Leitsatz

§ 46 EStG enthält keine Rechtsgrundlage für die Änderung bestandskräftiger Steuerbescheide. Ist über den ESt-Anspruch bereits durch bestandskräftigen Bescheid entschieden worden, vermag auch ein fristgerechter Antrag auf Veranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG keine erneute Entscheidung über diesen Anspruch herbeizuführen.

 

Normenkette

§ 173 Abs. 1 Nr. 2 AO, § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG

 

Sachverhalt

Da der Kläger trotz Aufforderung keine ESt-Erklärung abgegeben hatte, erließ das FA für das Streitjahr 1999 einen Schätzungsbescheid. Hierin wurden neben Arbeitslöhnen Einkünfte aus VuV von 9.000 DM festgesetzt. Auf den Hinweis, dass der Einspruch vom 27.11.2001 verspätet eingelegt worden sei, nahm der Kläger ihn zurück. Am 28.12.2001 reichte er eine ESt-Erklärung mit Verlusten aus VuV von rd. 23.000 DM ein.

Den Antrag vom April 2002, die Steuererklärung als Antrag auf Durchführung einer Veranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG zu behandeln, lehnte das FA ab. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision des Klägers zurück. § 46 EStG enthalte keine Rechtsgrundlage für die Änderung bestandskräftiger Steuerbescheide. Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG sei zwar davon auszugehen, dass dem FA erst mit der Einreichung der ESt-Erklärung Tatsachen i.S.d. § 173 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 AO nachträglich bekannt geworden sind, die zu einer niedrigeren Steuer führen. Der Kläger habe aber das nachträgliche Bekanntwerden der steuermindernden Tatsachen grob verschuldet. Ein Fall der Unbeachtlichkeit des Verschuldens nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 AO liege nicht vor, da in Schätzungsfällen die Besteuerungsgrundlagen insgesamt eine (im Streitfall steuermindernde) Tatsache bildeten.

 

Hinweis

Mit der vorliegenden Besprechungsentscheidung stellt der BFH klar, dass § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG keine Rechtsgrundlage dafür darstellt, durch einen fristgerecht eingereichten Veranlagungsantrag die Bestandskraft eines ESt-Bescheids zu durchbrechen.

§ 46 EStG bestimmt, unter welchen Voraussetzungen ein Arbeitnehmer zu veranlagen ist. Die Vorschrift befasst sich jedoch nicht mit den Grenzen der (materiellen) Bestandskraft von Steuerbescheiden. Ist ein Steuerbescheid bestandskräftig geworden, so nützt es regelmäßig nichts, wenn ein Steuerpflichtiger nur eine ESt-Erklärung innerhalb der Frist des § 46 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 EStG einreicht und damit einen Antrag auf Veranlagung stellt. In einem solchen Fall ist das FA nicht verpflichtet, den bestandskräftigen Steuerbescheid schon aufgrund der nachgereichten Steuererklärung zu ändern.

Eine Durchbrechung der Bestandskraft des Bescheids kommt nur in Betracht, wenn die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für eine Änderung des ESt-Bescheids etwa nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO vorliegen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 22.5.2006, VI R 17/05

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