Leitsatz

1. Der Senat hält daran fest, dass die Zuschlagsregelung nach § 8 Abs. 2 S. 3 EStG einen Korrekturposten zum Werbungskostenabzug darstellt und daher nur insoweit zur Anwendung kommt, wie der Arbeitnehmer den Dienstwagen tatsächlich für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte benutzt hat (Senatsurteile vom 04.04.2008, VI R 85/04, BFH/NV 2008, 1237, BFH/PR 2008, 377; VI R 68/05, BFH/NV 2008, 1240, BFH/PR 2008, 376).

2. Die Zuschlagsregelung des § 8 Abs. 2 S. 3 EStG hat nicht die Funktion, eine irgendwie geartete zusätzliche private Nutzung des Dienstwagens zu bewerten. Sie bezweckt lediglich einen Ausgleich für abziehbare, tatsächlich aber nicht entstandene Erwerbsaufwendungen.

 

Normenkette

§ 6 Abs. 1 Nr. 4, § 8 Abs. 2 S. 3, § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG

 

Sachverhalt

K nutzte einen von seinem Arbeitgeber unentgeltlich überlassenen Dienstwagen auch für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. K besteuerte diese Nutzung monatlich mit 0,03 % des Bruttofahrzeuglistenpreises (§ 8 Abs. 2 S. 3 EStG). K machte beim FA – erfolglos – geltend, zwar 228 Fahrten nach § 8 Abs. 2 S. 3 EStG versteuert, tatsächlich aber nur 100 Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte durchgeführt zu haben.

Das FG gab der Klage insoweit statt (FG Köln, Urteil vom 22.10.2009, 10 K 1476/09, Haufe-Index 2274861, EFG 2010, 408). Es berücksichtigte sowohl beim Werbungskostenabzug als auch bei der Ermittlung des Zuschlags nur die tatsächlich durchgeführten 100 Fahrten.

 

Entscheidung

Der BFH hielt an seiner Rechtsprechung zur 0,03 %-Regelung fest und bestätigte daher die Vorinstanz aus den unter Praxis-Hinweise dargestellten Erwägungen.

 

Hinweis

Der Besprechungsfall ist die Leitentscheidung dazu, dass der BFH an der Rechtsprechung zur 0,03 %-Regelung (BFH, Urteil vom 04.04.2008, VI R 68/05, BFH/NV 2008, 1240, BFH/PR 2008, 376), wie im Leitsatz zitiert, festhält. Die dagegen von der Finanzverwaltung vorgebrachten und durch Nichtan­wendungserlasse umgesetzten Bedenken, dass die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung überschritten seien, weil sie dem Wortlaut, dem Sinn und Zweck, der gesetzlichen Systematik sowie dem Willen des Gesetzgebers dazu widerspreche, teilte der BFH nicht.

1. Es besteht kein Wortlautproblem, weil § 8 Abs. 2 EStG ohnehin keine eigene Regelung für die Dienstwagenüberlassung durch Arbeitgeber enthält, sondern nur auf die "entsprechende" Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG, also auf das für die private Nutzung eines eigenen betrieblichen Kfz geltende Bewertungssystem (Nutzungsentnahme aus Betriebsvermögen) verweist. So ist der für Gewinn­ermittler geltende § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStGGrundlage der 1 %-Regelung. Für die gibt es aber keine 0,03 %-Zuschlagsregelung. Fahrten zwischen Wohnung und Arbeits-/Betriebsstätte erfasst nur § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6 S. 3 EStG, indem er dafür lediglich den Betriebsausgabenabzug begrenzt.

2. Soll mithin die unmittelbare Anwendung der Norm nur den Betriebsausgabenabzug begrenzen, kann die 0,03 %-Zuschlagsregelung (§ 8 Abs. 2 S. 3 EStG) in entsprechender Anwendung auf Arbeitnehmer auch nur deren Werbungskostenabzug begrenzen. Der BFH sah sich hier im Einklang mit der Rechtsprechung des BVerG zum Gebot der Gleichbehandlung und Folgerichtigkeit (BVerfG, Beschluss vom 06.07.2010, 2 BvL 13/09, BFH/NV 2010, 1767, m.w.N.). In systematischer Hinsicht ist eine Gleichbehandlung ohne Differenzierung zwischen den Einkunftsarten geboten. Und auch die Gesetzgebungsmaterialien (vgl. dazu BFH, Urteil vom 22.09.2010, VI R 55/09, BFH/NV 348, BFH/PR 2011, 81) weisen dem § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6 EStG die Funktion zu, den Abzug von Betriebsausgaben insoweit auszuschließen, als er höher ist als die Entfernungspauschale (BTDrucks. 13/1686, S. 8). Dies gilt auch für Arbeitnehmerfahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 22.09.2010 – VI R 57/09

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