Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufwendungen im Erziehungsurlaub

 

Leitsatz (redaktionell)

Aufwendungen einer Lehrerin für Fachliteratur, Besorgungsfahrten und für das häusliche Arbeitszimmer, die ihr während des Erziehungsurlaubs entstehen, sind als (vorab entstandene) Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 1, Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 22.07.2003; Aktenzeichen VI R 137/99)

 

Tatbestand

Streitig ist bei der Einkommensteuer (ESt)-Veranlagung für 1995, ob Aufwendungen einer Lehrerin für Fachliteratur, Besorgungsfahrten und für das häusliche Arbeitszimmer, die ihr während ihres Erziehungsurlaubs entstanden sind, als Werbungskosten (WK) bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit anzuerkennen sind.

Die zusammen zur ESt veranlagten Kläger (Kl.) sind beide Lehrer. Im Streitjahr (1995) befand sich die Klägerin (Klin) im Erziehungsurlaub.

In ihrer ESt-Erklärung für 1995 erklärte die Klin. einen Brutto-Arbeitslohn von 591,– DM und machte u. a. Aufwendungen für Fachliteratur in Höhe von 475,– DM, für Kontoführung und Besorgungsfahrten in Höhe von 80,– DM und für ein häusliches Arbeitszimmer in Höhe von 4.465,– DM, zusammen 5.020,– DM, als WK bei ihren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend.

Mit ESt-Bescheid für 1995 vom 19.12.1996 setzte der Beklagte (Bekl.) die ESt der Kl. auf … DM fest. Statt der von der Klin. geltend gemachten WK setzte er nur einen Arbeitnehmerpauschbetrag von 591,– DM und einen Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 Einkommensteuergesetz (EStG) in Höhe von 900,– DM an.

Mit ihrem dagegen erhobenen Einspruch trugen die Kl. vor: Die Aufwendungen der Klin. seien Fort- bzw. Weiterbildungskosten und keine Ausbildungskosten. Sie, die Klin., habe einen Arbeitgeber und werde in Zukunft keinen Berufswechsel vollziehen. Steuerpflichtige müßten sich auch in Zeiten der Nichtbeschäftigung in ihrem erlernten und bisher ausgeübten Beruf weiterbilden. Sie, die Klin., bereite sich auf ihren beruflichen Wiedereinstieg nach dem Erziehungsurlaub vor.

Der Einspruch wurde als unbegründet zurückgewiesen (Einspruchsentscheidung vom 13.02.1997, auf die verwiesen wird). Zur Begründung wurde u. a. ausgeführt: Da sich die Klin. im Erziehungsurlaub befinde, übe sie keine auf die Erzielung von Einnahmen gerichtete Tätigkeit aus. Mögliche andere Einnahmen, z. B. Erziehungsgeld nach dem Erziehungsgeldgesetz, seien nach § 3 Nr. 67 EStG steuerfrei. Es ergebe sich aus der Systematik des ESt-Rechts, daß WK nur angenommen werden könnten, wenn sie im Rahmen einer von der Besteuerung erfaßten Einkunftsart anfielen. Die Aufwendungen der Klin. stellten Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 Satz 1 2. Alternative EStG dar. Es lägen keine vorweggenommenen WK vor. Wie die Klin. selbst vorgetragen habe, sei kein Berufswechsel geplant. Die Klin. könne auch nicht mit Erfolg auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur Bewertung von Aufwendungen eines arbeitslosen Steuerpflichtigen für seine berufliche Fortbildung mit dem Ziel der Erlangung eines neuen Arbeitsplatzes verweisen. Die Klin. sei als beurlaubte Beamtin nicht arbeitslos. Sie stehe der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung, sondern sei im Streitjahr von der Ausübung ihrer Tätigkeit freigestellt gewesen.

Mit ihrer Klage verfolgen die Kl. ihr Begehren weiter. Zur Begründung wiederholen und vertiefen sie ihr bisheriges Vorbringen. Ergänzend tragen sie vor: Die Klin. sei nach dem Ende ihres Erziehungsurlaubs seit August 1997 wieder als Lehrerin berufstätig.

Die Kl. beantragen,

  • den ESt-Bescheid des Bekl. vom 19.12.1996 zu ändern,
  • die Einspruchsentscheidung vom 13.02.1997 aufzuheben und Aufwendungen der Klin. in Höhe von 5.020,– DM als WK bei ihren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit anzuerkennen,
  • hilfsweise, die Revision zuzulassen,

    und

  • die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Bekl. beantragt,

  • die Klage abzuweisen,
  • hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Zur Begründung wiederholt und vertieft er die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung. Ergänzend führt er aus: Voraussetzung für die Anerkennung von WK sei, daß eine Einkunftserzielungsabsicht bestehe. Mit der von der Klin. beantragten Beurlaubung habe zwar nicht das Dienstverhältnis geendet, es werde aber deutlich, daß die geforderte Einkunftserzielungsabsicht nicht gegeben sei. Dieser Umstand sei von der Klin. bewußt freiwillig gewählt worden. Die Zeit der Beurlaubung der Klin. diene primär der Betreuung eines Kindes und nicht der Fortbildung. Es lägen auch keine vorweggenommenen WK vor. Die Klin. befinde sich in einer Beurlaubungsphase und strebe keine Anstellung an. Sie stehe auch dem Arbeitsmarkt nicht uneingeschränkt zur Verfügung und führe keine konkrete Weiterbildungsmaßnahme durch.

Im übrigen werde darauf hingewiesen, daß die als WK beantragten Aufwendungen in tatsächliche Höhe nicht abzugsfähig seien. Nach der vorliegenden Skizze verbleibe kein ausreichender Wohnraum für die Befriedigung priv...

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