BMF, 16.11.2006, IV B 1 - S 1320 - 66/06

1 Anlage

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit Vertretern der obersten Finanzbehörden der Länder gelten für den zwischenstaatlichen Rechtshilfeverkehr in Steuerstrafsachen (einschließlich Steuerordnungswidrigkeiten) die nachfolgenden Grundsätze. Dieses Schreiben gilt nicht für Abgaben, die in die Zuständigkeit der Zollverwaltung fallen.

Vor 1 Abkürzungsverzeichnis

EGAHiG EG-Amtshilfe-Gesetz
   
IRG Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen
   
RiVASt Richtlinien für den Verkehr mit dem Ausland in strafrechtlichen Angelegenheiten
   
EuRhÜbk Europäisches Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen vom 20.4.1959
   
1. ZP-EuRhÜbk Zusatzprotokoll vom 17.3.1978 zum EuRhÜbk
   
2. ZP-EuRhÜbk Zusatzprotokoll vom 8.11.2001 zum EuRhÜbk
   
EU-RhÜbk Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU-MS) vom 29.5.2000
   
ZP-EU-RhÜbk Protokoll vom 16.10.2001 zum EU-RhÜbk
   
SDÜ Übereinkommen vom 19.6.1990 zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen, sog. Schengener Durchführungsübereinkommen
 

1. Allgemeines

 

1.1 Zwischenstaatliche Rechtshilfe in Steuerstrafsachen

Die deutschen Finanzbehörden beanspruchen oder leisten im Rahmen ihrer Zuständigkeiten zwischenstaatliche Rechtshilfe bei der Ermittlung und Verfolgung von Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten nach Maßgabe der in diesem Schreiben dargestellten Grundsätze. Diese Grundsätze gelten für Taten, deren Verfolgung den Finanzbehörden nach §§ 386 Abs. 2, 399 Abs. 1 AO oder durch Einzelgesetze zugewiesen ist, und für die Ahndung von Steuerordnungswidrigkeiten (§§ 377, 409 ff. AO).

Rechtshilfe ist jede Unterstützung, die für ein Verfahren in einer strafrechtlichen Angelegenheit (§ 1 Abs. 2 IRG, Fundstelle s. Tz. 7) in einem anderen Staat gewährt wird, unabhängig davon, ob das Verfahren von einem Gericht oder einer anderen Behörde betrieben wird und ob die Rechtshilfe von einem Gericht oder von einer anderen Behörde zu leisten ist (vgl. Nr. 2 RiVASt, Fundstelle s. Tz. 7). Dieses Merkblatt gilt für die sonstige Rechtshilfe (§ 59 Abs. 1 IRG); es gilt daher nicht für Auslieferung und Vollstreckung.

Strafrechtliche Angelegenheiten sind auch Verfahren wegen einer Tat, die nach deutschem Recht als Ordnungswidrigkeit mit Geldbuße oder die nach ausländischem Recht mit einer vergleichbaren Sanktion bedroht ist, sofern über deren Festsetzung ein auch für Strafsachen zuständiges Gericht entscheiden kann (§ 1 Abs. 2 IRG).

Rechtshilfe kann auch in Anspruch genommen oder geleistet werden für Straftaten oder Zuwiderhandlungen, für die im ersuchenden Staat eine juristische Person verantwortlich gemacht werden kann.

Rechtshilfe braucht nicht in Anspruch genommen zu werden, soweit der unmittelbare Verkehr mit Personen im Ausland gestattet ist; im Einzelnen vgl. Nr. 121 und Länderteil RiVASt.

 

1.2 Rechtsgrundlagen

 

1.2.1 Überblick

Die Rechtsgrundlagen der zwischenstaatlichen Rechtshilfe in Steuerstrafsachen ergeben sich aus multi- und bilateralen Verträgen sowie – ergänzend, für die dort nicht geregelten Fragen – aus dem IRG und den RiVASt. Rechtshilfeverkehr ist auch bei vertraglosem Zustand möglich; in diesem Fall richtet er sich ausschließlich nach nationalem Recht, insbesondere dem IRG.

Als Rechtsgrundlagen kommen in Frage:

 

1.2.2 Europäisches Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen (EuRhÜbk)

Basiskonvention ist das EuRhÜbk vom 20.4.1959 (für Deutschland in Kraft seit 1.1.1977, Fundstelle s. Tz. 7). Es wird ergänzt durch das 1. Zusatzprotokoll vom 17.3.1978 (für Deutschland in Kraft seit 6.6.1991, Fundstelle s. Tz. 7), das 2. Zusatzprotokoll vom 8.11.2001 (für Deutschland noch nicht in Kraft getreten, Fundstelle s. Tz. 7) sowie durch bilaterale Verträge (auf die nachfolgende Tz. 6 und den Länderteil der RiVASt wird hingewiesen).

Das EuRhÜbk begründet die Verpflichtung, einander so weit wie möglich Rechtshilfe zu leisten. Reichweite und Schranken ergeben sich unmittelbar aus den Bestimmungen des Übereinkommens, aus den Zusatzprotokollen vom 17.3.1978 (1. ZP-EuRhÜbk) und vom 8.11.2001 (2. ZP-EuRhÜbk), aus Vorbehalten und Erklärungen einzelner Unterzeichnerstaaten zum EuRhÜbk bzw. zu den ZP-EuRhÜbk und ggf. aus bilateralen Zusatzverträgen oder -vereinbarungen.

Nach Art. 2 EuRhÜbk kann Rechtshilfe verweigert werden, wenn sich ein Ersuchen auf strafbare Handlungen bezieht, die als Fiskalstraftaten angesehen werden (Fiskalvorbehalt). Rechtshilfe in Fiskalsachen muss nur geleistet werden, wenn und soweit dies in Zusatzverträgen oder -Vereinbarungen zum EuRhÜbk ausdrücklich vorgesehen ist. Auf Art. 1 und 2 des 1. ZP-EuRhÜbk wird hingewiesen.

Justizbehörden (zum Begriff Justizbehörden wird auf Tz. 2.2.1 hingewiesen) können in dringenden Fällen unmittelbar miteinander verkehren, ggf. unter Einschaltung der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation Interpol (Art. 15 Abs...

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