Darstellung unter Einbeziehung des Beihilfenrechts der Europäischen Union

[Ohne Titel]

RD Andreas Brunckhorst[*]

Forschung und Entwicklung sind Grundlagen für technologischen Fortschritt. Aus Ideen sollen Innovationen entstehen, die dazu beitragen, Herausforderungen für Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft zu bewältigen. Die mit dem Gesetz zur steuerlichen Förderung von Forschung und Entwicklung vom 14.12.2019 (BGBl. I 2019, 2763) eingeführte Forschungszulage ist ein Baustein, um der Wirtschaft einen Anreiz zu bieten, verstärkt in Forschung und Entwicklung zu investieren. Der Gesetzgeber hat das Gesetz bereits mehrfach ergänzt, um sowohl die Bemessungsgrundlage zu erhöhen als auch das Verfahren zu verbessern. In diesem Beitrag werden die Bezüge des Forschungszulagengesetzes (FZulG) zum Beihilfenrecht der Europäischen Union (EU) erörtert und – darauf aufbauend – die Gesetzesänderungen durch das Gesetz zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness (Wachstumschancengesetz [WtChancenG] v. 27.3.2024 (BGBl. I 2024, Nr. 108, S. 26) vorgestellt.

[*] RD Andreas Brunckhorst ist Referent im Ministerium der Finanzen des Landes Sachsen-Anhalt. Der Beitrag ist nicht in dienstlicher Eigenschaft verfasst und gibt ausschließlich die persönliche Auffassung des Autors wieder.

I. Weg des Gesetzgebungsverfahrens

Die Gesetzesänderungen waren im Gesetzgebungsverfahren umstritten. Der Bundesrat nahm zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung differenziert Stellung.[1] Diese lehnte die Vorschläge aber größtenteils ab.[2] Nach dem Gesetzesbeschluss des Bundestags rief der Bundesrat den Vermittlungsausschuss an.[3] Dessen Beschlussempfehlung sah zahlreiche Änderungen vor.[4] Nachfolgend hat der Bundestag das Gesetz mit den Vorschlägen des Vermittlungsausschusses beschlossen.[5] Der Bundesrat hat dem Gesetz zugestimmt.[6]

[1] Vgl. BR-Drucks. 433/23, 53.
[2] Vgl. BT-Drucks. 20/9006, 45.
[3] Vgl. BR-Drucks. 588/23 (Beschluss).
[4] Vgl. BT-Drucks. 20/10410, 19.
[5] Vgl. BR-Drucks. 87/24, 1.
[6] Vgl. BR-Drucks. 87/24 (Beschluss).

II. Statistik

Die Bundesregierung hat die Anwendung des FZulG spätestens nach Ablauf von fünf Jahren auf wissenschaftlicher Grundlage zu evaluieren und den Deutschen Bundestag über die Ergebnisse zu unterrichten (§ 17 Abs. 1 FZulG). Eine Evaluierung ist für das Jahr 2025 vorgesehen.

Anrechnung der Forschungszulage bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer: Das Statistische Bundesamt hat unlängst Daten über die Anrechnung der Forschungszulage bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer veröffentlicht. Die Forschungszulage ist

  • in einem Forschungszulagenbescheid festzusetzen und
  • bis jetzt bei der nächsten erstmaligen Festsetzung von Einkommen- oder Körperschaftsteuer vollständig auf die festgesetzte Steuer anzurechnen (§ 10 Abs. 1 FZulG).

Beachten Sie: Das gilt auch für Mitunternehmer (§ 10 Abs. 2 FZulG).

Bei der Einkommensteuer erfolgte

  • im Jahr 2021 keine Anrechnung und
  • im Jahr 2022 eine Anrechnung i.H.v. 6 Mio. EUR.

Bei der Körperschaftsteuer fand

  • im Jahr 2021 eine Anrechnung i.H.v. 18 Mio. EUR und
  • im Jahr 2022 i.H.v. 149 Mio. EUR statt.[7]

Durch Anrechnung bewirkte Steuermindereinnahmen:

  • Die Anrechnung i.H.v. 18 Mio. EUR im Jahr 2021 entspricht einer Bemessungsgrundlage von 72 Mio. EUR und
  • die Anrechnung i.H.v. insgesamt 155 Mio. EUR im Jahr 2022 einer von 620 Mio. EUR.

Der Gesetzgeber ging von Steuermindereinnahmen i.H.v. 1.145 Mio. EUR für einen vollen Veranlagungszeitraum aus.[8]

[7] Vgl. Statistisches Bundesamt, Fachserie 14, Reihe 4, Jahr 2022.
[8] Vgl. BT-Drucks. 19/10940, 16.

III. Beihilfenrecht der EU

Das Beihilfenrecht ist Teil des Wettbewerbsrechts der EU. Dessen Ziel ist, einen fairen Wettbewerb zwischen Unternehmen in der EU sicherzustellen. Der Binnenmarkt soll vor Wettbewerbsverzerrungen durch Subventionen der öffentlichen Hand zugunsten einzelner Unternehmen geschützt werden.

1. Beihilfenverbot

Beihilfen an Unternehmen sind grundsätzlich unzulässig (Art. 107 Abs. 1 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union [AEUV]). Ausnahmen sind aber unter weiteren Voraussetzungen möglich (Art. 107 Abs. 2 und 3 AEUV). Außerdem sind Beihilfen vor ihrer Gewährung bei der Kommission anzumelden (Art. 108 Abs. 3 AEUV).

2. Rechtfertigungen

Der Rat kann die Kommission ermächtigen, einzelne Beihilfen von der Pflicht zur Anmeldung freizustellen (Art. 109 AEUV). Davon hat der Rat Gebrauch gemacht. Das Prüf- und Kontrollverfahren der Kommission ist in der Verordnung (EU) 2015/1589 des Rates vom 13.7.2015 (ABl. EU Nr. L 248, 9) geregelt.

Die Kommission selbst hat die Verordnung (EU) Nr. 651/2014 v. 17.6.2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Binnenmarkt (ABl. EU Nr. L 187, 1; Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung [AGVO]) – erlassen, mit der bestimmte Subventionen als mit dem Binnenmarkt vereinbar eingestuft werden.

Mit der Verordnung (EU) 2023/1315 v. 23.6.2023 hat die Kommission unlängst eine Novellierung der AGVO gebilligt (ABl. EU Nr. L 167, 1). Diese trat am 1.7.2023 – am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der EU – in Kraft (Art. 3 V...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge