OFD Karlsruhe, Verfügung vom 18.3.2022, S 0166 (§ 46 Karte 2)

 

1 Wirksamkeit der Abtretung bzw. Verpfändung

Nach § 46 Abs. 1 AO können Erstattungs- und Vergütungsansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis nach ihrer Entstehung abgetreten oder verpfändet werden. Die Abtretung erfolgt nach §§ 398 ff BGB, die Verpfändung nach den §§ 1273, 1274,1279 ff BGB mit den sich aus § 46 AO ergebenden Einschränkungen. Voraussetzung für eine wirksame Abtretung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis ist eine Anzeige an die zuständige Finanzbehörde. Weitere Voraussetzungen sind der Zugang der Anzeige bei der zuständigen Finanzbehörde, die Erstattungsberechtigung des Abtretenden und die Verfügbarkeit des abgetretenen Anspruchs.

Eine wirksame Abtretung setzt voraus, dass der Abtretende Inhaber des abgetretenen Anspruchs ist. Erstattungsberechtigter ist derjenige, auf dessen Rechnung eine Zahlung bewirkt worden ist, auch wenn ein Dritter die Zahlung tatsächlich geleistet hat. Soweit einer von mehreren Gesamtschuldnern gezahlt hat oder für seine Rechnung die Steuer einbehalten und abgeführt worden ist, ist nur er erstattungsberechtigt. Weist bei einem Erstattungsanspruch aus einer Zusammenveranlagung die Abtretungsanzeige nur einen Ehegatten/Lebenspartner als Abtretenden auf oder ist sie nur von einem Ehegatten/Lebenspartner unterschrieben, ist sie nur in Höhe des auf ihn entfallenden Anteils am Erstattungsbetrag wirksam. Zur Zurechnung des Erstattungsbetrags bei zusammenveranlagten Ehegatten/Lebenspartnern vgl. AEAO zu § 37 Nr. 2.3 und BMF-Schreiben vom 14.1.2015, BStBl I S. 83.

Zur konkreten Bezeichnung des abgetretenen Anspruchs vgl. AO-Kartei BW § 46 Karte 1. Mit der wirksamen Abtretung tritt der Abtretungsempfänger in die Rechtsstellung des Abtretenden als Inhaber des Erstattungs- und Vergütungsanspruchs ein. Mit Zugang der Abtretungsanzeige kann das Finanzamt den Erstattungsbetrag nicht mehr mit befreiender Wirkung an den Abtretenden leisten. Bis zur Höhe des abgetretenen Anspruchs hat das Finanzamt die Erstattung an den Abtretungsempfänger zu leisten, sobald der Erstattungsbetrag verfügbar ist.

 

2 Anzeige der Abtretung oder Verpfändung

Die Abtretungsanzeige ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung, die mit dem Zugang beim Finanzamt wirksam wird. Ein Widerruf ist nur mit Zustimmung des Abtretungsempfängers möglich (§ 409 Abs. 2 BGB).

Für die Anzeige der Abtretung oder Verpfändung eines Erstattungs- oder Vergütungsanspruchs ist der im BStBl I veröffentlichte amtliche Vordruck in der jeweils gültigen Fassung zu verwenden. Die Anzeige der Abtretung oder Verpfändung auf einem wegen Neufassung des amtlichen Vordrucks nicht mehr gültigen amtlichen Vordruck alter Fassung ist unschädlich, wenn das neu gefasste Anzeigeformular gegenüber dem verwendeten Vordruck nur unwesentliche Änderungen aufweist. Eine vor Entstehung des Anspruchs eingehende Anzeige ist unwirksam. Die Unwirksamkeit wird nicht durch die spätere Entstehung des Anspruchs geheilt; die Anzeige muss ggf. wiederholt werden. Im Hausbriefkasten oder Postfach des Finanzamts eingehende Post ist nach den hierzu getroffenen Regelungen ggf. mit einem Eingangstag zu versehen, der vor dem Tag der Leerung des Briefkastens oder Postfachs liegt. Diese Handhabung kann dazu führen, dass Abtretungs- oder Verpfändungsanzeigen, die in den ersten Tagen eines Kalenderjahres im Hausbriefkasten oder im Postfach des Finanzamts eingehen, als Eingangsdatum ein Datum (31.12., 30.12. oder 29.12.) des abgelaufenen Kalenderjahres erhalten. Wäre dieser Eingangstag maßgeblich, müssten diese Abtretungen oder Verpfändungen in den Fällen, in denen der abgetretene oder verpfändete Steuererstattungsanspruch erst mit Ablauf des jeweiligen 31. Dezember entstanden ist, nach § 46 Abs. 2 AO als verfrüht angezeigt und damit als unwirksam angesehen werden. Um in diesem Zusammenhang Schwierigkeiten zu vermeiden, sind deshalb Abtretungs- oder Verpfändungsanzeigen, die dem Hausbriefkasten oder Postfach des Finanzamts bei der ersten Leerung am ersten Werktag eines Jahres entnommen werden, entsprechend zu kennzeichnen (z.B. Vermerk „1. Postfachleerung am 2.1.01, 7.30 Uhr'').

Abtretungsanzeigen, die per Fax oder E-Mail übermittelt werden, werden wirksam, sobald die Kenntnisnahme durch die Finanzbehörde möglich und nach der Verkehrsanschauung zu erwarten ist (§ 130 Abs. 1 Satz 1 BGB). Dies bedeutet, dass bei Eingang der Anzeige während der üblichen Dienststunden der Finanzbehörde, diese im Zeitpunkt der vollständigen Übermittlung wirksam wird. Bei Eingang außerhalb der üblichen Dienststunden der Finanzbehörde tritt die Wirksamkeit der Anzeige zum Zeitpunkt des Dienstbeginns am nächsten Arbeitstag ein, vgl. AEAO zu § 46 Nr. 7.

Ist die Abtretungsanzeige beim unzuständigen Finanzamt eingegangen und an das zuständige Finanzamt weitergeleitet worden, so ist dem Anzeigenden ebenfalls eine entsprechende Abgabenachricht zu erteilen. Dabei wird er darauf hingewiesen, dass die Anzeige erst mit dem Eingang beim zust...

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