Entscheidungsstichwort (Thema)

Kosten für Erststudium keine vorweggenommenen Werbungskosten

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Die gesetzliche Neuregelung in § 9 Abs. 6, § 12 Nr. 5 und § 52 Abs. 23d und 30a EStG durch das BeitrRLUmsG, nach der die Kosten für ein Erststudium als Erstausbildung keine vorweggenommenen Werbungskosten darstellen, verstößt nicht gegen Verfassungsrecht.

2) Weder liegt ein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot noch gegen das objektive oder subjektive Nettoprinzip vor.

 

Normenkette

EStG § 12 Nr. 5, § 52 Abs. 23d, 30a, § 9 Abs. 6

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 17.07.2014; Aktenzeichen VI R 8/12)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob Aufwendungen für ein Erststudium nach dem Abitur, das nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet, vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit darstellen.

Der Kläger (Kl.) studierte nach seinem Abitur in den Jahren 2002 bis 2004 zunächst an der Universität R und in den Jahren 2004 bis 2008 an der J (= eine staatlich anerkannten privaten Hochschule) in E internationale Betriebswirtschaftslehre. Der Studiengang an der J sah eine enge Verzahnung zwischen Theorie und Praxis vor und beinhaltete zwei Auslandssemester sowie drei Praktika. Gelehrt wurde auf Deutsch, Englisch und einer weiteren Fremdsprache.

Im Anschluss an sein am 04.07.2008 erfolgreich abgeschlossenes Studium erhielt der Kl. zum 01.11.2008 eine Festanstellung als Assistent des Vertriebsvorstands der W AG I. Diese Tätigkeit übte er bis zum 30.06.2011 aus. Zum schulischen und beruflichen Werdegang wird auf den dem Gericht vorgelegten Lebenslauf des Kl. Bezug genommen.

Im Rahmen seiner Einkommensteuer(ESt)-Erklärung für das Jahr 2007 vom 14.02.2009 erklärte der Kl. bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit einen Bruttoarbeitslohn in Höhe von 1.612 EUR und Werbungskosten in Höhe von 19.528,30 EUR. Die geltend gemachten Werbungskosten setzten sich wie folgt zusammen:

1.

Arbeitsmittel:

a)

Absetzung für Abnutzung nach § 7 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) für einen Apple Computer, angeschafft am 29.09.2006:

723,00 EUR

b)

Fachliteratur pauschal:

150,00 EUR

2.

Berufsausbildungskosten:

a)

Studiengebühren Semester 07-12/2007

5.120,00 EUR

b)

Auslandssemester in Australien

a.

Zimmermiete

5.000,00 EUR

b.

Verpflegungsmehraufwand

(180 Tage × 39 EUR)

7.020,00 EUR

c.

Flug Australien

1.515,30 EUR

18.655,30 EUR

19.528,30 EUR

Zum Nachweis der Berufsausbildungskosten fügte der Kl. seiner ESt-Erklärung folgende Unterlagen bei:

  • • Einen Studiennachweis der University of Technology in T, aus der für den Einschreibungszeitraum 30.07.2007 bis 31.12.2007 Studiengebühren und Kosten in Höhe von insgesamt 8.171,00 AU$ hervorgehen;
  • • Einen Mietvertrag über eine Wohnung in Australien über den Zeitraum vom 21.07.2007 bis 20.12.2007 zu einer monatlichen Miete von 2.585,40 AU$, zu zahlen jeweils am 21. eines jeden Monats. Als Mitbewohnerin wurde eine Frau N N ausdrücklich mit aufgenommen;
  • • Einen Beleg des G Reisebüros über die Flugkosten, Hinflug am 10.07.2007;
  • • Einen Beleg über ein Visum für einen Aufenthalt des Kl. für Australien in der Zeit ab 19.06.2007, Gebühren 430,00 AU$.

Hinsichtlich der weiteren Einkünfte wird auf die ESt-Erklärung 2007 Bezug genommen.

Der Beklagte (Bekl.) erließ unter dem 03.07.2009 einen ESt-Bescheid 2007. Hierin berücksichtigte er bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit als Werbungskosten lediglich den Arbeitnehmer-Pauschbetrag i. H. v. 920 EUR, nicht aber die geltend gemachten, teilweise vorweggenommenen Werbungskosten i. H. v. insgesamt 19.528,30 EUR. Somit ergaben sich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit i. H. v. 692 EUR. Die durch den Studienaufenthalt in Australien entstandenen Aufwendungen berücksichtigte der Bekl. nur i. H. v. 4.000 EUR als Sonderausgaben (Berufsausbildungskosten). Im Erläuterungstext des Bescheides hieß es hierzu: „Aufwendungen für die Berufsausbildung oder Weiterbildung in einem nicht ausgeübten Beruf wurden in Höhe von 18.655 EUR als Sonderausgaben berücksichtigt. Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung konnten nur bis zur Höhe von 4.000 EUR im Kalenderjahr als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG berücksichtigt werden.” Weiter berücksichtigte der Bekl. Einkünfte aus Kapitalvermögen i.H.v. 10.514 EUR und sonstige Einkünfte i.H.v. 1.231 EUR. Demzufolge belief sich der Gesamtbetrag der Einkünfte auf 12.437 EUR, so dass der durch in Vorjahren anerkannte Berufsausbildungskosten des Kl. entstandene und verbliebene Verlustvortrag zum 31.12.2006 i. H. v. 8.993 EUR hiervon voll in Abzug gebracht wurde. Da sich nach Auffassung des Bekl. für 2007 keine neuen Verluste bei den Einkünften ergeben hatten und der verbliebene Verlustvortrag zum 31.12.2006 in 2007 voll ausgeglichen werden konnte, stellte der Bekl. den verbleibenden Verlustvortrag zur ESt auf den 31.12.2007 in einem weiteren Bescheid vom 03.07.2009 auf 0 EUR gesondert fest.

Gegen diesen Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur ESt auf den ...

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