücke eine wirtschaftliche Einheit bildeten. Streitig war ferner, nach welchen Grundsätzen bei einer Anteilsvereinigung die Steuerbegünstigung nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG zu ermitteln ist.

1.Im Fall einer Anteilsvereinigung oder -übertragung (§ 1 Abs. 3 GrEStG) bedarf es gemäß § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GrEStG unter näheren Voraussetzungen der gesonderten Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer. Zu den Besteuerungsgrundlagen gehört die verbindliche Entscheidung über die Steuerpflicht dem Grunde nach (einschließlich etwaiger Steuerbefreiungen, z.B. nach § 3 GrEStG), über die als Steuerschuldner in Betracht kommenden Personen und über die die zur Steuerfestsetzung berufenen Finanzämter. Die gesonderte Feststellung muss für alle von einem der Grunderwerbsteuer unterliegenden Rechtsvorgang betroffenen Grundstücke in nur einem Verwaltungsakt erfolgen.

Wird der nach § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GrEStG ergangene Feststellungsbescheid mit der Klage angefochten, beschränkt sich die Änderungsbefugnis des FG nach § 100 Abs. 2 Satz 1 FGO auf eine betragsmäßige Änderung. Die Änderungsbefugnis des FG deckt jedoch nicht die Zusammenfassung mehrerer im Feststellungsbescheid erfasster Einzelgrundstücke zu einer wirtschaftlichen Einheit i.S.d. § 2 Abs. 3 Satz 1 GrEStG. Eine solche Zusammenfassung ist keine betragsmäßige Änderung der Besteuerungsgrundlagen. Vielmehr ist ein Feststellungsbescheid, der das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit verkennt, rechtswidrig und daher vom FG nach § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO aufzuheben.

2.Nach neuer Rechtsprechung (BFH, Urteil vom 23.5.2012, II R 21/10, BFH/NV 2012, 1551, BFH/PR 2012, 321) ist die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG auch in Fällen der Anteilsvereinigung zu gewähren. Hier können sich allerdings im Einzelfall äußerst komple...

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